# taz.de -- Mark Zuckerbergs Chatbot-Pläne: Das Geschäft mit der Einsamkeit | |
> Meta-Chef Mark Zuckerberg will von der Vereinzelung der Menschen | |
> profitieren – mit KI-Chatbots. Dabei hat sein Netzwerk Facebook selbst | |
> zur Einsamkeit beigetragen. | |
Bild: Ein Risiko für die psychische Gesundheit wird zur Wachstumschance umgede… | |
Mein Leben verbringe ich im Homeoffice; ich schlafe auch dort. Durch die | |
Wand höre ich meine Nachbarin ein Kommando zu ihrem Home-Assistant | |
sprechen: „Licht an“. Auch sie ist allein. | |
Der Chef des Meta-Konzerns, Mark Zuckerberg, sagte kürzlich [1][in einem | |
Podcast], der durchschnittliche Amerikaner habe drei Freunde, aber ein | |
Verlangen nach 15. Künstlich intelligente Chatbots sollen in die | |
durchschnittlich 12 Freunde große Lücke springen. | |
Wird KI in der Zukunft die zwischenmenschliche Verbindung ganz ersetzten? | |
„Probably no“, antwortete er, „eher nicht“. Eine physische Verbindung s… | |
doch etwas Starkes. Aber die Menschen wollten eben noch mehr Verbindung, | |
während sie wenig Zeit haben. Irritierend. Dabei verdient der Mann doch mit | |
Whatsapp, Facebook und Instagram sein Geld, mit sogenannten sozialen | |
Diensten, deren Sinn die leichtere Vernetzung miteinander ist. | |
Mark Zuckerberg, wie stellt Meta sicher, dass die Beziehungen, die Menschen | |
bereits jetzt zu ihren KI-Chatbots haben, in Zukunft gesund gestaltet sind? | |
Nach dem nächsten Entwicklungssprung, wenn mein Bot mich im Gespräch | |
richtig kennenlernt und sich mir anpassen kann? | |
Man hört ja schlimme Sachen. Dass Bots sich [2][als ausgebildete | |
Therapeuten ausgegeben] haben. Dass die Bots Minderjährige [3][in | |
romantische Rollenspiele verwickeln]. Oder dass eine Mutter [4][gegen | |
Google und Character.ai klagt], weil ihr Sohn sich erst in seinen Bot | |
verliebte und sich dann das Leben nahm. | |
## Unentdeckte Ölfelder | |
Die Einsamkeit liegt in den Herzen, wie unentdeckte Ölfelder vor der Küste | |
Sibiriens. Man muss nur noch hingehen und sie ausbeuten. Das Problem, das | |
der Tech-Konzern Meta mitverursacht hat, will Zuckerberg durch eine | |
Scheinlösung wirtschaftlich nutzen. Ein Risiko für die psychische | |
Gesundheit wird zur Wachstumschance umgedeutet. Aktionär*innen brauchen | |
das, eine starke Vision, wie Zukunftstechnologien im Geschäftsmodell | |
integriert werden. Einsame Menschen nicht. | |
Wo Zuckerberg die Zahlen richtig gedeutet hat: Wir brauchen mehr freie | |
Zeit, um uns überhaupt gleichzeitig miteinander beschäftigen zu können. | |
Solange kein akuter Notfall besteht, vergehen Wochen, manchmal Monate, bis | |
ich einer wertgeschätzten Person gegenüber sitze. Wir brauchen aber auch | |
dritte Orte, um einander begegnen zu können, ohne Geld ausgeben zu müssen. | |
Genug Kraft, überhaupt etwas unternehmen zu wollen oder miteinander zu | |
sprechen. Vertrauen darauf, dass noch Interesse und Wohlwollen füreinander | |
übrig ist. | |
Ein Facebook-Freund ist ein Fremder, der für einen Augenblick ganz | |
sympathisch wirkte. Oder schlimmer, jemand, dem man die | |
Facebook-Freundschaft anbot, um die eigene Telefonnummer nicht hergeben zu | |
müssen. Facebook ist jetzt 20 Jahre alt. Es versprach 2009, dabei zu | |
helfen, „mit den Menschen in deinem Leben in Verbindung zu treten“. | |
Dass der durchschnittliche Amerikaner jetzt immer noch zu wenig Freunde | |
hat, zeigt, dass das Sammeln von Facebook-Freunden nichts zur Erfüllung | |
seiner sozialen Bedürfnisse beigetragen hat. Es entstanden eben keine | |
bedeutungsvollen Verbindungen. | |
Statt Freunden hatten wir Kontakte. Jetzt sollen virtuelle | |
Dienstleistungsbots mit den Kontakten in Konkurrenz treten. Aber auch KI | |
wird auf der Plattform nicht schaffen, was schon mit echten Menschen nicht | |
geklappt hat. | |
## Bots für alle Lebenslagen | |
Aber das muss auch gar nicht die Absicht sein. Eine gute Scheinlösung für | |
Einsamkeit hält die Menschen beschäftigt, sodass sie ihr Begehren nach | |
guter Gesellschaft für heute vergessen. | |
Die Zeit und die Kraft, die wir für menschliche Zuwendung hätten, würde | |
weiter schrumpfen, während wir mit unserem personalisierten | |
Organisationsbot alles besprechen, was diese Woche anliegt. Vielleicht | |
holen wir uns Hilfe für psychische Probleme vom Therapiebot, um dann zu | |
einem der Girlfriendbots umzuschalten. Die aus den Gesprächen gewonnen | |
Daten wären ideal, um den Werbeblock mit relevanten Inhalten zu bespielen. | |
Meine Bots werden mich nie ghosten, sie werden – nach der Abschaffung von | |
Factchecking durch Meta – auch zuverlässigere Auskunft geben als Menschen. | |
Denn die Bots haben keine Agenda. Sie sind total neutral. Angeblich. | |
5 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://youtu.be/rYXeQbTuVl0?si=iAYs273A43Q3NESS&t=1643 | |
[2] https://www.404media.co/instagram-ai-studio-therapy-chatbots-lie-about-bein… | |
[3] https://www.wsj.com/tech/ai/meta-ai-chatbots-sex-a25311bf | |
[4] https://www.theguardian.com/technology/2024/oct/23/character-ai-chatbot-sew… | |
## AUTOREN | |
Donata Künßberg | |
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