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# taz.de -- Neues Guggenheim Museum in Spanien: Kunst über Natur
> Die US-amerikanische Guggenheim Stiftung möchte in einem spanischen
> Biosphärenreservat ein neues Museum bauen. Das sorgt für Protest.
Bild: Protest im spanischen Gernika gegen den Bau des Guggenheim-Museums, Oktob…
Madrid taz | Das Guggenheim-Museum im baskischen Bilbao ist ein Erfolg.
[1][Ein einstiges Industriegelände wurde zum weltweiten Touristenmagneten.]
Jetzt will die US-amerikanische Solomon R. Guggenheim Stiftung dies
wiederholen.
In der nordspanischen Stadt Gernika und am Flusslauf des Oka sollen auf
verlassenem Industriegrund zwei Gebäude entstehen, die durch einen sechs
Kilometer langen Weg verbunden werden. Unterstützt wird dieses Vorhaben von
den Regierungen der Provinz Bizkaia, des Baskenlandes und der in Madrid.
Spätestens 2027 soll Baubeginn es sein.
Doch es regt sich Protest. Denn eines der beiden Gebäude und ein Großteil
des Laufsteges sollen mitten in einem UNESCO-Biosphärenreservat entstehen.
Der Unterlauf des Oka ist gezeitenabhängig. Urdaibai heißt die Gegend am
Atlantik aus 22.000 Hektar Sumpflandschaften, Mäander und Marschland, die
729 verschiedenen Tierarten und 821 unterschiedlichen Pflanzen Heimat
bieten.
„Es ist einfach nicht der Ort für ein solches Großprojekt, das jährlich
über 140.000 Besucher anlocken soll“, beschwert sich Eider Gotxi,
Sprecherin der Initiative „Guggenheim Urdaibai Stop“. Urdaibai ist das
einzige Biosphärenreservat im Baskenland. Es entstand in den 1980er Jahren
nachdem die Bewohner der Region erfolgreich einen Bebauungsplan des
Flussufers verhinderten.
## Regierungen schwächen Umweltgesetz ab
Für die Umweltschützer ist das Bauvorhaben Guggenheim mit der
Umweltgesetzgebung nicht vereinbar und deshalb „illegal“. Doch genau das
ändert sich nach und nach. „Die Provinzregierung in Bizkaia und die
baskische Autonomieregierung ändern Städtebaubestimmungen auf Gemeinde- und
Provinzebene“, weiß Gotxi.
Und das Umweltministerium in Madrid hat gar Hand an das Gesetz zum
Küstenschutz gelegt. Genau dort, wo auf dem Gelände einer alten Werft eines
der beiden Gebäude entstehen soll, wurden die in ganz Spanien geschützten
ersten 100 Meter vom Wasser aus auf nur 20 Meter zusammengestrichen.
Statt nach Ende des Werftbetriebes zum Naturschutzgebiet hinzuzukommen,
wird das Gelände damit einmal mehr zur Bebauung freigegeben. „Nur so kann
das Museum gebaut werden. Denn ohne diese Gesetzesänderung wäre kein Platz
zwischen der Küstenlinie und einer Bahnstrecke“, sagt Gotxi.
Das Gesetz wurde 2023 geändert. Just nachdem die baskische nationalistische
Partei (PNV), [2][die in Koalition mit den Sozialisten in der Autonomie
regiert], mithalf den sozialistischen spanischen Ministerpräsidenten Pedro
Sánchez in Madrid ins Amt zu wählen. „Urdaibai war wohl der Preis dafür“,
sagt Gotxi.
Was die Gesetzesänderung ignoriert: Große Teile von Urdaibai sind für den
Weltklimarat der Vereinten Nationen Gebiete, [3][die durch das Ansteigen
des Meeresspiegels in Folge des Klimawandels überschwemmt werden könnten.]
## „Glaubst Du, dass dieses Paradies Zement braucht?“
Die Guggenheim Stiftung wird das ganze Vorhaben so gut wie nichts kosten.
130 Millionen Euro soll das Museum mit seinen beiden Gebäuden und dem Weg
dazwischen mindestens verschlingen.
Die Regierung in Madrid steuert 40 Millionen Euro bei. Damit sollen unter
anderem das Gelände der Werft und das einer mittlerweile abgerissenen
Besteckfabrik in Gernika dekontaminiert werden. Eigentlich müssten das die
Besitzer der beiden Industrieanlagen machen. Die Provinzregierung Bizkaia
steuert weitere 40 Millionen Euro zu. Der Rest soll aus dem Haushalt der
baskischen Autonomieregierung kommen.
Nicht nur Umweltschützer sprechen sich gegen das Vorhaben aus. Auch in der
Kultur sind längst nicht alle begeistert. So hat etwa der in Spanien
bekannte baskische Schauspieler Gorka Otxoa ein Video in den sozialen
Netzwerken veröffentlicht. „Glaubst Du, dass dieses Paradies Zement und
Beton braucht?“ fragt er und bittet um Unterschriften für eine Petition der
Umweltschutzorganisation Greenpeace.
## Baskische Autonomieregierung plant Anhörungsprozess
Andere Kritiker gehen über die Umweltfrage hinaus. So etwa Ramón Zallo,
einst Professor an der Universität des Baskenlandes und lange Jahre Berater
der baskischen Regierung. „Ist es wirklich die Aufgabe der Institutionen
Botschafter für eine erfolgreiche Marke bei ihrer Expansion zu sein? Oder
sollten sie sich eher die Frage stellen, was für Museen unserem Land
fehlen?“, fragt er in einem langen Artikel zum Thema Urdaibai.
Er würde lieber ein Museum der baskischen Geschichte sehen, wie es andere
Nationen ohne Staat haben, etwa im kanadischen Quebec oder im spanischen
Katalonien.
Angesichts der zunehmenden Proteste und Kritik hat die baskischen
Autonomieregierung nach einer Abstimmung im baskischen Parlament einen
„aktiven Anhörungsprozess“ ins Leben gerufen.
Diese Informations- und Diskussionsveranstaltungen für die Bevölkerung
werden von einer Einrichtung der Universität des Baskenlandes und der
Columbia University in New York durchgeführt. Egal was dort als
Mehrheitsmeinung herauskommt, verpflichtend ist es nicht.
29 Apr 2025
## LINKS
[1] /Staedtetourismus-in-Spanien/!5944687
[2] /Separatisten-feiern-Erfolg-im-Baskenland/!6003309
[3] /Nach-der-Flutkatastrophe-in-Spanien/!6062198
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Baskenland
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