| # taz.de -- Studie zu Kita-Verteilung in Deutschland: Weniger Kitas in ärmeren… | |
| > Wo mehr Armutsbetroffene, gibt es weniger Kita-Plätze als in reicheren | |
| > Wohngegenden. Das ist problematisch für die Chancengerechtigkeit. | |
| Bild: Nicht alle Kinder bekommen einen Kitaplatz – darunter leiden besonders … | |
| Berlin (dpa) | In ärmeren Stadtvierteln in Deutschland stehen Eltern oft | |
| weniger Kita-Plätze für ihre Kinder zur Verfügung als in wohlhabenderen | |
| Quartieren. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Instituts der | |
| deutschen Wirtschaft (IW). „Dort, wo frühkindliche Bildung am dringendsten | |
| gebraucht wird und am effizientesten nützt, ist sie am rarsten“, schreibt | |
| das arbeitgebernahe Institut in seiner Erhebung „Ungleichheiten lokaler | |
| Kita-Versorgung“, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. | |
| ## 52 Städte unter der Lupe | |
| Die Forscher haben die Kita-Situation in mehr als 2.600 Quartieren von 52 | |
| Städten untersucht, zu denen kleinräumige offizielle Daten etwa über | |
| Familienstrukturen und Abhängigkeit der Bewohner von staatlichen Leistungen | |
| vorliegen. Das Ergebnis: Zwar ist es seit dem Rechtsanspruch auf einen | |
| Kita-Platz ab zwei Jahren 2013 zu „einem enormen Ausbau“ an solchen Plätzen | |
| gekommen. „Dennoch konnte das Angebot nicht mit der noch stärker | |
| gestiegenen Nachfrage Schritt halten.“ Eltern [1][von schätzungsweise | |
| 300.000 Kindern] hätten zuletzt vergeblich einen Kita-Platz gesucht. | |
| Am Schwierigsten gestaltet sich die Suche nach den Ergebnissen der | |
| IW-Forscher ausgerechnet in den Vierteln, in denen es Kinder wegen der | |
| härteren sozialen Lage der Eltern ohnehin mühsamer haben. Zwar könne es | |
| auch unterschiedliche Meinungen in den Familien geben, ob man das Kind in | |
| die Kita gibt oder nicht. Doch vor allem stellen die Forscher eine | |
| „Versorgungslücke“ fest: Sozial prekär gestellten Elternhäusern gelingt … | |
| demnach seltener als gut situierten, den Wunsch nach Kita-Betreuung in | |
| Erfüllung gehen zu lassen. | |
| ## Spitzenreiter Heidelberg | |
| Konkret: Die 20 Prozent der Stadtviertel mit der niedrigsten Quote an | |
| Grundsicherungsbeziehenden sind um rund 16 Prozent besser mit Kitas | |
| versorgt als der jeweilige Stadtdurchschnitt. Und die 20 Prozent mit den | |
| meisten Leistungsempfängerinnen und -empfängern weisen laut der Studie rund | |
| 5 Prozent weniger Kitas auf. „Mitunter besteht eine doppelt, dreifach oder | |
| sogar vierfach so gute Versorgung eines sozio-ökonomisch gut gestellten im | |
| Vergleich mit einem prekären Stadtteil.“ | |
| Innerhalb derselben Stadt gebe es in wohlsituierten Vierteln im Schnitt ein | |
| Drittel mehr Kitas pro einer bestimmten Anzahl Kinder als in ökonomisch | |
| prekär aufgestellten Räumen. Doch auch zwischen den Städten gebe es | |
| Unterschiede, so die Forscher. Besonders gut schneidet in deren | |
| Städte-Ranking Heidelberg ab – hier kommen auf eine erreichbare Kita 61 | |
| Kinder. Am unteren Ende dieser Auflistung stehen Gelsenkirchen und Krefeld | |
| mit jeweils 166 Kindern. | |
| ## Hauptgrund: Freie Kitas in Boom-Vierteln | |
| In den Gebühren sehen die Forscher nur einen möglichen Grund für die | |
| Entscheidung der Eltern, Kinder keine Kita besuchen zu lassen. Fähigkeit | |
| und Bereitschaft, die Gebühren zu tragen, seien unterschiedlich. Doch | |
| verweisen die Forscher auch auf die Abschaffung der Gebühren in vielen | |
| Ländern und Kommunen. Auch seien unter den Eltern mit niedrigerem sozialen | |
| Status und Migrationshintergrund öfter Menschen, denen es nicht so leicht | |
| falle, volle Informationen einzuholen und einen der raren Kita-Plätze zu | |
| ergattern. | |
| Als Hauptgrund für die ungleiche Kita-Verteilung sieht die Studie, „dass | |
| sich konfessionelle und privat-gemeinnützige Kitas deutlich häufiger in | |
| prosperierenden Quartieren ansiedeln als in sozial schwachen Stadtteilen“. | |
| In besser gestellten Stadtteilen habe es eine deutliche Ausweitung | |
| öffentlich bezuschusster Kita-Angebote mit gemeinnütziger Trägerschaft | |
| gegeben. | |
| ## Nachfrage besser gestellter Familien höher gewichtet? | |
| Doch warum werden in ärmeren Vierteln nicht ebenso viele Kitas gebaut? | |
| „Erstens priorisieren Kommunen möglicherweise die Nachfrage von sozial | |
| besser gestellten Familien, weil diese Gruppen ihre Bedarfe und Ansprüche | |
| besser kommunizieren.“ Zweitens träfen konfessionelle und | |
| frei-gemeinnützige Träger oft auch eigene Standortentscheidungen – und | |
| inzwischen befänden sich rund zwei Drittel der Kita-Plätze unter ihrem | |
| Dach. | |
| In Westdeutschland wirkten die Städte dem Trend zur ungleichen Verteilung | |
| der Kitas teilweise entgegen, so die IW-Forscher – mit kommunalen Kitas. In | |
| ostdeutschen Städten hingegen sei der Trend zur Ungleichheit durch mehr | |
| Kitas in bessergestellten Vierteln besonders deutlich. | |
| ## Verfestigung von Ungleichheit | |
| Für die Forscher ist die ungleiche Verteilung der Kitaplatz- und somit | |
| Bildungschancen „fatal“, wie sie schreiben. Denn so komme es vermutlich zu | |
| „Reproduktion von sozio-ökonomischen Chancenungleichheiten“ – sprich | |
| soziales Gefälle werde nicht weniger, sondern mehr. | |
| Studienautor Matthias Diermeier sagte der dpa: „Das Geld, das in Kitas | |
| investiert wird, kommt nicht ausreichend da an, wo es ankommen sollte.“ | |
| Diermeier warnt vor einer Verfestigung von Ungleichheitsstrukturen. | |
| ## Auch gute Schulnoten ungleich verteilt | |
| Erst vor rund zwei Jahren hatte die internationale Bildungsstudie PISA | |
| Deutschland kein gutes Zeugnis ausgestellt. Die Unterschiede in Mathematik, | |
| Lesen und Naturwissenschaften – hieß es damals – seien in kaum einem Land | |
| so groß wie in Deutschland. Der Effekt der sozialen Herkunft sei | |
| hierzulande besonders groß. Das IW verweist nun auf diese PISA-Studie – und | |
| mahnt mehr Anstrengungen dafür an, dass alle von frühkindlicher Bildung als | |
| Basis für den weiteren Weg profitieren können. | |
| 29 Apr 2025 | |
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