# taz.de -- Die Wahrheit: Oktoberfest im Kosmos | |
> In Bayern dahoam, im All zu Hause: Ein gar himmlischer Besuch im spacigen | |
> Space-Center Oberpfaffenhofen. | |
Bild: Bayern: Auf in die Weiten des blau-weißen Universums! | |
Die Schreie aus der Kapsel der Humanzentrifuge gehen uns durch Mark und | |
Bein. Das Tempo des Trainingsgeräts im Oktoberfest-Design nähert sich | |
stramm dem Fünffachen der Erdbeschleunigung. Leider ist der Tag für die | |
angehenden Astronauten damit noch längst nicht beendet. | |
Während aus den Lautsprechern die ebenfalls immer schneller werdende | |
„Grainauer Löffelpolka“ dröhnt, erhebt sich Professor Wanderbichl vom | |
Bedienpult und tänzelt im fahrig performten Moonwalk auf uns zu. „Herzlich | |
willkommen im brandneu gestalteten Zentrum für Luft- und Raumfahrt in | |
Oberpfaffenhofen“, begrüßt uns der Ingenieur per Handschlag. | |
Gottlieb Wanderbichl ist Direktor der noch jungen „Bavarian Aeronautics and | |
Space Administration“ (Basa) und hat uns zu einem Rundgang über seinen | |
frisch eingeweihten Weltraumbahnhof eingeladen. Nach der Transformation des | |
Bundesbildungsministeriums in ein CSU-geführtes „Ministerium für Forschung, | |
Technologie und Raumfahrt“ ist aus dem ehemaligen Kuhkaff in kürzester Zeit | |
ein oberbayerisches Houston geworden. | |
„Die Entscheidung, das milliardenschwere ‚Sondervermögen Infrastruktur‘ … | |
auf den letzten Cent für all das hier auszugeben, hat sich Ministerin Doro | |
Bär nicht leicht gemacht“, schwindelt der Astrophysiker. „Aber andererseits | |
– greifen wir Bayern nicht nach den Sternen, tut es halt koaner!“ | |
## Planeten sollen bayerische Vornamen tragen | |
Wenig später sitzen wir mit Wanderbichl unter der Kuppel seines spacigen | |
Planetariums. „Klar wollen wir der Raumfahrt auch inhaltlich unseren | |
Stempel aufdrücken“, berichtet der Raketenforscher aus dem himmlischen | |
Nähkästchen. „Dazu haben wir bei der Internationalen Astronomischen Union | |
(IAU) die Umbenennung sämtlicher Planeten des Sonnensystems in bayerische | |
Vornamen beantragt. Aus Mars, Venus und so weiter wird demnächst Schorsch | |
und Gustl, Wastl, Sepp, Vroni und Beppo!“ | |
Durch eine Schallschutztür betreten wir die hypermoderne Horchanlage der | |
Einrichtung nahe dem idyllischen Weßlinger See. An einem guten Dutzend | |
Bildschirmen sitzen Wissenschaftler mit voluminösen Kopfhörern und lauschen | |
über in der ganzen Welt verteilte Radioteleskope ununterbrochen ins | |
kosmische Hintergrundrauschen. | |
„Sicher haben Sie schon von unserem Sebi-Programm gehört“, spielt | |
Wanderbichl auf die „Search for extrabavarical Intelligence“ genannte Suche | |
nach halbwegs gescheiten Außerirdischen an. „Dass wir in den Tiefen des | |
Alls etwas finden, ist zwar sehr unwahrscheinlich“, muss der Akademiker | |
zugeben. „Streng genommen gibt es Intelligenz außerhalb von Bayern ja noch | |
nicht einmal auf unserem Heimatplaneten. Sollte aber auch nur das geringste | |
Risiko bestehen, dass Aliens die Erde ansteuern, um nach ihrer Landung im | |
Freistaat Asyl zu beantragen, möchten wir natürlich möglichst wenig | |
einladend wirken“, warnt der Professor. „Um abzuschrecken, schießen wir | |
deshalb regelmäßig Sonden mit Bild- und Tonmaterial von sturzbesoffenen | |
jodelnden Oktoberfestbesuchern in den Kosmos.“ | |
Nachdem Wanderbichl uns in der Oberpfaffenhofener Cafeteria eine Portion | |
flüssige Astronauten-Schweinshaxe aus der Tüte spendiert hat, zeigt er uns | |
mit dem riesigen Kontrollraum das Herzstück des Komplexes. Via Monitor | |
können wir die letzten Vorbereitungen für einen unmittelbar bevorstehenden | |
Raketenstart beobachten. An den bereits restlos verkohlten Ufern des nahen | |
Weßlinger Sees werden hektisch Fässer mit Atommüll für die Reise in die | |
extraterrestrische Ewigkeit verladen. | |
## Wind aus den Segeln nehmen | |
„So nehmen wir den Kernkraftrückkehrgegnern in Sachen Endlagerproblematik | |
natürlich den Wind aus den Segeln“, schnalzt der bekennende AKW-Fan mit der | |
Zunge. Wie riskant die Operation wirklich ist, erfahren wir nur Minuten | |
später. Als der interstellare Castor-Transport mit feuerspeienden | |
Triebwerken die Stratosphäre erreicht, ohne zu explodieren, schleudern | |
Wanderbichls Mitarbeiter jubelnd ihre Lodenhoodies in die Luft. | |
Mittlerweile ist es früher Abend. Nach unserem Besuch in der Schneiderei | |
für Trachten-Raumanzüge will Professor Gottlieb Wanderbichl sich gerade von | |
uns verabschieden, da klatscht er sich mit der flachen Hand auf die Stirn. | |
„Himme, Oarsch und Woiknbruch! Die Humanzentrifuge!“ | |
Nach einem Sprint zurück in die Trainingsabteilung stoppt er das seit | |
viereinhalb Stunden am Limit laufende Folterinstrument per Notschalter. | |
Die Erleichterung folgt auf dem Fuß. Dem prominenten Astro-Tandem Markus | |
Söder und Alexander Dobrindt geht es, abgesehen vom grünen Teint und der | |
schlaff herunterhängenden Gesichtsmuskulatur, blendend. Das verzweifelte | |
Röcheln auf Wanderbichls Frage nach einem zweiten Durchgang legen wir | |
zulasten der CSU-Alphamännchen nicht ganz wahrheitsgemäß als „haut scho“ | |
aus. | |
Möge das Universum uns verzeihen. | |
20 May 2025 | |
## AUTOREN | |
Patric Hemgesberg | |
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