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# taz.de -- Wasserstofffabrik statt Vogelschutz: Die Rohrdommel im „Green Ene…
> Im Wilhelmshavener Voslapper Groden-Nord soll ein wertvolles
> Vogelschutzgebiet einer Wasserstoffabrik weichen. Naturschützer
> kritisieren die Pläne.
Bild: Eingezwängt zwischen Raffinerie (vorn) und Chemiewerk: Im Voslapper Grod…
Hannover taz | Wenn Niedersachsens neuer Wirtschaftsminister Grant Hendrik
Tonne (SPD) und der ehemalige Umweltminister Christian Meyer (Grüne) an
diesem Montag nach Wilhelmshaven reisen, um das zweite LNG-Terminal
einzuweihen, werden sicher wieder diese Stichworte fallen:
„Deutschlandgeschwindigkeit“, „Niedersachsengeschwindigkeit“, „Chance…
Energiewende“, „Drehscheibe für die Energie der Zukunft“. In der
niedersächsischen Landesregierung ist man stolz darauf, wie schnell und
umfassend man auf die Gaskrise reagiert hat.
Bei einem anderen Projekt war das Tempo allerdings so hoch, dass die Stadt
Wilhelmshaven sprichwörtlich über ihre eigenen Füße gestolpert ist.
Ausgerechnet [1][im Naturschutzgebiet Voslapper Groden] plant die belgische
Firma Tree Energy Solutions (TES) den Bau einer gewaltigen
Wasserstofffabrik auf einer Fläche von 145 Hektar. Daran gab es von Anfang
an Kritik, [2][wie die Nordwest-Zeitung (NWZ) berichtet]. Aktuell dreht das
Verfahren zur Bauleitplanung eine Ehrenrunde, da die Unterlagen und
Gutachten beim ersten Mal nicht vollständig waren. Da half auch die extra
kurz gehaltene Auslegungsfrist zwischen dem 2. Oktober und dem 15. November
2023 nichts.
Der Nabu Niedersachsen hat – anlässlich des [3][Natura-2000-Tages] am 21.
Mai – seine Kritik an dem Vorhaben jüngst erneuert. Denn die Naturschützer
befürchten einen Dammbruch: Denn das Gebiet, in dem TES seinen „Green
Energy Hub“ plant, liegt nicht in irgendeinem Naturschutzgebiet, sondern in
einem der „wertvollsten EU-Vogelschutzgebiete Deutschlands“. Wenn selbst so
hochwertige Natura-2000-Schutzgebiete zur Disposition stehen, fragt der
Nabu-Landesvorsitzende Holger Buschmann, wo soll Naturschutz dann überhaupt
noch Bestand haben?
## Einzigartiges Biotop-Mosaik
Der Voslapper Groden-Nord ist ein international bedeutendes Brut- und
Rastgebiet bedrohter Vogelarten. Hier tummeln sich unter anderem
Rohrdommeln, Tüpfelsumpfhühner, Blaukehlchen, Rohrschwirle,
Schilfrohrsänger und Wasserrallen. Das war nicht immer so: Das Gebiet war
ursprünglich als Industriegelände angelegt, es liegt eingezwängt zwischen
einem Chemiewerk im Norden und der Raffinerie im Süden und liegt schon so
lange brach, dass sich hier ein einzigartiges Biotop-Mosaik entwickeln
konnte. Seit 2007 steht es unter Naturschutz.
Die Firma TES verspricht, Ausgleichsflächen zu schaffen. Die Naturschützer
halten diese jedoch kaum für adäquat – weil es sich um Arten handelt, die
sich nicht so leicht umsiedeln lassen.
Für die TES ist die Lage allerdings ebenfalls von entscheidender Bedeutung.
Die Belgier haben nämlich große Pläne. Aktuell geht es in Wilhelmshaven
zwar „nur“ um den Import von LNG-Gas als Ersatz für russisches Gas.
[4][Langfristig wollen sie hier aber „e-NG“ nutzen]. Das ist der schicke
Name für mittels Wasserelektrolyse hergestelltes Methan, das – wenn dazu
erneuerbare Energien genutzt werden – klimaneutral, also grün ist.
## Stadt hofft auf Prestigegewinn
Im Gegensatz zu Wasserstoff kann es ohne große Umrüstungen genauso
transportiert und verbraucht werden wie herkömmliches, fossiles Erdgas.
Damit kann also die bestehende Infrastruktur weitergenutzt werden.
Gleichzeitig plant das Unternehmen, am Standort grünen Wasserstoff zu
erzeugen und das dabei anfallende CO2 in verflüssigter Form zu exportieren.
Wilhelmshaven bietet mit seinem Tiefseehafen und dem Anschluss ans Erdgas-
und Schienennetz dafür optimale Voraussetzungen, so die Firma in ihren
Projektbeschreibungen. Außerdem liefern Offshore-Windparks günstige
Energie.
Für die chronisch klamme Stadt klingt das natürlich reizvoll: Man
spekuliert auf Gewerbesteuereinnahmen, bis zu 700 neue Arbeitsplätze und
einen nicht unerheblichen Prestigegewinn. Allerdings ist es auch eine Wette
auf die Zukunft, denn niemand weiß, ob dieses bisher unerprobte
Geschäftsmodell aufgeht. Der Ansatz ist umstritten, da bei den
Umwandlungsprozessen viel Energie verloren geht. Außerdem befürchten
einige, dass die Nutzung von E-Methan die Umrüstung auf Wasserstoffnetze
verzögert oder gar verhindert. Möglicherweise, [5][unken manche,
funktioniert dieses Geschäftsmodell auch nur, solange damit gleich mehrere
Subventionsprogramme] angezapft werden können.
25 May 2025
## LINKS
[1] /Wasserstoff-Anlage-im-Naturschutzgebiet/!5959522
[2] https://www.nwzonline.de/wilhelmshaven/wasserstofffabrik-in-wilhelmshaven-m…
[3] /Klage-von-Nordsee-Fischern-abgelehnt/!6089447
[4] https://tes-h2.com/de/green-cycle/schritt-3-e-ng
[5] https://www.golem.de/news/klimaschutzvertraege-die-kontroverse-um-synthetis…
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Wasserstoff
LNG
Wilhelmshaven
Naturschutz
Vogelschutz
Wasserstoff
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