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# taz.de -- Gehalt für Arbeit im Berliner Gefängnis: Immer noch ein Mickerlohn
> In Berliner Knästen werden die Löhne erhöht – auf 4,25 Euro pro Stunde.
> Die Arbeit ist für viele Gefangene verpflichtend.
Bild: Auch in der JVA Plötzensee wird geschuftet: Gefangene in der Wäscherei
Berlin taz | Berliner Gefangene sollen mehr Lohn für ihre Arbeit bekommen.
Doch trotz einer Erhöhung um rund 70 Prozent fällt das Ergebnis immer noch
weit unter Mindestlohn aus: Die aktuell etwa 2,50 Euro Stundenlohn sollen
auf 4,25 Euro steigen. Der Mindestlohn beträgt 12,82 Euro. Ab wann die
Erhöhung gilt, steht noch nicht fest. Der Justizverwaltung zufolge sollte
ein Gesetzentwurf noch Ende Mai für Stellungnahmen an Fachverbände
übergeben werden. Voraussichtlich nach der Sommerpause wird er dem
Abgeordnetenhaus vorgelegt.
Die Zahlen gehen aus der Antwort [1][auf eine parlamentarische Anfrage der
Grünen] im Abgeordnetenhaus hervor, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.
Überraschend ist die geplante Erhöhung nicht: [2][Nach Klagen von zwei
Gefangenen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen] hatte das
Bundesverfassungsgericht vor zwei Jahren [3][die aktuellen Vergütungsregeln
für Häftlinge in den beiden Bundesländern beanstandet] und den Gesetzgebern
zwei Jahre Zeit gegeben, ihre Regelungen zu überarbeiten.
Für die Justiz sind nach dem föderalistischen Prinzip die Bundesländer
zuständig. Die Vergütungsregeln sind allerdings überall in Deutschland
ähnlich. Die Länder hatten sich nach dem Urteil daher gemeinsam auf eine
Erhöhung der Vergütung geeinigt. Für die Arbeit in Gefängnissen orientiert
sich die Vergütung am Durchschnittslohn aller Rentenversicherten in
Deutschland. Bisher erhalten die Gefangenen 9 Prozent dieses
Durchschnittslohns, künftig sollen es 15 Prozent sein. In Bayern und
Nordrhein-Westfalen gilt die neue Regelung bereits ab Juli.
Gefangene arbeiten üblicherweise in den gefängniseigenen Schreinereien, als
Gärtner, in der Bibliothek oder als Putzkräfte. Die meisten erledigen
einfache Arbeiten, die oft von Fremdfirmen beauftragt werden. Innerhalb der
Mauern stehen große Fabrikhallen, die Häftlinge müssen oft nur wenige
Schritte zur Arbeit gehen. Typische Aufgaben sind etwa Schrauben sortieren
oder lange und schwere Seekabel auseinandernehmen, um sie recyclen zu
können. Herausfordernder sind Jobs, bei denen Einzelteile für Maschinen
hergestellt werden. Da ist Präzisionsarbeit gefragt.
## Derzeit arbeiten rund 70 Prozent der Häftlinge
In Berlin ist die Arbeit wie in den meisten Bundesländern für viele
Gefangene verpflichtend. Den Angaben der Senatsverwaltung zufolge arbeiten
derzeit rund 70 Prozent der Häftlinge. In der JVA für Frauen in Pankow lag
die Beschäftigungsquote im Jahr 2023 mit 88 Prozent am höchsten. Am
niedrigsten war sie in der JVA Moabit.
Arbeit in Haft gilt nicht als Lohnarbeit im klassischen Sinne. Regelmäßig
führen Politik und Gericht an, Arbeit sei ein Mittel der Resozialisierung.
Gesetzlich festgeschrieben ist das aber nirgends, geregelt ist nur die Höhe
der Vergütung.
## „Angemessene Anerkennung“ für Arbeit
Das Bundesverfassungsgericht verpflichtete die Länder in seinem Urteil von
2023, die Bedeutung der Arbeit und ihrer Vergütung zu regeln. Wenn die
Arbeit hinter Gittern weiterhin eine wichtige Rolle bei der
Resozialisierung spielen soll, dann müsse geleistete Arbeit auch
„angemessene Anerkennung“ finden.
Die Bundesländer versuchen dies auch mit anderen Maßnahmen als höherer
Bezahlung umzusetzen. Unter anderem soll die Zahl der Freistellungstage
erhöht werden, in den meisten Ländern von sechs auf zwölf. Ob dies auch in
Berlin der Fall ist, war nicht Gegenstand der parlamentarischen Anfrage. In
einer Antwort auf eine taz-Anfrage nannte die Senatsverwaltung keine Zahl.
4 Jun 2025
## LINKS
[1] https://pardok.parlament-berlin.de/starweb/adis/citat/VT/19/SchrAnfr/S19-22…
[2] /Urteil-zu-Gefangenenverguetung/!5938770
[3] /Urteil-zu-Gefangenenverguetung/!5938951
## AUTOREN
Johanna Treblin
## TAGS
Gefängnis
JVA
Häftlinge
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Schwarz-rote Koalition in Berlin
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