# taz.de -- Die Wahrheit: Franziskus’ letzter Dialog | |
> Am Ostermontag ist der Papst gestorben. Jetzt klopft er ans Himmelstor | |
> und begehrt Einlass, wobei es zunächst zu einem kleinen Missverständnis | |
> kommt. | |
Bild: Klopf, klopf, ist jemand zu Hause bei Franziskus? | |
Im Himmel. Am Tor zum Elysium hängt ein güldenes Schild: „Paradies. Bei | |
Petrus klingeln“. Papst Franziskus fährt mit seinem elektrischen Rollstuhl | |
vor und drückt mit letzter Kraft den Klingelknopf. Ein weißbärtiger Herr im | |
milchfarbenen Kaftan öffnet das schwere, laut quietschende Tor. | |
„Ja, bitte?“ | |
„Guten Tag, Franziskus.“ | |
„Wer?!“ | |
„Kann sein, dass ich bei Ihnen als Bergoglio, Jorge Mario Bergoglio geführt | |
werde.“ | |
„Aah. Sie sind dieser Schriftsteller. Sie haben einen meiner | |
Lieblingsromane geschrieben: ‚Tante Julia und der Kunstschreiber‘. Wo die | |
ganze Zeit über Argentinier hergezogen wird. Ich hab mich schlapp gelacht.“ | |
„Das war Mario Vargas Llosa.“ | |
„Was? Wer?“ | |
„Vargas Llosa. Und ich bin Argentinier.“ | |
„Sie sind was? Argentinier? Das tut mir leid, Herr … äh?“ | |
„Nennen Sie mich Franziskus.“ | |
„Ah, Franziskus. Der Papst! Und was kann ich für Sie tun?“ | |
„Ich will ins Himmelreich einziehen.“ | |
„Sie wollen hier einziehen? Mit Ihrem Rollstuhl? Wir sind aber nicht | |
barrierefrei eingerichtet. Ich wüsste gar nicht, wie ich Sie mit diesem | |
Ding auf Wolke sieben kriegen sollte.“ | |
„Ich nehm jede Wolke.“ | |
„Das müssen Sie wohl auch. Sie sind ja jetzt nicht unser prominentester | |
Zugang in diesen Tagen. Ich warte schon die ganze Zeit auf Mario Vargas | |
Llosa, wie Sie sicher gemerkt haben. Aber Namen sind Schall und Rauch. Ich | |
kann mir einfach keinen mehr merken. Sie ahnen ja nicht, was hier los ist. | |
Ein einziger Dauerstau. Und dann dieses ewige Hin und Her zwischen Himmel | |
und Hölle. Da steckt bestimmt auch gerade der Vargas Llosa fest.“ | |
„Ich komme nicht aus Peru, sondern aus Rom, Vatikan.“ | |
„Vatikan! Ja, das sagt mir was. Sie sind der Stellvertreter Gottes auf | |
Erden, nicht wahr. Und werden auch ‚Der Mann in den Schuhen des Fischers‘ | |
genannt. Da müssen wir hier oben immer sehr lachen. Wissen Sie, ich war | |
auch Fischer in meinem ersten Beruf, Fischefischer, dann musste ich | |
umsatteln auf Menschenfischer. Ich kenn das Metier aus dem Effeff.“ | |
„F wie Franziskus.“ | |
„Genau. Und was kann ich noch mal für Sie tun?“ | |
„Ich wollte heim ins Reich des Herrn.“ | |
„Der Herr, ja … Da müsste ich eigentlich den Chef persönlich fragen, wo w… | |
Sie genau unterbringen. Wir haben jedenfalls für Argentinier eine ganz | |
kuschelige Wolke – mit Evita und Diego Armando …“ | |
„Maradona? Madonna!“ | |
„Ja, der Dicke ist auch hier und führt jedem, am liebsten aber den | |
Engländern vor, wie er damals in Mexiko 1986 zur Hand Gottes wurde. Dann | |
drehen diese Hooligans jedes Mal durch.“ | |
„O ja, Maradona …“ | |
„Ich weiß nicht, ich weiß nicht, ob Sie in der Ecke gut aufgehoben sind. | |
Wie sagten Sie, sei Ihr Name? Franziskus? Wir hätten da ein lauschiges | |
Plätzchen bei dem Franziskus aus Assisi. Da tiriliert und trällert es den | |
ganzen Tag. Und der gute Mann spricht dauernd mit Vögeln.“ | |
„Vögeln? Damit hatte ich seit meiner Jugend nichts mehr zu tun.“ | |
„Aber, Herr Franziskus! So was gibt es hier bei uns nicht! Da müssen Sie in | |
der Hölle vorstellig werden.“ | |
„So sind wir Argentinier eben. Immer nur Vögel im Kopf.“ | |
„Also zu Scherzen sind wir im Himmel gar nicht aufgelegt. Aber, wo ich Sie | |
gerade zur Hand habe. Sie kommen doch aus dem Vatikan, Sie sind der Papst, | |
sagen Sie: Was ist denn da konklavetechnisch neuerdings so los. Wir sind ja | |
hier am Arsch der Welt und kriegen nichts mit. Wir sind völlig | |
abgeschnitten von allen Informationen, vor allem seit X, Insta und Tiktok | |
ausgefallen sind. Aber der Chef kümmert sich wirklich um nichts. Angeblich | |
gibt es kein Geld mehr für soziale Medien. Und bis wir das mal wieder in | |
Gang gesetzt haben, ist in Rom schon wieder weißer Rauch aufgestiegen. Wer | |
soll denn nun Ihr Nachfolger werden.“ | |
„Nachfolger?“ | |
„Ja, gemunkelt wird von der ersten Päpstin der Weltgeschichte.“ | |
„Eine Päpstin?“ | |
„Eine Name kursiert auch schon.“ | |
„Ein Name?“ | |
„Ja, die in ihren Walla-Walla-Gewändern.“ | |
„Doch nicht diese Deutsche?“ | |
„Doch, doch, diese Alice Schwarzer.“ | |
„Eine Frau?! Diese Schwarzer?! Aber mit Deutschen haben wir im Vatikan gar | |
keine guten Erfahrungen gemacht. Denken Sie an meinen Vorgänger.“ | |
„Benedikt XVI.? Der hat sich hier ganz gut eingepasst und leitet die | |
Spülbrigade auf Wolke 88. Da können Sie auch hin.“ | |
„Eine Ewigkeit spülen? Ich glaub, es hackt!“ | |
Papst Franziskus rollt wütend nach rechts ab, steht aus seinem Rollstuhl | |
auf und steigt zornesrot im Gesicht die Himmelsleiter hinunter, zurück zu | |
seiner österlichen Auferstehung auf Erden. | |
21 Apr 2025 | |
## AUTOREN | |
Michael Ringel | |
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