| # taz.de -- Serie „Club der Dinosaurier“: Durch Testo zum Dino | |
| > In einer neuen ZDFneo-Serie wollen zwei Jungen dem klassischen | |
| > Männlichkeitsbild gerecht werden. Dafür greifen sie zu ungewöhnlichen | |
| > Mitteln. | |
| Bild: Ben (Shadi Eck) hat grüne Pillen eingeworfen und verwandelt sich stückc… | |
| Alles gar nicht so einfach, finden Ben (Shadi Eck) und Janni (Diyar | |
| Ilhan). In der Schule werden sie von den lauten Jungs übertönt, nicht | |
| einmal das pointierteste Referat entlockt den richtigen Mädchen ein | |
| Lächeln, und im Fitnessstudio stehen sie am Ende ihres Trainings zwischen | |
| muskelbepackten Männerarmen und schauen hinunter [1][auf ihre | |
| Jugendkörper], die einfach nicht die monströsen Men’s Health-Züge annehmen | |
| wollen, die sie sich so ersehnen. | |
| Als ihnen dann „180 Mal feinstes Testosteron“ in illegalen Pillen | |
| angeboten wird, scheint die Lösung auf der Hand zu liegen: Je männlicher, | |
| desto einfacher das Leben auf dem Schlachtfeld Mittelstufe, so nehmen die | |
| beiden in der neuen ZDFneo-Serie „Club der Dinosaurier“ an und beginnen mit | |
| der Selbstmedikation. | |
| Dieses Testosteron sei schließlich, so wird ihnen von dem dealenden | |
| Mitschüler erklärt, „der Nektar der Alphas“. Janni fügt mit traurigem | |
| Lächeln hinzu: „Für alle Jungs dieser Welt, die bislang von der Evolution | |
| verarscht wurden“, und schluckt die erste Tablette. Was dann passiert, ist | |
| ein gleichermaßen origineller wie innovativer Clou von Headautor Nils | |
| Gustenhofen: Die beiden Jungen werden schrittweise zu Dinosauriern. Ben | |
| bekommt einen Schwanz, Janni ein Horn, beiden wachsen eine sich masernde | |
| Haut, spitze Zähne sowie gelbe Augen und Krallen anstelle von Füßen. | |
| Anfangs sind die Veränderungen noch zu verbergen, der Schwanz noch | |
| abzukleben, das Horn noch zu überföhnen. Nach einiger Zeit allerdings | |
| schlägt nicht einmal mehr die Handygesichtserkennung an. Ben und Janni sind | |
| nicht mehr Ben und Janni und vor allem nicht länger Freunde, erwächst aus | |
| dem Zuviel an Testosteron doch auch ein unerbittlicher Kampf um Suki | |
| (Tomomi Themann), in die beide verliebt sind – und dann haben sie noch dazu | |
| auf einmal unbändige Lust auf lebendige Kleintiere … | |
| ## Die Absurdität des Männlichkeitswahns | |
| Dass der [2][Männlichkeitswahn unserer Gesellschaft] nicht | |
| pädagogisierend-didaktisch, sondern mit Absurdität und Witz dargestellt | |
| wird, ist ein großer Gewinn dieser Serie und erinnert daran, dass toxische | |
| Männlichkeitsvorstellungen für Männer, die nicht unter die Kategorie | |
| „Alphatier“ fallen, immensen Leidensdruck bedeuten können. Dass der Wunsch | |
| nach schnellem Erwachsenwerden in einem der Kindheitssymbole schlechthin, | |
| dem Dinosaurier, mündet, ist dabei besonders klug konzipiert. | |
| Die Dialoge machen Spaß, biedern sich nicht an und verzichten auf | |
| Jugendsprache, die eigentlich keine ist. Beide Hauptdarsteller, Eck und | |
| Ilhan, besitzen das für die Dialoge benötigte komödiantische Talent und | |
| zeigen, wie gutes deutschsprachiges Jugendfernsehen aussehen kann. Trine, | |
| die Kindheitsfreundin von Ben („Das war in der Unterstufe, Trine. Da waren | |
| wir noch Kinder“), wird hervorragend von Hannah Schiller verkörpert, die | |
| junge Lehrerin Frau Perski mit viel Humor und Talent von Sonja Gerhardt. | |
| Das langsame Abdriften ins Animalische durch die Inkongruenz von | |
| gesellschaftlichen Erwartungen und dem Individuum erinnert an Rachel Yoders | |
| „Nightbitch“, 2024 mit Amy Adams verfilmt: Hier kann die Protagonistin die | |
| Mutterschaftserwartungen der Gesellschaft nicht länger erfüllen und wird | |
| zur Hündin. | |
| Besonders gelungen im „Club der Dinosaurier“ sind außerdem die | |
| Elternfiguren (dargestellt etwa von Tom Beck und Henning Baum), die mit | |
| sich selbst beschäftigt sind und von den gnadenlosen Machtkämpfen des | |
| Jugendalters nichts bemerken. | |
| Wenn am Ende Ben und Janni einsehen, dass man von den richtigen Menschen | |
| sowieso gerngehabt wird und dass es manchmal besser ist, „eine Amöbe zu | |
| sein als ein Dinosaurier“, dann wird deutlich, was diese [3][Serie Großes | |
| geleistet hat]: Feinfühligkeit und Verständnis für eine Lebensphase und | |
| ihre Anforderungen aufzubringen, auf die Erwachsene häufig kaum mehr | |
| emotionalen Zugriff haben. | |
| 16 Jun 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Marie-Sofia Trautmann | |
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