# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Repression von oben, Widerstand von unt… | |
> Der Staat geht hart gegen die Palästina-solidarische Bewegung vor, von | |
> Polizeigewalt bis hin zu drohenden Abschiebungen. Doch es gibt | |
> Unterstützung. | |
Bild: Demonstrant*innen in Polizeigewahrsam: ein vertrautes Bild auf Palästina… | |
Berlin taz | Es ist ein beispielloser Angriff auf die Grundrechte – ein | |
Vorgehen, das den rechtswidrigen und willkürlichen Repressionsmethoden | |
gleicht, mit denen der palästinensische Aktivist Mahmoud Khalil Anfang März | |
von Angehörigen der US-Einwanderungsbehörde festgenommen und inhaftiert | |
wurde: Vier Staatsangehörige aus den USA, Polen und Irland wurden von der | |
Berliner Innenverwaltung aufgefordert, Deutschland bis zum 21. April 2025 | |
zu verlassen – [1][andernfalls droht ihnen eine zwangsweise Abschiebung]. | |
Ihr „Verbrechen“: Teilnahme an Protesten gegen den Krieg in Gaza. | |
Strafrechtlich verurteilt wurden sie nicht. Über Einwände der | |
Ausländerbehörde, die die Abschiebung als rechtswidrig einstufte, setzte | |
sich die Innenverwaltung hinweg. Die Begründung: deutsche Staatsräson. | |
Der Fall zeigt, wie politische Motive des Staates juristische Maßstäbe | |
dominieren: Das Migrationsrecht wird instrumentalisiert, um | |
pro-palästinensischen Protest zu delegitimieren und unter dem Deckmantel | |
der sogenannten Staatsräson zu sanktionieren. Ein gefährlicher | |
Präzedenzfall, der alle Bürger*innen alarmieren sollte – denn was | |
Staatsräson ist, kann jede*r jeden Tag neu erfinden, wie es | |
[2][Rechtsanwalt Yunus Ziyal ausdrückte]. | |
Im Gegensatz zu den USA ließ der Protest nicht lange auf sich warten: Am | |
Montag demonstrierten bereits Hunderte unter dem Motto „You can't deport a | |
movement – stop all deportations“ mit Töpfen und Pfannen vor dem | |
Abgeordnetenhaus. Einschüchterungsversuche der Polizei scheiterten: Nachdem | |
sie die Organisator*innen anwies, den Protest weiter vom | |
Abgeordnetenhaus weg zu verlegen, reagierten diese, indem sie den Protest | |
noch näher dran verlegten. Ein starkes Signal: Repressionen stoßen in | |
Berlin auf Widerstand. | |
## Gegen die „barbarische Politik Deutschlands“ | |
Vor der deutschen Justiz muss sich am Donnerstag ein weiterer Aktivist der | |
pro-palästinensischen Bewegung verantworten. Mohammed, ein minderjähriger | |
Junge aus Gaza, wird beschuldigt, sich bei einer pro-palästinensischen | |
Demonstration einer Festnahme widersetzt zu haben. Aktivist*innen | |
hingegen werfen der Polizei vor, den jungen Palästinenser zuvor „brutal | |
angegriffen“ zu haben. Für sie steht fest: Die Kriminalisierung | |
palästinensischer Stimmen hat System. Daher protestieren sie am Donnerstag | |
vor dem Amtsgericht Tiergarten, um sich mit Mohammed zu solidarisieren und | |
gegen die „barbarische Politik Deutschlands“ zu demonstrieren (Donnerstag, | |
10. April, Amtsgericht Tiergarten, Turmstraße 91, 14:15 Uhr). | |
Die pro-palästinensische Bewegung erhält diese Woche auch musikalische | |
Unterstützung: Am Sonntag treten die Punks for Palestine ab 20 Uhr im | |
[3][Fischladen] auf, um im Rahmen einer Solidaritätsveranstaltung auf die | |
anhaltenden Ungerechtigkeiten gegenüber Palästina aufmerksam zu machen | |
(Samstag, 13. April, Fischladen, Rigaerstraße 83, 20 Uhr). | |
Doch auch für Israelis ist das Leid unerträglich – die Verluste auf beiden | |
Seiten tragisch. Mit den Auswirkungen von Verlust auf die menschliche | |
Erfahrung befasst sich auch die Kurzfilm-Sammlung „Echoes of Loss“, die am | |
Sonntag im [4][Wolf Kino] in Neukölln im Rahmen der Zusammenarbeit mit dem | |
[5][Rawy Kollektiv] gezeigt wird. Das Kollektiv stellt dort jeden Monat | |
unabhängiges Kino aus der Region Südwestasien und Nordafrika (SWANA) vor. | |
Bei „Echoes of Loss“ läuft nun unter anderem Robert Minassians Kurzfilm | |
„Underwater“ (Libanon 2022), der die Trauer eines Mannes beleuchtet, der | |
die Nachricht vom Tod seiner Mutter erhält (Sonntag, 13. April, Wolf Kino, | |
Weserstraße 59, 19 Uhr). | |
Nach mehr als vier Jahren Geiselhaft und der staatlich orchestrierten | |
Ermordung durch das iranische Regime, wurde der Leichnam des | |
deutsch-iranischen Menschenrechtsaktivisten Jamshid Sharmahd Anfang Februar | |
nach Deutschland überführt und den Behörden übergeben. Seine Tochter, | |
Ghazelle Sharmahd, wird den Leichnam am Freitag entgegennehmen. [6][Der | |
Mord an Jamshid Sharmahd ist kein Einzelfall.] Er fügt sich in die Reihe | |
von systematischen Morden an Regimegegner*innen durch die Islamische | |
Republik ein. Nach der Trauerfeier findet daher am Freitag eine Kundgebung | |
statt, um Sharmahd und allen [7][Opfern des Regimes] zu gedenken, sowie | |
Solidarität mit allen inhaftierten Geiseln und politischen Gefangenen zu | |
zeigen (Freitag, 11. April, Brandenburger Tor, 18-20 Uhr). | |
## Alerta, Alerta, Antisexista! | |
Wie ein Staat aussieht, auf den man sich nicht verlassen kann, das mussten | |
auch deutsche Bürger*innen während der sogenannten Baseballschlägerjahre | |
erfahren. Von der starken antifaschistischen Bewegung, die sich in den | |
1990er und 2000er Jahren, einer Zeit der rassistischen Gewalt, formierte, | |
erzählt der [8][Dokumentarfilm „Antifa – Schulter an Schulter, wo der Staat | |
versagte“]. Am Mittwoch läuft er in der Regenbogenfabrik. In der Doku | |
sprechen fünf Aktivist*innen darüber, wie sie dem wachsenden | |
Neofaschismus mit teils militanten Aktionen, politischer Bildung und | |
investigativer Recherche entgegentrat. Über die erschreckende Aktualität | |
des Films wird nach der Aufführung mit den Filmemachern Marco Heinig und | |
Steffen Maurer diskutiert (Mittwoch, 9. April, Regenbogenfabrik, Lausitzer | |
Straße 22, 19 Uhr). | |
Doch auch die Antifa hat blinde Flecken – ein hartnäckiger ist die toxische | |
Männlichkeit. Hier klaffen Theorie und Praxis auseinander: Einerseits steht | |
die radikale Linke für das Aufbrechen von Geschlechterrollen und für | |
Antisexismus. Andererseits sind es immer wieder die immer selben Jungs, die | |
im Antifa-Milieu den Ton angeben. Um das problematische Verhältnis von | |
autonomem Antifaschismus und Männlichkeit geht es am Mittwoch bei der | |
Veranstaltung „Antifa, Macker, Patriarchat – Antifaschismus und | |
Männlichkeit“ (Mittwoch, 16. April, LaCasa Hellersdorf, Wurzener Straße 6, | |
19 Uhr). | |
8 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Palaestina-Solidaritaet-in-Berlin/!6080192 | |
[2] /Palaestina-Aktivistinnen-in-Berlin/!6077488 | |
[3] https://de.ra.co/clubs/106612 | |
[4] https://wolfberlin.org/de/programm/events/rawy-presents-echoes-of-loss | |
[5] https://www.rawyfilms.com/ | |
[6] /Deutsch-Iraner-Jamshid-Sharmahd/!6046005 | |
[7] /Politologe-ueber-Druck-auf-den-Iran/!6062399 | |
[8] /Antifa-Film-von-Leftvision/!6029660 | |
## AUTOREN | |
Lilly Schröder | |
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unklar. |