# taz.de -- Stromausfall in Spanien: Von Transistorradios, Gasherden und Retter… | |
> Der Blackout in Spanien war ein Schock für die Bevölkerung. Aber die | |
> Extremsituation zeigte auch, wie Menschen sich in der Not helfen können. | |
Bild: Der Stromausfall in Spanien ließ Menschen zusammenrücken, wie hier in d… | |
Und plötzlich „merkst du, wie hilflos wir eigentlich sind“, sagt Raúl. Der | |
60-jährige Frührentner spricht – wie viele in Madrid – auch Tage nach dem | |
[1][totalen Blackout auf der gesamten Iberischen Halbinsel] noch immer | |
darüber: Wie es ihm an jenem Montag erging, als um 12.33 Uhr mittags der | |
Strom ausfiel und bis spät in die Nacht wegblieb. „Kreativität war | |
gefragt“, sagt Raúl. „Ich kramte die Weihnachtsgirlanden hervor. Sie werden | |
mit Batterien betrieben“, erzählt er und zeigt ein Foto. | |
„Auch im Transistorradio waren Batterien. So waren wir ständig informiert. | |
Und ich habe einen Gasherd und konnte so kochen“, berichtet er weiter. Raúl | |
lud die Nachbarn, die einen Elektroherd haben, ein, ihr Essen bei ihm | |
aufzuwärmen. „Vor wenigen Wochen noch machten alle Witze, als die EU | |
mahnte, [2][ein Notfall-Kit zusammenzustellen]. Jetzt merkten wir | |
plötzlich, dass das tatsächlich jederzeit gebraucht werden kann.“ Lange | |
Schlangen, sagt er, hätten sich weiter oben in der Straße vor einem kleinen | |
Elektroladen gebildet. Radios und Batterien waren schnell ausverkauft. | |
Während des Gesprächs trinkt Raúl seinen allmorgendlichen Kaffee, in einer | |
der zahlreichen Kneipen der Madrider Altstadt. Kellnerin Elizabeth hatte an | |
dem schicksalshaften Montag ihren freien Tag. „Zum Glück gehen mein Mann | |
und ich gerne campen“, sagt die 22-Jährige. So fand sie schnell alles, was | |
sie brauchte. Sie holte den Gaskocher aus dem Auto und kochte Brei für ihre | |
sieben Monate alte Tochter. Die Solarlampen waren aufgeladen und | |
einsatzbereit, eine kleine Powerbank hielt die Handys am Laufen. | |
„Allerdings war die meiste Zeit das Netz weg“, sagt Elizabeth. Nur eins | |
fehlte der kleinen Familie: „Ein Transistorradio. Deshalb gingen wir immer | |
wieder zum Auto, um dort die Nachrichten zu hören. Auf dem Laufenden zu | |
sein, beruhigt ungemein.“ | |
„Zum Glück kam bei uns im Stadtteil der Strom wieder, als es gerade dunkel | |
wurde“, sagt die Kellnerin. Sie lebt in einem Außenbezirk. Und dort hätten | |
sich bereits „schwarz gekleidete Jugendbanden“ versammelt: „Sie hatten wo… | |
die Supermärkte im Auge.“ Als der Strom wieder da war, bestellte Elizabeth | |
zuallererst ein kleines Radio. Fünf Euro habe das gekostet – „für das | |
nächste Mal, das hoffentlich so schnell nicht kommt“. | |
## Odyssee nach Madrid | |
Wirklich hart traf der Stromausfall Leute wie Xavi. Der 43-jährige | |
Braumeister saß im Zug von Barcelona nach Madrid, wo er sein Craftbier | |
vorstellen wollte. „Unser Zug blieb einfach stehen, mitten in der Pampa“, | |
berichtet er. Erst fünf Stunden später holten Zivilschutz und Polizei die | |
500 Reisenden heraus. Ein Bus und unzählige private Pkw brachten die | |
Menschen in die Sporthalle eines nahegelegenen Dorfs. Dort gab es endlich | |
Essen und was zu trinken. „Später fuhren sie uns zum Bahnhof nach | |
Saragossa, wo wir die Nacht verbrachten.“ Am kommenden Tag habe es noch | |
immer keine Züge gegeben. Xavi fand schließlich einen Leihwagen – und kam | |
mehr als 24 Stunden nach seiner Abreise endlich in der Hauptstadt an. | |
„Ich habe bei dieser Odyssee so einiges gesehen“, sagt er, „zum Beispiel | |
Menschen, die nur an sich denken.“ Kaum sei der Zug stehengeblieben und die | |
Nachricht gekommen, dass der Strom in ganz Spanien weg war, habe sich im | |
Zugrestaurant eine lange Schlange gebildet. Viele hätten große Mengen an | |
Sandwichs gekauft. „Andere – wie ich – gingen dann leer aus“, sagt Xavi. | |
Dankbar ist er gegenüber der vielen selbstlosen Helfer, die etwa mit ihrem | |
Privat-Pkw Menschen am Zug abholten oder ihnen Wasser brachten. | |
Sandra ist eine von denen, die spontan Hilfe leisteten. Die 43-jährige | |
Direktorin einer Grundschule in der Altstadt von Madrid nahm 52 Jugendliche | |
mit ihren Lehrern auf. „Sie waren auf Tagesausflug aus Saragossa und kamen | |
nicht wieder weg“, sagt sie. Ein Hotel für eine so große Gruppe war nicht | |
zu finden. „Ich ließ sie in der Sporthalle übernachten.“ Taschenlampen und | |
Gasherd erleichterten das Leben im Dunkeln. Und der Hausmeister hatte sogar | |
ein Radio. | |
4 May 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Keine-Bahn-kein-Netz-Verkehrschaos/!6085107 | |
[2] /Gewappnet-fuer-den-Blackout/!6082213 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
## TAGS | |
wochentaz | |
Kolumne Stadtgespräch | |
Spanien | |
Stromausfall | |
Kritische Infrastruktur | |
Kolumne Stadtgespräch | |
Kolumne Stadtgespräch | |
Kolumne Stadtgespräch | |
Stromausfall | |
Spanien | |
Stromausfall | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Koloniales Erbe im Senegal: Ausgrabungen mit politischer Sprengkraft | |
Vor über 80 Jahren beging Frankreich ein Kolonialverbrechen an | |
afrikanischen Soldaten. Nun soll es dazu Ausgrabungen geben – oder doch | |
nicht? | |
Rekord-Konzert in Athen: 60.000 verkaufte Tickets in drei Stunden | |
Der Rapper Lex, Stimme der Krisengeschüttelten, schreibt griechische | |
Musikgeschichte. Fans kommen aus Australien und den USA zum Konzert nach | |
Athen. | |
Luftqualität in Schweden: Fahrverbot für Winterreifen im schwedischen Sommer | |
Im Winter braucht man in Schweden Autos mit Spikes. Doch die stacheligen | |
Reifen werden mit dem Frühlingsbeginn zu einem echten Problem. | |
Gewappnet für den Blackout: Licht aus, Dose auf | |
Nudeln, Klopapier, Konserven: Wer beim Wort „Vorrat“ nur an Prepper denkt, | |
irrt. Denn ein bisschen Hamstern hilft bei geopolitischen wie persönlichen | |
Krisen. | |
Stromausfall in Spanien und Portugal: Ratlosigkeit nach Blackout | |
Die spanische Regierung will alle möglichen Ursachen untersuchen. Ein | |
Cyberangriff ist als Grund umstritten. Doch es gibt noch andere Hypothesen. | |
Bundesnetzagentur-Chef zum Blackout: „Wir müssen daraus lernen“ | |
Ein Stromausfall wie in Spanien sei in Deutschland sehr unwahrscheinlich, | |
sagt Klaus Müller, der Präsident der Bundesnetzagentur. Gibt es einen | |
Notfallplan? |