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# taz.de -- Nachruf: Bis zuletzt im Kampf für Frieden mit der PKK
> Der Politiker Sirri Süreyya Önder, ein aufrechter Linker, ist am
> vergangenen Samstag im Alter von 62 Jahren in Istanbul gestorben.
Bild: Sirri Süreyya Önder bei einer Pressekonferenz im Juli 2015 in Istanbul
Istanbul taz | „Güle, Güle, Sirri Süreyya“. Wohl noch nie in der Türkei…
ein linker Politiker so prominent von der Staatspresse verabschiedet worden
wie Sirri Süreyya Önder am Sonntag auf dem Titel der Zeitung Hürriyet. Der
Politiker, Filmemacher, Schauspieler und Kolumnist, der am
Samstagnachmittag starb, spielte in den letzten Monaten seines Lebens eine
Hauptrolle bei den Verhandlungen zwischen dem türkischen Staat und der
kurdischen PKK-Guerilla und deren inhaftiertem Führer Abdullah Öcalan.
Es war Önder, der den seit 25 Jahren inhaftierten Öcalan auf seiner
Gefängnisinsel Imrali besuchte, es war Önder, der mit anderen
VertreterInnen der kurdischen DEM-Partei die PKK-Chefs im Nordirak traf,
und es war Önder, der im Parlament für eine Friedenslösung mit der PKK
warb.
Für Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der darauf drängt, dass die PKK ihren
bewaffneten Kampf beendet, war Önder so wichtig, dass er sich vor wenigen
Wochen persönlich mit ihm traf und nach Önders Aorta-Riss vor 18 Tagen
dafür sorgte, dass dieser bestmöglich versorgt wurde. Doch es half nichts,
Önder starb am Samstag mit 62 Jahren und wurde am Sonntag in Istanbul
beerdigt.
Önder war vieles, vom Reifenhändler, Hochzeitsfotografen, Filmemacher und
Journalisten bis zum Parlamentsvizepräsidenten, er war aber vor allem eins:
ein aufrechter Linker. Mehrfach saß er aus politischen Gründen in Haft,
zuletzt von Dezember 2018 bis Oktober 2019, doch er blieb standhaft.
## Bei Gezi-Protesten dabei
Er kämpfte für eine demokratische, friedliche Türkei während der
Gezi-Proteste 2013, wo er sich als damals noch unabhängiger Abgeordneter
den Baggern im Gezi-Park in den Weg stellte. Und er gehörte schon 2014,
nachdem er der kurdisch-linken HDP-Fraktion beigetreten war, zum
Verhandlungsteam beim ersten Versuch eines Friedensabkommens mit der PKK,
der 2015 scheiterte.
Önder war kein ethnischer Kurde, aber der Meinung, dass eine demokratische,
friedliche Türkei ohne eine Lösung der Kurdenfrage unmöglich sei. Er blieb
als einer der wenigen Nichtkurden – er stammt aus einer turkmenischen
Familie – in der DEM, der Nachfolgepartei der HDP, und drängte auf
Verhandlungen.
Nachdem der rechtsnationale Parteichef der MHP, Devlet Bahceli, im Oktober
2024 eine Neuauflage von Verhandlungen mit der PKK vorgeschlagen hatte, war
es Önder, der aus der Führungsgruppe der DEM den Vorschlag aufnahm und mit
der wichtigsten weiblichen DEM-Politikerin Pervin Buldan zu Öcalan fuhr.
Doch selbst als Abdullah Öcalan Ende Februar die Auflösung der PKK und die
Entwaffnung der Guerilla verkündete, passierte nichts. Stattdessen ließ
Erdoğan Mitte März den Istanbuler Oberbürgermeister Ekrem Imamoğlu
inhaftieren und provozierte so bis heute anhaltende Proteste. In dieser
angespannten Situation wird Sirri Süreyya Önder fehlen.
4 May 2025
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Türkei
PKK
Abdullah Öcalan
GNS
PKK
Schwerpunkt Türkei unter Erdoğan
Türkei
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