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# taz.de -- New-Adult-Serie „Crystal Hall“: Und wieder die alte Leier
> Die New-Adult-Serie „Crystal Wall“ von ZDFneo kommt nicht ohne
> genretypische Klischees aus. Sie verpasst, das Genre neu zu denken.
Bild: „Crystal Wall“: die uralte Leier des reichen Mannes und der schönen,…
New-Adult-Romane erleben seit einigen Jahren einen Boom. Sie richten sich
üblicherweise an ein gerade postpubertäres, weibliches Publikum, im
Mittelpunkt steht fast immer die heterosexuelle Romanze. Die wird nicht
selten in Elitewelten des reichen Testosterons platziert, das der integren
Schönen aus bescheidenen Verhältnissen verfällt.
So zuletzt gesehen in der deutschen Amazon Prime-Produktion [1][„Maxton
Hall“,] basierend auf der New-Adult-Buchreihe der Hamburger Autorin Mona
Kasten, die zu der erfolgreichsten internationalen Produktion von Amazon
Prime überhaupt wurde. Nun präsentiert ZDFneo eine New Adult-Serie für das
junge Publikum der Öffentlich-Rechtlichen und reitet die Welle des
aktuellen Hypes.
Die Kampfsportlerin Louna (Anna Bardavelidze) rettet dem Millionenerben
Nicolas Dardenne (Gustav Schmidt) das Leben, er engagiert sie prompt als
seine Bodyguard. Die Liebesgeschichte zwischen dem reichen Jungen, der
Sehnsucht nach dem echten Leben hat, aber nicht genug, um „Adieu“ zu Papas
Geld zu sagen, und dem Mädchen aus der Arbeiterschicht, das Flaschen mit
ihren Zähnen öffnen kann, ist schnell abzusehen.
Der Twist in der Geschlechtsrollenkonstellation (sie rettet ihn) ist dabei
ein eher halbherziger und leicht durchschaubarer Versuch, nicht vollends in
[2][Geschlechtsstereotype] zu verfallen, und verbleibt im Gendern von
„Bodyguard. „Meine Bodyguard“ nennt Nicolas Louna mit verführerischem
Lächeln und beweist damit, dass auch reiche Junggesellen der
geschlechtersensiblen Sprache mächtig sein können.
## Unlogische Dialoge und veraltete Ästhetik
Wenn Nicolas „Papa“ auf der zweiten Silbe betont, weil Reichsein in
New-Adult-Logik stets mit Frankophonie zusammenzuhängen scheint, und er
Louna zuerst ein Glitzerkleidchen kauft und sie anschließend über
zeitgenössische Kunst aufklärt, dann sind die mit unter schlichtweg
unlogischen Dialoge („Das Kleid ist teurer als das Auto meiner Mutter, wenn
sie eins hätte“ – „Und es sieht auch besser aus“) das kleinste Übel.
„Crystal Wall“ erzählt wieder und wieder in allen Bildern die uralte Leier
des reichen Mannes und der schönen und charakterlich aufrechten Frau, hier
inklusive uninspirierter Sexszenen und generischer Popmusik. Die Welt der
Reichen, die Sehnsuchtspunkt der Zuschauerschaft sein soll, wird dabei auch
visuell nicht getroffen, die Ästhetik verbleibt im Gossip-Girl-Stil der
2000er-Jahre. Reichtum sieht bei „Crystal Wall“ ein bisschen so aus wie in
einer Playmobil-Villa: Chihuahua im Arm, Champagnergläser in der Hand und
Puffkostüme aus Tüll am Körper.
Dass die heutige reiche Jugend anders aussieht und anders feiert, wird
verpasst. Die Serie wird durch das Bedienen von genretypischen Merkmalen
wie dem sogartigen Bingecharakter (24 Folgen à 25 Minuten), der auch die
Buchreihen durch ihre Länge auszeichnet, und der typischen
New-Adult-Ästhetik des Vorspanns große Teile der typischen Leserschaft
ansprechen. Aber der Preis dafür ist dieselbe fantasiearme Ploterzählung,
die dem Genre so häufig innewohnt.
New Adult bezeichnet zuvorderst nichts als die angestrebte Zielgruppe –
warum sollten junge Frauen nicht originelle und innovative
Liebesgeschichten mit mindestens ebenso großem Interesse verfolgen? Die
Chance, dieser Frage nachzugehen, hat „Crystal Wall“ vertan.
15 Apr 2025
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## AUTOREN
Marie-Sofia Trautmann
## TAGS
ZDFneo
Rollenklischees
Streaming
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heraus. Sie hätte der Zuschauerschaft allerdings mehr zutrauen können.
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