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# taz.de -- Schau in Frankfurt: Carte blanche für die Kunst der Stadt
> Mit der Schau „And This Is Us“ präsentiert der Frankfurter Kunstverein
> junge Künstler*innen mit Themen zu dystopischen Zuständen im Iran bis
> zu schwulen Datingportalen.
Bild: Simon Gilmers Installation: „Im-2OG-rechts-hinter-der-Wand“, Frankfur…
Frankfurt ist die Stadt der kurzen Wege, auch institutionell. Freilich kam
das früher gefühlt öfter vor: Dass ein Kunstwerk relativ direkt von der
Städelschule in eine der Museumssammlungen oder gleich ins Ausstellungshaus
Portikus zog, wie 2013 Anne Imhof, ist heute eher eine Anekdote. Was
vielleicht damit zu tun hat, wer in der Stadt geblieben ist und noch davon
erzählen kann und wer wegzieht.
Zum generational shift gehört nicht nur hier, dass kaum noch jemand in eine
mittelgroße Stadt zum Kunststudium kommt, um für immer dort zu bleiben.
Lingua franca in vielen Klassen ist, wie fast überall, inzwischen Englisch.
Der Frankfurter Kunstverein (FKV) hat ein Format gefunden, das in
Erinnerung ruft, was lokale Beziehungen und Bezüge leisten können – auch
wenn einige, die hier jetzt ausstellen, schon mit einem halben Bein in
Berlin oder anderswo auf der Welt stehen.
Zuvor aber haben sie eine Schau zusammengestellt, die sich durchs gesamte
Steinerne Haus am Römerberg zieht. Und dabei unter anderem Geheimwege im
Gebäude offenlegt (wie Simon Gilmer in seiner kongenial „Im 2. OG rechts
hinter der Wand“ betitelten Installation), Stadträume performativ
durchzieht (wie Nelly Habelt, die sich unter anderem von roten Ampeln
herabhängen und die Ergebnisse dokumentarisch festhalten lässt) oder, in
Form des Duos La Caoba alias Larry Bonchaka und Sopo Kashakashvili, gleich
eine ganze Sozial- und Öko-Utopie zur Realisierung ausschreibt.
## Widerstand ist intimer Akt
Ihre Installation ist zugleich Einladung zum Zusammenkommen wie ganz
pragmatisch Spendengenerierung zum Erhalt eines Stücks bedrohter Natur in
Ghana. „Unsere Arbeit beginnt immer mit dem Persönlichen“, schreiben beide
in ihrem Text zur Arbeit, und dass Widerstand für sie „keine große Geste,
sondern ein intimer Akt“ sei.
Die dystopischen Zustände des iranischen Regimes sind Ausgangspunkt für
Nazanin Hafez: Aus Found-Footage-Bildern öffentlicher Hinrichtungen schält
sie Fragmente heraus und collagiert sie zu schauderhaften
Stadtarchitekturen zusammen. Im selben Raum zeigt die in Shiraz geborene
Künstlerin Gegenentwürfe: Vor den Toren der Stadt stehen junge Frauen mit
unbedecktem Haar vor malerischer Kulisse. Eine leise Geste des Widerstands,
die viel riskiert.
Es scheint eine neue Dringlichkeit eingezogen zu sein in diese Räume. Alle
zwei Jahre präsentiert „And This Is Us“ junge Künstlerinnen und Künstler,
die für den Kunstverein eine eigene Arbeit anfertigen. Dreizehn sind es in
diesem Jahr. Sie haben an der Städelschule, der Offenbacher Hochschule für
Gestaltung oder der Kunsthochschule in Mainz studiert, einige studieren
noch.
## Chance für NachwuchskünstlerInnen
Bewerben kann man sich nicht auf diese Schau – Direktorin Franziska Nori,
die viele Rundgänge in der Region besucht, begleitet die
NachwuchskünstlerInnen meist über Jahre und trifft dann ihre Auswahl. Für
ihre oft erste institutionelle Arbeit erhalten sie eine Carte blanche. Man
sieht es an der thematischen wie formalen Bandbreite dieser Ausstellung, in
der Franziska Krumbachners atmosphärisch dichte Miniaturen in Öl ihren Raum
finden wie Sargon Khnus hyperdefinierte Körperskulpturen, die sich auf
schwule Online-Datingpraktiken beziehen.
Und, was leider keineswegs selbstverständlich ist: Der Kunstverein zahlt
ein Produktions- wie Ausstellungshonorar, das zumindest für den Zeitraum
der Vorbereitung eine konzentrierte Arbeit ermöglichen soll.
21 Jul 2025
## AUTOREN
Katharina J. Cichosch
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