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# taz.de -- Boxsport zur NS-Zeit: Die Arischen versohlen
> Boxer und Sportjournalist Ludwig Haymann schrieb während der NS-Diktatur
> eine Theorie des „arischen Faustkampfs“. Doch die Nazi-Boxpläne
> scheiterten.
Bild: Es war nicht weit her mit der „arischen“ Überlegenheit: Max Schmelin…
Zu den, ich drücke es mal falsch aus, Schätzen in meinem Regal gehört das
Buch „Deutscher Faustkampf nicht pricefight. Boxen als Rasseproblem“. Es
ist, man ahnt es, 1936 erschienen. Autor ist Ludwig Haymann, das Vorwort
steuerte [1][Max Schmeling] bei. Schmeling und Haymann waren einmal
sportliche Konkurrenten. 1928 hätte Schmeling seinen Titel als Deutscher
Meister gegen Haymann verteidigen sollen, doch wegen einer Handverletzung,
die ihm niemand glaubte, sagte er ab. Der Schriftsteller [2][Erich Kästner]
kommentierte: „Er hat also den deutschen Meisterschaftstitel abgegeben, um
seine verletzte Hand für die amerikanischen Dollar zu pflegen.“
Haymann wurde Sportjournalist, und zwar im [3][Völkischen Beobachter], und
er schrieb eine Theorie des „arischen Faustkampfs“. Deutsches Boxen sei
eine „naturgegebene Kampfart“. Die Briten etwa verfolgten die „noble art …
defense“, die Amerikaner den „wirbelwindartigen, tempogeladenen Nahkampf“,
aber diese „Ausländerei“ liege den Deutschen nicht. Schmeling jedoch stehe
für eine „in Temperament und Volkstum wurzelnde Kampfform“.
Haymann formulierte aus dieser gequirlten Kacke ein sportpolitisches
Programm. „Wenn wir Deutschen erst einmal in der Lage sind, jede Sportart
in diesem Sinne gefühlsmäßig zu erlernen und kämpferisch auszuüben, dann
ist die Zeit nicht mehr ferne, da wir im Sport den unserem Volke
entsprechenden ersten Platz erobern werden.“ 1934 war der US-Amerikaner
[4][Max Baer] Weltmeister. Der galt als Jude, und der hatte im Juni 1933
Max Schmeling k.-o.-geschlagen. Doch Baer blieb interessant. Der Hamburger
Boxpromoter [5][Walter Rothenburg] wollte einen WM-Kampf Baer–Schmeling.
„Es war kein Geheimnis mehr: Deutschland war auf dem besten Weg, Amerikas
Boxmonopol zu brechen“, schrieb Rothenburg in seinen Erinnerungen.
Baers Manager forderte die unglaublich hohe Summe von 300.000 Dollar. In
den USA, so überlegte sich Rothenburg, könnte Baer eine solche Forderung
nie durchsetzen. Also, so sein Gedanke, könnte der Kampf in Europa
stattfinden. „Das allein war das Geld wert“, freute sich Rothenburg. Nahe
Amsterdam sollte eine Freiluftarena gebaut werden, Max Baer musste nur noch
in den USA seinen Titel gegen einen gewissen Jimmy Braddock verteidigen.
Aber Baer verlor.
## Nazi-Boxpläne scheiterten
1936 boxte Max Schmeling gegen [6][Joe Louis], das aufstrebende Boxgenie
aus den USA. Der Sieger sollte das Recht haben, den
Überraschungsweltmeister Braddock herauszufordern. Schmeling gewann und die
Nazis, die in Schmeling ihren „arischen Boxer“ sahen, tickten aus. Mit
Braddocks Management wurde verhandelt, der Kampf sollte in Berlin
stattfinden. Ein wenig bremste das Propagandaministerium noch. „Was die
Frage des Weltmeisterschaftskampfes betrifft, so sollen die Meldungen, der
Kampf werde im September auf dem [7][Reichssportfeld] ausgetragen werden,
noch nicht übernommen werden“, schrieb das Ministerium an Redaktionen.
Doch auch dieser Kampf kam nicht zustande. Braddock verkündete, er habe
eine Handverletzung. Ein Trick, den Schmeling noch aus dem Jahr 1928
kannte. Die Nazi-Boxpläne drohten zu scheitern, zumal nicht Schmeling,
sondern Joe Louis 1937 gegen Jimmy Braddock Weltmeister wurde. Ein WM-Kampf
Schmelings gegen Louis fand 1938 statt, aber der Repräsentant der „in
Temperament und Volkstum wurzelnden Kampfform“ wurde in 124 Sekunden
zusammengekloppt.
Vielleicht sollte ich meine Bibliothek mal neu ordnen. Ein paar Bücher
können auch nach hinten.
9 Apr 2025
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## AUTOREN
Martin Krauss
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