| # taz.de -- Pro Asyl im Visier der Rechten: Kampagne gegen die Helfer*innen | |
| > Seit dem Gerichtsbeschluss zu Zurückweisungen wird Pro Asyl von rechten | |
| > Medien massiv angegriffen. Auch hochrangige Unionspolitiker machen mit. | |
| Bild: Geflüchtete werden entlang der deutsch-polnischen Grenze kontrolliert. A… | |
| Berlin taz | Rund anderthalb Wochen ist es her, [1][dass das Berliner | |
| Verwaltungsgericht die Zurückweisung dreier Somalier*innen für | |
| rechtswidrig erklärte]. Seitdem attackieren rechte Medien massiv die | |
| Aktivist*innen, die den Geflüchteten geholfen haben. Auch Unions-Politiker | |
| stiegen zuletzt mit ein und griffen etwa die Organisation Pro Asyl scharf | |
| an. | |
| Antreiber der Kampagne ist das rechte Online-Medium Nius unter dem | |
| ehemaligen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt. Praktisch sofort nach | |
| Bekanntwerden des Gerichtsbeschlusses machte sich Nius daran, beteiligte | |
| Personen zu identifizieren und öffentlich anzuprangern. So schrieb das | |
| Medium von einem „Geheimplan“ und einer „konzertierten Aktion der deutsch… | |
| Asyl- und Anti-Abschiebe-Industrie, angeführt von der NGO Pro Asyl“. | |
| Raunend fragen die Autoren: „War es Zufall, dass der Fall beim | |
| Verwaltungsgericht in Berlin landete?“ Zudem veröffentlichte Nius den | |
| vollen Namen des vorsitzenden Richters der 6. Kammer des | |
| Verwaltungsgerichts, schrieben über dessen Grünen-Mitgliedschaft und | |
| Details aus seinem Facebook-Profil. Auch ein Aktivist von Pro Asyl wurde | |
| mit vollem Namen bloßgestellt. Es folgten die Vornamen der drei | |
| Geflüchteten sowie am Dienstag schließlich der volle Name ihrer Anwältin | |
| sowie persönliche Daten und Fotos von ihr. | |
| [2][„Doxing“] heißt es, wenn vermeintlich harmlose Details über Personen | |
| verbreitet werden, für die Betroffenen daraus aber eine massive Bedrohung | |
| entsteht. Wer weiß, ob jemand einen zufällig im Supermarkt erkennt. Im Netz | |
| stürzt sich der rechte Mob auf jedes neue Detail aus den Nius-Texten. | |
| Die Bild-Zeitung schrieb derweil von Hinweisen, dass die Papiere einer der | |
| Geflüchteten gefälscht oder manipuliert worden seien. Der Vorwurf: Sie sei | |
| gar nicht minderjährig, wie angegeben. Das Boulevardblatt veröffentlichte | |
| einen Ausschnitt der Geburtsurkunde und ein Foto der Frau. Wie genau diese | |
| sensiblen Informationen an die rechten Medien gelangten, ist nicht klar. | |
| Im Umfeld der Bundespolizei scheint es jedenfalls einige zu geben, die die | |
| Perspektive der rechten Medien teilen. Der Chef der | |
| Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, stellte Strafanzeige gegen | |
| Unbekannt wegen Schleusertum und Urkundenfälschung. Der Gewerkschafter | |
| machte keinen Hehl daraus, dass er damit auf Pro Asyl sowie andere | |
| Menschenrechtsgruppen zielt. Auf X schrieb er: „Sollten NGOs der Somalierin | |
| geraten haben, ihr Alter und damit ihre Identität zu verschleiern, muss das | |
| strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.“ Dahinter setzte er | |
| „#ProAsyl“. | |
| Das Narrativ, Pro Asyl habe die Zurückweisung der drei Somalier*innen | |
| gezielt orchestriert und womöglich gar Papiere manipuliert, griffen | |
| schließlich auch Unionspolitiker auf. Der innenpolitische Sprecher von CDU | |
| und CSU im Bundestag, Alexander Throm, sagte letzte Woche: „Es ist das | |
| eine, für Flüchtlinge im Inland einzutreten. Es hat aber eine ganz andere | |
| Qualität, wenn Menschen vorsätzlich bei einem illegalen Grenzübertritt | |
| unterstützt werden. Pro Asyl hat damit selbst eine Grenze überschritten.“ | |
| Noch drastischer klang der Chef der CSU-Landesgruppe, Alexander Hoffmann: | |
| „Das Verhalten der Personen beim dritten Einreiseversuch, die Ausstattung | |
| mit neuen Handys, das Ausweisdokument mit Fälschungsmerkmalen – all das | |
| sollte von der Staatsanwaltschaft mal genauer unter die Lupe genommen | |
| werden“, sagte er. Pro Asyl habe den Eindruck erweckt, wie „Pro | |
| Schleusertum“ zu agieren. „Für mich trägt das klare Züge einer Inszenier… | |
| durch Asyl-Aktivisten.“ | |
| Aus CDU und CSU hatte es zuletzt immer wieder harte Kritik an | |
| zivilgesellschaftlichen Organisationen gegeben. [3][So hatte die | |
| Unionsfraktion kurz vor der Bundestagswahl 551 Fragen an die damalige | |
| Bundesregierung übermittelt und Aufklärung zur Finanzierung | |
| zivilgesellschaftlicher Organisationen gefordert.] Viele sahen darin eine | |
| Drohung gegen NGOs und Vereine, die zuvor gegen die Zusammenarbeit von | |
| Union und AfD im Bundestag demonstriert hatten. | |
| 12 Jun 2025 | |
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| [1] /Urteil-zu-Asylpolitik/!6088379 | |
| [2] /Warum-es-richtig-ist-dass-Jan-Boehmermann-diesen-rechten-YouTuber-enthuell… | |
| [3] /Angriff-der-Union-auf-Zivilgesellschaft/!6072388 | |
| ## AUTOREN | |
| Frederik Eikmanns | |
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