# taz.de -- 50 Jahre Machtübernahme der Roten Khmer: Gedenken am Ehrenmal verb… | |
> In Kambodscha dürfen Oppositionelle nicht am gewünschten Ort des früheren | |
> Terrors gedenken. Dafür kommt Xi Jinping zum Staatsbesuch. | |
Bild: Eine Besucherin gedenkt der Opfer im Choeung Ek Memorial, einem früheren… | |
Phnom Penh afp/ap | In Kambodscha ist eine Gedenkveranstaltung am | |
Choeung-Ek-Ehrenmal zum 50. Jahrestag des Einmarsches der Roten Khmer in | |
der Hauptstadt Phnom Penh und damit der Beginn ihrer vierjährigen | |
Schreckensherrschaft verboten worden. Dies wurde mit der „öffentlichen | |
Ordnung“ begründet. | |
Die Stadtverwaltung warnte [1][die Oppositionspartei], die das Gedenken | |
organisieren wollte, vor rechtlichen Konsequenzen, sollte sie sich dem | |
Verbot widersetzen. So fanden sich am Jahrestag in Choeung Ek 17 Kilometer | |
südlich der Hauptstadt keine Überlebenden oder Angehörigen der Opfer ein. | |
Stattdessen besichtigten lediglich Touristen das berüchtigste „Killing | |
Field“ und fotografierten die dort im Gedenken an die Opfer ausgestellten | |
Totenköpfe. | |
„Killing Field“ werden die Orte in Kambodscha genannt, an denen die Roten | |
Khmer ihre Massaker verübten. „Opfer des Völkermords der Roten Khmer | |
sollten durch keine Regelung davon abgehalten werden, dieser sehr | |
schwierigen Zeit in der kambodschanischen Geschichte zu gedenken“, sagt der | |
Leiter der Nichtregierungsorganisation Dokumentationszentrum Kambodscha, | |
Youk Chhang. | |
Der 72-jährige Sum Rithy erinnerte sich im Gespräch mit AFP an den | |
Einmarsch der Roten Khmer am 17. April 1975 in Phnom Penh. Die Bevölkerung | |
sei den maoistischen Kämpfern zunächst nicht feindlich gegenübergetreten. | |
Die Roten Khmer seien dann aber schnell dazu übergegangen, die Menschen | |
unter Androhung von Gewalt aus der Hauptstadt zu verjagen und zu töten. | |
Der 17. April sei „ein Tag des landesweiten Blutvergießens“ gewesen, sagte | |
Sum Rithy. „Die Roten Khmer haben die Menschen überall aus ihren Häusern | |
gejagt.“ Sein Vater und drei seiner Geschwister seien getötet worden. Er | |
selbst saß zwei Jahre lang hungernd im Gefängnis, weil man ihm vorwarf, für | |
den US-Auslandsgeheimdienst CIA zu arbeiten. „Es gab keine Freude, kein | |
Lachen, nur Traurigkeit und Leiden. Ich werde das nie vergessen“, sagte Sum | |
Rithy. | |
## Brutale Räumung der Haupstadt unter den Rothen Khmer | |
Die Roten Khmer stürzten vor 50 Jahren den republikanischen Präsidenten Lon | |
Nol. der sich und beendeten damit den bis dahin herrschenden Bürgerkrieg. | |
Noch am selben Tag ordnete die maoistische Bewegung die Räumung der | |
Zwei-Millionen-Stadt Phnom Penh an. Ihr Anführer Pol Pot wollte eine | |
Agrarrevolution starten und eine radikalkommunistische Utopie in Kambodscha | |
verwirklichen. | |
Bereits bei dem Gewaltmarsch aus der Stadt starben viele Menschen. | |
Insgesamt fielen der Herrschaft der Roten Khmer bis zu zwei Millionen | |
Menschen zum Opfer, die an Hunger, Erschöpfung, Folter und den Folgen von | |
Zwangsarbeit starben oder auf den „Killing Fields“ exekutiert wurden. 1979 | |
wurden die Roten Khmer mit Hilfe der Truppen aus dem Nachbarland Vietnam | |
vertrieben. | |
In den Jahren danach wurde das ganze Ausmaß der Schreckensherrschaft der | |
Roten Khmer deutlich. Landesweit wurden tausende Leichen in Massengräbern | |
entdeckt. „Bruder Nummer Eins“ Pol Pot starb 1998, ohne dass ihm je der | |
Prozess gemacht wurde. | |
Sein Regime wurde erst durch den Einmarsch Vietnams 1979 gestürzt. Doch | |
führten die auch von westlichen Ländern und China unterstützten Roten Khmer | |
noch einen Guerillakrieg bis 1999. | |
## Verbot der Leugnung der Verbrechen der Roten Khmer | |
2006 nahm [2][ein von der UNO unterstütztes Sondertribunal] seine Arbeit | |
auf, um Anführern der Roten Khmer den Prozess zu machen. Nur drei Vertreter | |
der Roten Khmer wurden verurteilt, von denen zwei inzwischen tot sind: | |
„Bruder Nummer Zwei“, Nuon Chea, sowie [3][der frühere Folterchef Kaing | |
Guek Eav alias Duch]. Der letzte überlebende Rote-Khmer-Anführer, Khieu | |
Samphan, verbüßt eine lebenslange Haftstrafe ab. | |
Das Sondertribunal wurde 2022 eingestellt. Der bis 2023 zunehmend | |
autokratisch amtierende Ministerpräsident Hun Sen, selbst früher ein Kader | |
der Roten Khmer, hatte sich gegen die Verfolgung weiterer Fälle | |
ausgesprochen, da dies zu Instabilität im Land führen würde. | |
2024 erging auf Verlangen Hun Sens ein Gesetz, das es verbietet, die Taten | |
der Roten Khmer zu leugnen. Menschenrechtsorganisationen warnen jedoch, die | |
Regelung könne auch zur Verfolgung von Regierungskritikern eingesetzt | |
werden. | |
## Chinas Xi Jinping als Gast am Jahrestag | |
Ausgerechnet am Jahrestag begann Chinas Machthaber Xi Jinping einen | |
zweitägigen Staatsbesuch in Kambodscha, womit er seine Südostasienreise | |
abschließt. König Norodom Sihamoni begrüßte ihn am Donnerstag auf dem | |
Flughafen von Phnom Penh. | |
China unterstütze Kambodscha bei der Wahrung seiner strategischen Autonomie | |
und dem Streben nach einem Entwicklungswege, der seinen nationalen | |
Gegebenheiten entspreche, sagte Xi nach Angaben der chinesischen Botschaft. | |
Geplant sind Treffen mit [4][Ministerpräsident Hun Manet] sowie dessen | |
Vater und Vorgänger Hun Sen, der heute Senatspräsident ist. Wichtigstes | |
Gesprächsthema dürfte der Handel sein. Außerdem sollen mehrere | |
Kooperationsabkommen unterzeichnet werden. | |
China ist Kambodschas größter Handelspartner. Das Handelsvolumen hatte 2024 | |
einen Umfang von umgerechnet etwa 13,2 Milliarden Euro und entsprach fast | |
30 Prozent des kambodschanischen Handels. Das rasante Wachstum der | |
kambodschanischen Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten wurde | |
weitgehend von Peking vorangetrieben. | |
China hat auch den Ausbau des Marinestützpunkts Ream an der Südküste | |
mitfinanziert und damit Befürchtungen geweckt, dieser könne zu einem | |
strategischen Außenposten der chinesischen Marine im Golf von Thailand | |
werden. Kambodscha hat erklärt, dass Kriegsschiffe aus allen befreundeten | |
Ländern in Ream anlegen könnten, sofern sie bestimmte Bedingungen erfüllen. | |
17 Apr 2025 | |
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