# taz.de -- NS-Verstrickung von Sparkasse: Ein bisschen Aufarbeitung zum Jubil�… | |
> Die Sparkasse Osnabrück hat die Schuldbeladenheit ihrer NS-Vergangenheit | |
> aufarbeiten lassen. Das Ergebnis: Ein schmales Dossier von 30 Seiten. | |
Bild: Andere waren beim Aufarbeiten schneller: Detail der Schau „Sparkasse im… | |
Osnabrück taz | Wer feiert, will keinen Stress. Das geht auch der Sparkasse | |
Osnabrück so, die dieses Jahr ihr 200-jähriges Bestehen zelebriert, unter | |
dem Motto „Gemeinschaft“, Törtchenverteilung inklusive. Kritik käme da | |
ungelegen. Zumal zum Verhalten der [1][Sparkasse während der NS-Zeit]. Das | |
war schuldbeladen: unethisch, systemnah, rückgratlos. Begriffe wie | |
„Volksgemeinschaft“ hatten damals Konjunktur. | |
Also hat die Sparkasse getan, was sie schon Jahrzehnte früher hätte tun | |
können: Sie hat aufgearbeitet, was von 1933 bis 1945 bei ihr geschah. | |
Wer das Ergebnis liest, das [2][Dossier „Die Sparkasse Osnabrück in der | |
Zeit des Nationalsozialismus“], auf der Jubiläums-Website sehr leicht zu | |
übersehen, gelangt auf schmale 30 Seiten. Die Geschichts-Agentur H&C | |
Stader, Mannheim, nicht zuletzt auf Firmenjubiläen spezialisiert, hat sie | |
verfasst. Auch andere Sparkassen haben deren Dienste schon in Anspruch | |
genommen. | |
Was die HistorikerInnen in Monaten der Aktensichtung über ihren | |
Auftraggeber herausgefunden haben, ist hart: Es gab Diensträume mit | |
Hitler-Büste und Hitler-Portrait und Fassadenbeflaggung mit Hakenkreuz. | |
Personal wurde gegen „Ariernachweis“ und Nachweis der Mitgliedschaft in der | |
NSDAP eingestellt. Die Sparkasse beteiligte sich an der | |
„Adolf-Hitler-Spende“ und am Wehrmachts-Kredit. Nicht linientreue | |
Mitarbeiter wurden entlassen. Konten von Kunden, die nach den | |
NS-Rassegesetzen als jüdisch galten, wurden gesperrt. Die Sparkasse | |
beteiligte sich an der [3][Enteignung Verfolgter]. Es gab Dienstbriefe | |
unterschrieben mit „Heil Hitler!“ | |
## Synagogengrundstück zum Spottpreis gekauft | |
Besonders hässlich wird es, als NS-Kräfte während der Novemberpogrome, in | |
der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, Osnabrücks Synagoge | |
brandschatzen. Die Synagogengemeinde, Kundin der Sparkasse, sah sich am 11. | |
November mit einem schikanösen Zahlungsbefehl der Sparkasse konfrontiert, | |
am 14. November mit den Vorbereitungen zur Zwangsversteigerung. Käuferin | |
des Synagogengrundstücks war später die Sparkasse selbst, zu einem | |
Spottpreis. | |
Der letzte Satz des Dossiers stellt klar, es seien [4][keine Versuche | |
überliefert, „politisch anders ausgerichtete Vereine zu schützen“]. Was | |
Osnabrücks heutige Vereine, während des Jubiläums werbewirksam über die | |
Sparkassen-Spendenplattform „WirWunder“ unterstützt, bei diesem Satz wohl | |
denken? | |
Ziel sei ein „valider Eindruck“ über die Sparkasse zwischen 1933 und 1945 | |
gewesen und „Licht ins Dunkle“ zu bringen, schreibt Sparkassen-Sprecherin | |
Daniela Pommer auf taz-Anfrage und spricht von „Übernahme von | |
Verantwortung“. Zur mehrere Generationen langen Ignoranz beschränkt sie | |
sich auf: „Warum die Aufarbeitung in vorherigen Jahrzehnten nicht | |
stattgefunden hat, können wir aus der heutigen Perspektive nicht sagen.“ | |
Das ist mager. Aber bestimmt sind inzwischen alle tot, für die es sonst | |
hätte peinlich werden können. | |
## Nah am Nationalsozialismus | |
Die Ereignisse lägen mehr als 80 Jahre zurück, gibt Pommer zu bedenken, | |
viele Quellen seien verloren. Das Dossier könne daher „kein | |
vollumfängliches Bild und keine starke Detailtiefe darstellen“. Aber: „Wir | |
haben den gewünschten Eindruck vorliegen.“ | |
Warum die Aufarbeitung nicht früher erfolgt ist? „Die Frage kann man zu | |
Recht stellen“, schreibt Michael Hagedorn der taz, Osnabrücker Ratsmitglied | |
der Grünen, Mitglied des Verwaltungsrats der Sparkasse. „Ich begrüße es | |
sehr, dass die Sparkasse das diesjährige Jubiläum, was ja in das 80. Jahr | |
der Befreiung vom Nationalsozialismus fällt, genutzt hat, um dieses | |
Versäumnis nachzuholen.“ Das Ergebnis sei „mit großer Ehrlichkeit | |
präsentiert“. | |
H&C Stader sei in der Wahl der Quellen „völlig frei“ gewesen, schreibt | |
Pommer. „Der Rechercheauftrag umfasste die Sichtung und Analyse | |
öffentlicher Quellen sowie unseres gesamten Archivs.“ Man habe wissen | |
wollen, „wie groß die Nähe der Sparkasse Osnabrück zum Nationalsozialismus | |
war“, so Johannes Hartig, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse. Die Antwort: | |
Schockierend groß. | |
## Erfüllungsgehilfen der NS-Diktatur | |
Das Ergebnis hätte sich absehen lassen: In ihrer Dissertation „Der Deutsche | |
Sparkassen- und Giroverband zur Zeit des Nationalsozialismus“ (DSGV) hat | |
Janina Salden 2019 geschrieben: „Da er sich selbst aktiv als Akteur ins | |
Spiel brachte, um an dem Unrecht des NS-Regimes zu partizipieren, lässt | |
sich nicht argumentieren, der DSGV wäre gezwungenermaßen zum | |
Erfüllungsgehilfen der NS-Diktatur geworden.“ Überraschung ist also nicht | |
angebracht. | |
Werbe-Rhetorik übrigens auch nicht. „Ein Hoch auf 200 Jahre Gemeinschaft“, | |
beglückwünscht sich die Sparkasse Osnabrück auf ihrer Jubiläums-Website. | |
Die 12 Jahre ihrer Willfährigkeit, das Hitler-Regime zu unterstützen, | |
fallen hier kurzerhand unter den Tisch. | |
Bleibt die Frage: Wie stellt die Sparkasse sicher, dass sich ein Verhalten | |
wie das damalige nicht wiederholt? Man habe nun „genaues Wissen um die | |
Historie“, so Pommer. Damit gehe man „sehr transparent um“ und sorge so | |
dafür, „dass die damaligen Mechanismen und Abläufe im Hause klar werden“. | |
Besonders konkret klingt das nicht. | |
26 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Harff-Peter Schönherr | |
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