| # taz.de -- Bergbau in der DR Kongo: Plündern im Namen des Präsidenten | |
| > Angehörige der Präsidentenfamilie sollen sich systematisch an Kongos | |
| > Kupfer- und Kobaltbergbau bereichern. Eine Klage in Belgien ist in | |
| > Vorbereitung. | |
| Bild: Für wen sind die Lastwagen unterwegs? Der chinesisch betriebene Kupferta… | |
| Brüssel taz | Das Vorgehen ist immer gleich: eine Firma oder eine | |
| Personengruppe rückt in ein Bergwerk der südkongolesischen Provinz Lualaba | |
| ein, Herz des [1][Kupfer- und Kobaltbergbaus] der Demokratischen Republik | |
| Kongo in der Region Katanga. Das Bergwerk gehört eigentlich Kongos | |
| Staatsfirma [2][Gécamines] und wird von dieser in einem Joint-Venture mit | |
| einem ausländischen Investor betrieben, der die nötigen Investitionen und | |
| Technologien beisteuert. Aber jetzt werden kurzfristig angeheuerte | |
| Kleinschürfer auf das Gelände gekarrt, um aus den Abraumhalden | |
| mineralienhaltiges Gestein herauszuschaffen und auf Lastwagen wegzubringen, | |
| an den legalen Betreibern vorbei. | |
| Die Abraumhalden („tailings“) sind leicht zugänglich, es sind große | |
| Gesteinshaufen aus dem industriellen Abbau, der Millionen von Tonnen im | |
| Tagebau oder in Stollen aus der Erde holt, um aus den wertvollsten davon | |
| die lukrativen Erze zu extrahieren, und den Rest liegenlässt. Auch die | |
| Halden enthalten noch Erze, sie sind sozusagen die Rücklagen der | |
| Minenbetreiber, mit deren weiterer Bearbeitung weitere Investitionen | |
| finanziert werden können. Wenn man sie klaut, untergräbt man das | |
| Geschäftsmodell des legalen industriellen Bergbaus, erläutert ein | |
| Mineningenieur aus Katanga der taz. | |
| Nun bereiten zivilgesellschaftliche Gruppen, Bergbaugewerkschaften, | |
| Kooperativen und Politiker aus Katanga eine Klage gegen Kongos Präsident | |
| Felix Tshisekedi wegen dieser illegalen Praktiken vor. Der Vorwurf: Die | |
| Täter agieren im Auftrag eines Angehörigen der Familie von Kongos Präsident | |
| Felix Tshisekedi und unter Schutz der Präsidialgarde, der Armee oder | |
| Lualabas Tshisekedi-treuer Provinzgouverneurin Fifi Masuka. | |
| Der belgische Jurist Bernard Maingain, der schon viele hochkarätige | |
| Verfahren im Afrika der Großen Seen geführt hat, will die Klage im Juli bei | |
| der belgischen Staatsanwaltschaft einreichen. Er hat Tausende Seiten | |
| belastendes Material gesammelt, sagt er der taz. Die meisten Angehörigen | |
| der Familie Tshisekedi besitzen neben der kongolesischen auch die belgische | |
| Staatsbürgerschaft und können damit in der ehemaligen Kolonialmacht belangt | |
| werden. | |
| ## Der Schaden soll in die Milliarden gehen | |
| Schon seit 2020 schlagen kongolesische Whistleblower Alarm über Tshisekedis | |
| Bergbaupolitik und sprechen von „systematischer Ausplünderung“ Katangas | |
| durch die politische Elite im Umfeld Tshisekedis, der aus der Nachbarregion | |
| Kasai stammt. In solchen Vorwürfen schwingt immer mit, dass Katangas | |
| Reichtümer illegal von anderen Landesteilen gekapert werden. Kongos Staat | |
| sei um Milliardensummen geschädigt worden, so Maingain. Die Klage bezieht | |
| sich auch auf Geldwäsche, Korruption, Menschenrechts- und | |
| Arbeitsrechtsverletzungen. | |
| Der kongolesische Investigativjournalist [3][Freddy Mulongo], der als | |
| Flüchtling in Paris lebt, spricht von 7.500 Tonnen Mineralien, die jeden | |
| Tag verschwinden. Dies würde 225 Tonnen Kupfererz entsprechen – mit einem | |
| aktuellen Marktwert von über 2 Millionen US-Dollar, der noch steigt, wenn | |
| man das viel wertvollere Kobalt mitberechnet. Damit kommt man schnell auf | |
| eine Milliarde US-Dollar pro Jahr. | |
| Größter Nutznießer der illegalen Praktiken, sagen katangische | |
| Zivilgesellschaftler, ist Christian Tshisekedi, der jüngere Bruder des | |
| Präsidenten. Er habe Schürfer in die Mine Kimbalasani nahe der Bergbaustadt | |
| Fungurume gebracht, Teil einer Konzession der Firma [4][Boss Mining], ein | |
| Tochterunternehmen der kasachischen [5][„Eurasian Resources Group“ (ERG)]. | |
| 50 Lastwagen pro Tag würden illegal an drei chinesische Firmen gehen. Zwei | |
| weitere Minen im Boss-Mining-Gelände würden auf diese Weise geplündert. | |
| Weiter genannt wird Kally Tshisekedi, Schwester des Präsidenten. Sie soll | |
| zusammen mit dem chinesischen Geschäftsmann Soleil Djang die Kobaltmine | |
| Katapula plündern sowie eine andere ERG-Tochter namens [6][„Congolaise des | |
| Mines et du Développement“ (COMIDE)] und weitere Minen. Robert Tshisekedi, | |
| ein weiterer Bruder des Präsidenten, soll die ERG-Mine Kakanda plündern. | |
| Genannt werden auch ein Joël Tshisekedi sowie Jean-Claude Mulumba, älterer | |
| Bruder des Präsidenten, sowie Fanny Tshisekedi, Tochter der First Lady, die | |
| bei deren Hochzeit mit dem Präsidenten von diesem adoptiert wurde. Fannys | |
| Bruder Anthony vertritt den kongolesischen Staat im Joint-Venture | |
| „Sicomines“ zwischen Gécamines und den chinesischen Großunternehmen China | |
| Railways, Sinohydro und Zhejiang Huayou Cobalt, das Herzstück der | |
| milliardenschweren [7][chinesischen Investitionen in der DR Kongo]. | |
| Die illegalen Praktiken haben ein solches Ausmaß angenommen, sagen | |
| investigative Quellen, dass im Jahr 2023 die Generalinspektion der | |
| Streitkräfte einer ERG-Beschwerde über von Soldaten geschützte | |
| Minenbesetzungen durch illegale Schürfer in der Mine Kinkasala nachging. | |
| Sie erhielt die Auskunft, die Mine „gehört Maman Marthe“ – gemeint ist d… | |
| als sehr einflussreich geltende Mutter des Präsidenten, Marthe Kasulu | |
| Tshisekedi. Die ist von der Klage ebenso wenig betroffen wie der Präsident | |
| selbst, da beide keine belgischen Pässe haben – anders allerdings als die | |
| First Lady sowie ein weiterer Präsidentenbruder, Thierry Tshisekedi, den | |
| ERG als einen weiteren Kopf hinter der illegalen Plünderung ausgemacht | |
| haben will. | |
| In Katanga sind all diese Vorgänge allgemein bekannt. Das Gefühl, dass der | |
| reichste Landesteil ausgeplündert wird, ist dort seit Langem vorhanden. Es | |
| wird nun politisch dadurch kanalisiert, dass Präsident Tshisekedi | |
| nacheinander alle wichtigen Politiker Katangas zum Schweigen bringt: | |
| Oppositionsführer [8][Moise Katumbi], erfolgloser Gegenkandidat Tshisekedis | |
| bei dessen Wiederwahl 2023, sowie Expräsident Joseph Kabila, der der | |
| Zusammenarbeit mit den M23-Rebellen im Osten der DR Kongo beschuldigt wird. | |
| Für Tshisekedis Versuche, Investoren zu gewinnen, sind die | |
| Klagevorbereitungen ein Problem. Das Land liegt ohnehin weit hinten in den | |
| globalen Rankings zu Korruption und Geschäftsklima. Die DR Kongo bemüht | |
| sich aktuell um Sicherheitsgarantien aus den USA gegen die Rebellen im | |
| Gegenzug für Bergbaurechte. Dafür müsste die Regierung aber Investoren | |
| Sicherheit bieten können. | |
| 26 May 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kobaltabbau-in-der-DR-Kongo/!6016790 | |
| [2] https://www.gecamines.cd/ | |
| [3] https://fmreveil.over-blog.com/ | |
| [4] https://www.ergafrica.com/cobalt-copper-division/boss-mining/ | |
| [5] https://www.ergafrica.com/ | |
| [6] https://www.ergafrica.com/cobalt-copper-division/comide/ | |
| [7] /China-Besuch-von-Kongos-Praesident/!5933434 | |
| [8] /Oppositioneller-ueber-Wahlchancen/!5288573 | |
| ## AUTOREN | |
| François Misser | |
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