# taz.de -- Bürgerforum fordert Steuergerechtigkeit: Brav, mit einem Hauch Rev… | |
> Ein Bürgerrat soll Vorschläge zur Steuergerechtigkeit machen. In einer | |
> ersten Befragung einigten sich die Teilnehmenden auf höhere Steuern für | |
> Reiche. | |
Bild: Ewig leidiges Thema: Das Geld | |
Leute mit hohen Einkommen und Vermögen sollten etwas mehr Steuern zahlen, | |
Haushalte mit niedrigeren Verdiensten etwas weniger. Das sind zwei Wünsche, | |
auf die sich rund 18.000 Bürger:innen tendenziell einigen konnten. Sie | |
beteiligten sich an einer Onlinebefragung, die den ersten Teil der | |
„Bürgerdebatte Gerechte Steuern und Finanzen“ bildet. | |
Durchgeführt wird das Verfahren von der Organisation Mehr Demokratie, dem | |
eher linken Netzwerk Steuergerechtigkeit und dem konservativen Bund der | |
Steuerzahler. Dass diese gegensätzlichen Akteure zusammenkommen, liegt an | |
ihrem Interesse, aus einer gemeinsam empfundenen Sackgasse herauszufinden. | |
Der Rat stellte sich folgende Fragen: Was wollen und können wir uns als | |
Gemeinschaft leisten? Wer soll bezahlen? Es geht vor allem um die rund eine | |
Billion Euro, die der deutsche Staat jährlich von den Privathaushalten und | |
Unternehmen als Steuern erhält, aber auch um soziale Absicherung. | |
An der Onlinebefragung konnte teilnehmen, wer wollte. Auf der Basis der | |
Ergebnisse folgt im Juni in Erfurt ein Bürgerrat mit 40 gelosten | |
Teilnehmenden, die die Bundesbevölkerung annähernd repräsentativ abbilden. | |
Die Empfehlungen dieses Gremiums werden dann der Politik zur Verfügung | |
gestellt – in der Hoffnung, dass sie beispielsweise in die Gesetzgebung der | |
Bundesregierung einfließen. Ein ähnliches Gremium zog der Bundestag 2023 | |
erstmals offiziell zurate – Thema: „Ernährung im Wandel“. | |
Die Onlinebefragung zu Steuern und Finanzen hat nun 14 „beliebte Ideen“ | |
zutage gefördert, die von den Teilnehmenden eingebracht wurden. Zu diesen | |
gehören Positionen wie „[1][hohe Einkommen, Vermögen, Erbschaften], | |
[2][große und internationale Konzerne] stärker besteuern“ sowie | |
„Steuervermeidung und -hinterziehung verfolgen“. Kleine und mittlere | |
Verdienste sollen demgegenüber eher entlastet werden. Das Gleiche gilt für | |
die Renten. Auch die Mehrwertsteuer auf Produkte des täglichen Bedarfs | |
müsse sinken. | |
Daneben gibt es eine Anzahl von Ideen, die man als staatskritisch einstufen | |
könnte. Die Mehrheit der Online-Teilnehmenden sprach sich dafür aus, | |
tatsächliche oder vermeintliche finanzielle Vorteile für Beamt:innen und | |
Politiker:innen zu reduzieren, sie zum Beispiel verpflichtend in die | |
gesetzliche Sozialversicherung einzubeziehen. In dieser Abteilung rangieren | |
auch die mehrheitsfähigen Forderungen, den Staatsapparat zu verkleinern und | |
mehr Transparenz und Kontrolle der Staatsausgaben herzustellen. | |
Auf 15 umstrittene Positionen konnten sich die 18.000 Leute dagegen nicht | |
einigen. Dazu gehörten Forderungen aus dem [3][linken Spektrum], wie die | |
Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens. Über die von Grünen und | |
Sozialdemokraten verlangte Abschaffung des Ehegattensplittings gab es | |
keinen Konsens, ebenso wenig über eine Politik, die „klimafreundliches | |
Verhalten“ mittels Abgaben steuern soll. Aber auch bestimmte Ansätze der | |
rechten Seite fielen eher durch: Staatsausgaben reduzieren, Schulden | |
vermeiden, Unternehmen entlasten und Sozialausgaben einschränken. | |
Radikale Positionen beider Seiten haben demnach wenig Chancen. In dieser | |
Hinsicht betonte Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit, | |
dass sich in dem Verfahren mindestens drei Lager zeigten – neben sozial | |
Engagierten und wirtschaftlich Konservativen auch eine große Gruppe, die | |
sich unorthodox ihre Ideen mal hier, mal da zusammensucht. | |
So deutet sich hier vielleicht wieder einmal an, was Bürgerräte aufgrund | |
ihrer zufälligen Zusammensetzung gut können: Politische Konsense | |
erarbeiten, die die institutionelle Politik mitunter nicht hinkriegt. Ob | |
jene von dieser dann umgesetzt werden, steht allerdings auf einem anderen | |
Blatt. Beim Bundestag-Bürgerrat Ernährung hat das bisher jedenfalls nicht | |
geklappt. | |
26 May 2025 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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