# taz.de -- Nazi-Graffiti bleibt tagelang: So eine Hauswand ist geduldig | |
> Tagelang leuchten riesige Hakenkreuze und rechtsextreme Parolen von einer | |
> Hauswand in Hamburg-Lurup herunter. Dabei weiß die Polizei Bescheid. | |
Bild: Mit Farbe kann man Unliebsames an Wänden übermalen: Mal dauert das län… | |
Hamburg taz | Stellen Sie sich vor: Samstagmorgen, Zeit für den | |
Wocheneinkauf. Sie fahren also zum Supermarkt. Beim Einbiegen auf den | |
Parkplatz stellen Sie fest, dass an einer naheliegenden Hauswand neues | |
Graffiti aufgetaucht ist. Eigentlich nichts Ungewöhnliches. Bis sie genauer | |
hinsehen und feststellen, dass es nicht irgendein Graffiti ist, sondern | |
verfassungswidrige, rechtsextreme Symbole. Die Worte „Heil Hitler“, „Sieg | |
Heil“ und zahlreiche Hakenkreuze sowie die Zahl 88 thronen über dem | |
Parkplatz. „Moslem tot“ und „KZ“ steht auch dort. Zwei Tage später sin… | |
erneut am Parkplatz. Das Graffiti? Noch da. | |
So oder so ähnlich dürfte es einigen Menschen im Hamburger Stadtteil Lurup | |
gegangen sein. Denn laut dem Eigentümer des Hauses entstanden die | |
rechtsextremen Symbole und Parolen in der Nacht vom vergangenen Freitag. | |
Tagelang wurden sie geduldet, verunstalteten das Gebäude – und zogen | |
vermutlich zahlreiche Blicke auf sich. | |
Eine Leserin schreibt der taz am Sonntag, die Polizei sei bereits mehrfach | |
über die verfassungswidrigen Symbole an der Wand informiert worden – | |
passiert sei bisher: Nichts. Erst am Dienstagmorgen werden die riesigen | |
Hakenkreuze übermalt. Wie kann es sein, dass die Nazi-Symbole mehrere Tage | |
bleiben durften, obwohl [1][die Polizei] Bescheid wusste? Die Antwort ist | |
einfach: Bürokratie. | |
So erklärt es jedenfalls das zuständige Polizeikommissariat am Montag auf | |
taz-Nachfrage: „Das ist uns bekannt. Wir sind da dran, die Anzeige ist | |
schon geschrieben. Wir warten gerade, wer es wegmacht.“ Die Polizei scheint | |
also selber nicht zu wissen, wer für die Entfernung von Nazi-Symbolen | |
zuständig ist. „Die Stadtreinigung sieht sich nicht zuständig, weil es ein | |
Privatgrundstück ist. Die können das ja nicht einfach wegmachen und dann | |
irgendwem in Rechnung stellen.“ | |
## Stadtreinigung auf Privatgrund nicht zuständig | |
Das bestätigt [2][die Stadtreinigung] der taz: „Wir sind nur auf | |
öffentlichem Grund zuständig.“ Es sei auch nicht möglich, dass die Polizei | |
der Stadtreinigung einen Auftrag erteilt und dem Eigentümer die Kosten in | |
Rechnung stellt. „Wir rühren nichts Privates an. Das dürfen wir auch gar | |
nicht.“ | |
Gut, dass die Stadtreinigung nicht einfach auf privatem Grund arbeiten | |
darf, ist verständlich. Wer sich stattdessen um die Entfernung kümmern | |
muss, beantwortet Benjamin Grunst, Fachanwalt für Strafrecht. „Bei der | |
Verwendung verfassungswidriger Symbole trifft den Eigentümer der Wand eine | |
Pflicht zur Entfernung, so lange die öffentliche Ordnung und Sicherheit | |
durch das Graffiti gefährdet wird. Wenn der Eigentümer dem nicht nachkommt, | |
muss die Ordnungsbehörde tätig werden als Ersatzvornahme.“ Wann genau die | |
Ordnungsbehörde tätig werden muss? Unklar. „Aber die Maßnahmen müssten in | |
angemessener Zeit angestoßen werden“, so Grunst. | |
Welche Zeit als angemessen gilt, ist offenbar auch irgendwie | |
Ermessenssache. Ein Beispiel: Im vergangenen Jahr hatten | |
Antifaschist*innen auf einer Plakatwand am alternativen Kulturzentrum | |
„Rote Flora“ im Schanzenviertel 13 Tipps gegeben, was man gegen die AfD tun | |
könne. [3][In diesem Fall hatten Beamte noch am selben Tag selbst zum | |
Pinsel gegriffen] und die Liste übermalt. Wegen Verdachts der öffentlichen | |
Aufforderung zu Straftaten ermittelte dann der Staatsschutz. Und klar, die | |
Eigentumsverhältnisse bei der „Roten Flora“ sind komplizierter als bei | |
einem normalen Grundstück. Aber „Moslem tot“ und „KZ“ klingen auch nach | |
einer öffentlichen Aufforderung zur Verübung von Straftaten. | |
Letztendlich hat sich der Eigentümer des Gebäudes am Dienstagmorgen selbst | |
gekümmert, dass das Graffiti übersprüht wird. Mit dem Haus habe er schon | |
häufiger Probleme gehabt. Langfristig wolle er es ohnehin abreißen. Dass | |
nun das Graffiti aufgetaucht ist, sei auch für ihn extrem ärgerlich. Die | |
Symbole sind mittlerweile nicht mehr zu sehen. Aber der Eindruck bleibt: | |
Nazi-Symbole wurden tagelang geduldet – öffentlich für alle sichtbar. | |
28 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Louisa Eck | |
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