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# taz.de -- Apple-TV-Serie „Das ist kein Karton!“: Mit viel Fantasie
> In der Serie „Das ist kein Karton!“ wird Kindern die Kraft der Fantasie
> gezeigt, indem ein Karton alles werden kann – sogar ein Dinosaurier-Ei.
Bild: Riley, was machst du da? Erst durch die Nachfrage wird klar, dass der Has…
Wenn die meisten Kinder hierzulande eine Sache nicht sind, dann
unterstimuliert. Bücher, die Geräusche machen, wenn man auf sie tippt, die
berühmte Toniebox, die in keinem Kinderzimmer fehlt – überall sind Quellen
von Geräusch und Geblinke anzutreffen. Youtube-Kanäle überschlagen einander
mit Kinderchoreografien zum Nachtanzen, leuchtende Apps für die Kleinen
gibt es sowieso zuhauf.
Aber so richtig von nichts auf etwas zu kommen, das ist selten geworden bei
all diesen flimmernden, piepsenden Möglichkeiten: einen Kassenbon falten
und zur Einladung zum Ball von König Fiete werden lassen, einen Teebeutel
zum Drachenschatz verwandeln oder, mein Favorit aus Kindertagen, die
Holzstäbchen, die beim Eisablutschen übrig bleiben, als Leckerlis für den
Stoffhund Fly wiederverwenden. Für diese Einfälle braucht man Zeit, ein
bisschen Langeweile, am besten so etwas wie einen Nachmittag bei Oma und
Opa mit schlechtem WLAN.
Die Werthaftigkeit, die Sinnhaftigkeit, ja der Spaß dieser Imaginationen
aber sind schier unbegrenzt, wie die neue Kinderserie auf [1][Apple TV+]
„Das ist kein Karton!“ auf wunderbare Weise illustriert. Der Hase Riley
steht im Mittelpunkt der Serie und hat einen Karton. Nein, eben keinen
Karton! Der Karton, pardon, der Kein-Karton, kann sich nämlich in alles
verwandeln, was Riley sich vorstellt. In ein Boot oder einen Berg, in einen
lustigen Wal, einen Elefanten oder eine Mischung aus beidem, in ein
Schloss, einen Kürbis und sogar in ein Dinosaurierei.
In den zwanzigminütigen Folgen entstehen so Fantasiewelten, in denen
Weggefährten mit Riley Abenteuer erleben. Einige von ihnen, wie Clarence,
die freundliche Wolke, die Regen für den Kürbis und Wind für das Boot
liefert, kehren immer wieder zurück und können so schon von den Kleinsten
wiedererkannt werden.
## Entlarvende Nachfragen
Eine erwachsene Männerstimme fragt dabei Riley hin und wieder interessiert,
was sie eigentlich gerade tue, woraufhin Riley ein ums andere Mal mit der
amüsierten Selbstverständlichkeit von spielenden Kindern erklärt, sie blase
natürlich einen Ballon auf, klettere auf einen Berg, steige in ein U-Boot –
sehe er das denn gar nicht?
Diese Dialoge entlarven auf lustige wie versöhnliche Weise die Dissonanz
zwischen der Fantasiewelt von Kindern und der höflichen Nachfragerei der
Erwachsenen, die einfach nicht verstehen, was da gerade vor sich geht,
strukturieren das Geschehen für jüngere Kinder und sorgen bei allen
Altersgruppen für Gelächter. Natürlich, jetzt sieht man’s selbst, dass die
Box zum Cowboyhut wurde!
In einer medialen Kinderwelt voller Hochgeschwindigkeitsanimationen und
didaktischen Aufforderungen („Los! Zähl noch einmal nach, wie viele Äpfel
nun noch übrig sind!“) sind das langsame Erzähltempo, die minimalen
Hintergrundgeräusche und die Animation in unaufdringlichen Pastelltönen im
Aquarellstil eine Wohltat.
Dass [2][Apple TV+] für seine neue Kinderserie die Buchvorlage, geschrieben
und illustriert von Antoinette Portis und vielfach ausgezeichnet, gewählt
hat, kann als richtungsweisendes Beispiel dafür verstanden werden, wie
Kinderfernsehen aussehen kann: Genauso wenig, wie sich die Kindergerichte
im Restaurant auf Pommes und Nuggets beschränken sollten, sollte
Kinderfernsehen nur flacher Zeitvertreib sein. Das ist kein Karton!“ zeigt,
wie ästhetisch anspruchsvoll und gleichzeitig in seiner Einfachheit
bestechend ein Kinderprogrammsein kann. Die Botschaft, aus den
alltäglichsten Dingen etwas Magisches werden zu lassen, immer und überall,
wird dabei nie alt.
16 Jun 2025
## LINKS
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## AUTOREN
Marie-Sofia Trautmann
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