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# taz.de -- Magnus-Hirschfeld-Gedenktag: Temporäres Erinnern, anhaltender Hass
> Eine Haltestelle erinnert an den Pionier der Homosexuellen-Bewegung
> Magnus Hirschfeld. Ein wichtiges Zeichen angesichts steigender
> Queerfeindlichkeit.
Bild: Magnus Hirschfeld: Schwul, Jude, Arzt, Aufklärer, Sexualforscher
Berlin taz | Das sanfte Glockenspiel vom Carillon erfüllt den Tiergarten.
Der Park steht in voller Blüte, die Vögel zwitschern. Unter einer üppig
blühenden Eiche versammeln sich am Montagmorgen einige Menschen an der
BVG-Bushaltestelle vor dem Haus der Kulturen der Welt (HKW). Wo sonst
Werbung prangt, ist nun die Zeichnung eines Mannes mit Brille und Schnäuzer
zu sehen. „Schwul, Jude, Arzt, Aufklärer, Sexualforscher, Mitbegründer der
weltweit ersten Homosexuellen-Bewegung“, steht auf der Bildtafel.
„Magnus Hirschfeld lehrt uns, dass Transsein kein Trend ist, sondern schon
in den 1920er Bestandteil von Berlin war“, sagt Alfonso Pantisano, Berlins
Queerbeauftragter. Passend zur Frühlingskulisse im Tiergarten trägt er
einen fliederfarbenen Zweireiher, dazu eine glitzernde Lotusblüten-Brosche.
Anlässlich des [1][90. Todestags des Berliner Sexualwissenschaftlers Magnus
Hirschfeld] weiht Pantisano am Montag zusammen mit Sozialsenatorin Cansel
Kiziltepe (SPD) eine „Gedenk-Haltestelle“ für den schwulen Arzt ein.
Hirschfeld kämpfte in den 1920er Jahren für die Rechte queerer Menschen.
Sein Motto: Durch Wissenschaft zu Gerechtigkeit.
Dort wo heute das HKW in der ehemaligen Kongresshalle angesiedelt ist,
etablierte er 1919 sein Institut für Sexualwissenschaft, an dem bereits vor
fast 100 Jahren die ersten geschlechtsangleichenden Operationen
durchgeführt wurden. Das Institut war das intellektuelle und aktivistische
Zentrum der queeren Bewegungen in Deutschland – bis zur Machtübernahme der
Nationalsozialisten. Sie plünderten und zerstörten es. Hirschfeld floh ins
Exil.
## Höchststand queerfeindlicher Angriffe
Doch Angriffe auf queere Menschen sind kein Phänomen der Vergangenheit. In
Berlin steigen queerfeindliche Straftaten seit Jahren kontinuierlich an.
2023 wurde mit 588 gemeldeten Vorfällen ein neuer Höchststand erreicht.
„Die Angriffe werden immer stärker, immer aggressiver“, sagt Pantisano.
Betroffen sind nicht nur Einzelpersonen, sondern auch queere Schutzräume.
[2][Wiederholt wurde das Café „Das Hofen“ in Neukölln Ziel queerfeindlich…
Angriffe.] Erst vergangene Woche wurde eine Regenbogenflagge der Tipsy Bear
Bar in Prenzlauer Berg abgerissen und in Brand gesteckt. „Wir müssen dafür
kämpfen, dass wir nicht unter den Füßen von autoritären Kräften zertreten
werden“, so Pantisano.
Auch Sozialsenatorin Kiziltepe warnt: „Wir erleben einen gefährlichen
Rollback gegen queeres Leben. Solidarität und Verbundenheit mit der queeren
Community sind heute wichtiger denn je.“ Als Zeichen der Anerkennung und
Erinnerung hat ihr Haus den [3][14. Mai als landesweiten Gedenktag für
Magnus Hirschfeld eingeführt] – seit 2024 wird er jährlich begangen. Das
diesjährige Motto lautet „Sterne seines Queeren Berlins“ und würdigt die
Mitstreiter*innen Hirschfelds, die maßgeblich zur queeren
Emanzipationsbewegung beigetragen haben.
Berliner*innen können die Geschichte über einen Stadtplan und einen
Audiowalk nachverfolgen, rund um den 14. Mai finden Festveranstaltungen
statt. Im HKW zeigt eine Ausstellung im Rahmen der Antidiskriminierungstage
des Bundes das Wirken von Hirschfeld und seinen Mitstreiter*innen.
Die Gedenkhaltestelle wird jedoch nur 6 Wochen bestehen. Eine dauerhafte
Installation sei „technisch nicht möglich“, so eine Vertreterin der
Betreiberfirma Wall. Die Folierung halte nur begrenzte Zeit, die Wartung
sei intensiv und das Vandalismusrisiko groß. Die Gedenkhaltestelle mag
temporär sein – die Angriffe sind es nicht.
12 May 2025
## LINKS
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[2] /Queerfeindliche-Angriffe-in-Berlin/!5988883
[3] /Zum-ersten-Magnus-Hirschfeld-Gedenktag/!6007407
## AUTOREN
Lilly Schröder
## TAGS
Queer
Hasskriminalität
Diskriminierung
Neukölln
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
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