Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Ver.di-Großstreik bei DHL: Auf dem Rücken der Belegschaft
> Die DHL-Beschäftigten in Schkeuditz streiken für eine Lohnsteigerung von
> 12 Prozent. Dass ihre Kolleg:innen in Westdeutschland für die gleiche
> Arbeit teils immer noch mehr verdienen, frustriert sie.
Bild: Mitarbeiter:innen von DHL demonstrieren für mehr Geld
Leipzig taz | Wie riesige gelbe Pakete sehen die DHL-Hallen aus, die man
durch die Bahnfenster der S3 sieht. Hier, am Flughafen Leipzig/Halle, steht
der DHL-Hub, der größte Paketumschlagplatz Europas. Doch am Freitag sieht
man auf dem Weg zum Gelände nicht nur DHL-Jacken, sondern auch viele
Warnwesten. Ver.di hat zum Warnstreik aufgerufen, von 4.30 bis 23.30 Uhr.
Auf einem Brachland vor den Verwaltungsgebäuden haben die Streikenden sich
versammelt. Die roten Zelte schützen vor dem Regen, es gibt Suppe, Wurst
und Tee.
Der Hintergrund des Streiks: Ergebnislose Tarifverhandlungen mit DHL, in
denen der Arbeitgeber kein Angebot vorgelegt hat. Ver.di fordert nun 12 %
mehr Lohn und eine Ausbildungsvergütung bei 12 Monaten Laufzeit. Diese
Forderungen werden vom Betrieb als „nicht realistisch“ abgetan. Das sehen
die DHL-Mitarbeiter:innen anders.
Gut 6000 Menschen werden am Standort in Schkeuditz beschäftigt, circa 70
Prozent davon in Nachtschicht. Der Mega-Hub ist zuständig für
Express-Luftfracht, darunter auch medizinische Güter wie Blutkonserven. Pro
Nacht landen 80 bis 90 Frachtflugzeuge am Hub, die in extremem Tempo
entladen und neu beladen werden, und dann wieder abfliegen.
Dass diese Arbeit ein Knochenjob mit großer Verantwortung ist, wird am
Streiktag mehrmals deutlich. Mario Mignas aus der Abteilung Rampe Pushback,
der Teil der Verhandlungskommission ist, beschreibt den
Nachtschichtzuschlag als „Bonus, für das, was man dem Körper antut“.
Was genau man dem Körper da antut, wird in Gesprächen mit anderen
Streikenden deutlich: Eine Gruppe aus dem Bereich Offload berichtet, dass
sie die ganze Nacht auf den Beinen sind und teilweise Pakete heben, die
über 30 Kilo wiegen. Rückenschmerzen, Knieprobleme und Bandscheibenvorfälle
seien die Folge. „Man macht sich nur kaputt.“ Und das Equipment? „Auch
kaputt“. Früher hätte die Arbeit noch mehr Spaß gemacht, aber „jetzt feh…
vorne und hinten die Leute“, erzählt seine Kollegin.
Weil der regionale Arbeitsmarkt leer war, hat DHL vor gut vier Jahren 500
spanische Mitarbeiter:innen angeheuert. Eine portugiesische
Arbeiterin, die über das Spanien-Programm gekommen ist, berichtet, dass das
Arbeitsklima oft schwierig sei. Die Menschen seien dann doch einfach „sehr
unterschiedlich“, und viele der Deutschen würden sich für etwas Besseres
halten. Es sei auch zu Diskriminierung gekommen. Lukas Ferrari (ver.di),
der bei der Veranstaltung für die Spanier:innen übersetzt, hofft, dass
sie es schaffen, „die Spaltung, die es im Betrieb gibt, nicht auch in der
Gewerkschaft fortzuführen.“
Der DHL-Hub Leipzig hat der Muttergesellschaft Deutsche Post AG letztes
Jahr 5,9 Milliarden Euro eingebracht, der Expressversand ist der
lukrativste Zweig der DHL. Von diesem Premium-Status kriegen die
Mitarbeiter:innen aber nichts mit, viele müssten „jeden Cent zweimal
umdrehen“ meint Felix aus der Customs-Abteilung. Hinzu kommt: Einige
Mitarbeiterinnen bekommen monatlich bis zu 700 Euro weniger als
DHL-Beschäftigte in Westdeutschland, für die gleiche Arbeit. „Wir können
einsehen, was die Kolleg:innen in Köln und Frankfurt verdienen. Das
frustriert einfach“, sagt Falk von Customs.
„Das ist so ungerecht. Die Leute fühlen sich nachvollziehbarerweise
verarscht“ findet auch Nam Duy Nguyen, Linken-Abgeordneter im sächsischen
Landtag. Er ist schon zum wiederholten Male beim DHL-Streik als Redner
eingeladen und voller Hoffnung: „Klassensolidarität kann so viel mehr wert
sein als Spaltung“, so Nguyen im Gespräch mit der taz.
Mittlerweile ist es dunkel, der Regen hat aufgehört. Zum Start der
Nachtschicht sind immer mehr Kolleg:innen eingetroffen, Streikleiter
Normen Schulze spricht von insgesamt 1285 Menschen über den Tag verteilt,
es ist einer der bisher größten Streiks. Bei der Kundgebung tönen die
Trillerpfeifen noch einmal über das ganze Gelände. Die zweite
Verhandlungsrunde ist schon am 27. Mai. Ver.di hofft auf ein gutes Angebot,
ansonsten gibt es weiter Lärm.
24 May 2025
## AUTOREN
Luise Greve
## TAGS
DHL
Arbeitnehmer
DHL
Geheimdienst
Konjunktur
Gewerkschaft
## ARTIKEL ZUM THEMA
Brandsätze in Luftfracht: Russischer Militärgeheimdienst soll verantwortlich …
2024 tauchten Pakete mit Brandsätzen an mehreren DHL-Standorten auf.
Ermittler verdächtigen laut Berichten den russischen Geheimdienst.
Sparprogramm bei der Deutschen Post: Nach Lohnerhöhung streicht DHL 8.000 Stel…
Bei der Post läuft es nicht rund. Der Tarifabschluss habe „den Kostendruck
erhöht“, sagt der Konzernchef. Dividenden bleiben aber stabil.
Tarifverhandlungen bei der Post: Verdi fordert ein „verhandlungsfähiges Ange…
Die zweite Runde der Tarifverhandlungen bei der Deutschen Post haben
begonnen. Die Gewerkschaft verlangt eine „deutliche“ Lohnsteigerung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.