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# taz.de -- Flutkatastrophe in Nigeria: Hunderte Tote und viele offene Fragen
> Heftiger Regen zerstört großflächig eine wichtige Marktstadt in der Nähe
> des Niger-Flusses. Hat Nigerias Katastrophenschutz nicht funktioniert?
Bild: Menschen in Mokwa begutachten Flutschäden nach zwei Tagen Starkregen, 30…
Abuja taz | Bis jetzt war Mokwa ein belebter Handelsknotenpunkt im
nördlich-zentralen Nigeria, wo Landwirte aus der Region und Händler
zusammenkamen. Heute ist die Stadt ein Massengrab und ein Mahnmal für die
Auswirkungen des Klimawandels.
Bis zu 700 Tote werden nach [1][den jüngsten Überschwemmungen in diesem
Teil Nigerias] befürchtet, die schwersten seit Menschengedenken. Mokwa
liegt im Zentrum des Flutgebiets und ist weitgehend verwüstet. Rund 200
Tote wurden bisher bestätigt, aber nun wurden die Rettungsoperationen
eingestellt, obwohl noch immer Hunderte vermisst werden.
Die Priorität ist jetzt, Leichen aus dem Schlamm und aus dem Geröll zu
bergen, damit das Flutwasser nicht kontaminiert wird und Seuchen wie
Cholera und Typhus sich nicht ausbreiten.
Am 29. und 30. Mai fiel in der Region mehr Regen als normalerweise in einer
kompletten Regenzeit. Seit 60 Jahren hat der nigerianische Bundesstaat
Niger solche Fluten nicht mehr gesehen.
## Straßen weggespült, Häuser unter Wasser
Ganze Familien wurden in Mokwa im Schlaf weggeschwemmt, als zum
Morgengrauen die Wassermassen ihre Häuser erreichten. Wer wach war, rettete
sich auf Hausdächer, nur um dann ebenfalls weggespült zu werden, als die
Fluten weiter stiegen oder die Häuser einstürzten. Brücken brachen ein,
Straßen wurden weggespült, Menschen starben in ihren Autos.
„Wir haben unsere Frauen und Kinder verloren“, klagte Gemeindeführer Idris
Mahmoud. „In meinem ganzen Leben ist so etwas noch nicht vorgekommen.“
Mokwa liegt gut 370 Kilometer westlich von Nigerias Hauptstadt Abuja, im
[2][Bundesstaat Niger], unweit des Niger-Flusses. Erst im April starben
dort 13 Menschen, als zu viel Wasser aus dem Wasserkraftwerk Jebba abfloss.
Aber diese neue Tragödie ist ungleich verheerender.
Mindestens 5.000 Menschen haben ihre Häuser verloren. Über 10.000 Hektar
fruchtbares Ackerland stehen unter Wasser. Die Lebensmittelversorgung der
gesamten Region ist nun bedroht, Mokwa war ein zentrales
Versorgungszentrum. Eine Brücke über den Niger-Fluss ist weggespült, was
Treibstofftransporte in Nigerias Norden erschwert.
Unter den Obdachlosen sind über 1.600 Kinder unter 5 Jahren und rund 380
Mütter von Babys, sagt das UN-Kinderhilfswerk Unicef.
Die Internationalen Rotkreuz- und Roter-Halbmond-Gesellschaften (IFRC)
stehen an vorderster Front der Nothilfe für die Betroffenen. „Dies sind die
ersten Tage der Regenzeit und die Zerstörung ist jetzt schon
außergewöhnlich“, sagte IFRC-Westafrikadirektor Bhupinder Tomar.
Nigerias Präsident Bola Tinubu leitete mit einer Spende von 50 Millionen
Naira (knapp 30.000 Euro) eine landesweite Spendenaktion ein. Nigerianische
Unternehmen geben Lebensmittel, ein Spendenkonto wurde eingerichtet.
Doch am dringendsten ist zunächst, den Flutopfern eine sichere Unterkunft
zu verschaffen, mahnt Gemeindeführer Mahmoud. „Seit Tagen schlafen die
Leute im Freien bei schlechtem Wetter“, sagt er. „Manche hängen einfach
herum und haben nichts zu tun, weil sie alles verloren haben. Ich fürchte
eine enorme Auswirkung auf die mentale Gesundheit.“ Auch sauberes Wasser,
sanitäre Einrichtungen und psychosoziale Unterstützung vor allem für Kinder
seien nötig.
## Katastrophenvorsorge funktioniert nicht
Politisch wird nun zum wiederholten Mal diskutiert, wie gut oder schlecht
Nigeria auf Katastrophen vorbereitet ist. Das bevölkerungsreiche Land zählt
36 Bundesstaaten plus die Hauptstadt, und nicht alle Bundesstaaten sind gut
aufgestellt.
Seit 1981 gibt es einen von der Zentralregierung eingerichteten
Umweltfonds, der Gelder zum Umgang mit ökologischen Herausforderungen wie
Dürre, Fluten oder Ölverschmutzung an die Bundesstaaten leiten soll.
Zwischen Juni 2023 und Juni 2024 erhielten die Bundesstaaten nach Angaben
des nationalen Statistikamtes aus diesem Fonds 39,62 Milliarden Naira (rund
22 Millionen Euro). Aber was geschieht mit diesem Geld?
„Der Bundesstaat Niger hat wie andere Staaten auch Umweltfondsgelder von
der Bundesregierung erhalten“, erklärt der Menschenrechtsaktivist und
ehemalige Präsidentschaftskandidat Omoyele Sowore. „Aber er verpulvert
normalerweise das Geld und investiert nicht in Katastrophenvorsorge, was
solche lebensverändernden Unglücke herbeiführt.“
So sei die Flutkatastrophe in Mokwa durch Fehlen ausreichender
Drainagesysteme begünstigt worden – ein in ganz Nigeria verbreitetes
Problem.
Im Jahr 2024 starben über 1.200 Menschen in [3][Flutkatastrophen in ganz
Nigeria], rund 1,2 Millionen verloren ihre Heimat. Die nationale
Katastrophenschutzbehörde NEMA führt aktuell Flutvorbereitungskampagnen in
den Bundesstaaten Ebonyi, Nasarawa und Plateau durch.
Die Nordhälfte Nigerias ist außerdem von großer Unsicherheit geprägt, da
[4][Angriffe] islamistischer Aufständischer, [5][Geiselnahmen] durch
bewaffnete Banden und [6][Landstreitereien] zwischen Viehzüchtern und
Bauern immer wieder zahlreiche Tote fordern.
3 Jun 2025
## LINKS
[1] https://reliefweb.int/disaster/fl-2025-000078-nga
[2] https://en.wikipedia.org/wiki/Niger_State
[3] /Ueberschwemmungen-in-Nigeria/!5888403
[4] /Entfuehrung-von-Kindern-in-Nigeria/!6001582
[5] /Kampf-gegen-Kidnapping-in-Nigeria/!5847445
[6] /Muslime-gegen-Christen-in-Nigeria/!5509023
## AUTOREN
Emeka Okonkwo
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