# taz.de -- Streit um Omri Boehm in Buchenwald: Der Kritiker stört | |
> Der Philosoph Omri Boehm soll nicht in Buchenwald sprechen. Israelische | |
> Regierungsvertreter werfen ihm „Instrumentalisierung“ des Holocaust vor. | |
Bild: Der deutsch-israelische Philosoph Omri Boehm soll nicht in Buchenwald spr… | |
Am 11. April 1945 wurde das Konzentrationslager Buchenwald befreit. | |
Panzerdivisionen der 3. US-Armee überrollten den Bereich der SS. | |
Widerstandsgruppen des Internationalen Lagerkomitees besetzten das | |
Lagertor. Am Sonntag wird der Befreiung gedacht, sprechen sollen unter | |
anderem der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff, Thüringens | |
Ministerpräsident Mario Voigt (CDU) und Naftali Fürst, der das Lager | |
überlebte. [1][Der Philosoph Omri Boehm], der auf der zentralen | |
Gedenkveranstaltung sprechen sollte, wird jedoch keine Rede halten, es kam | |
zum Konflikt zwischen der Gedenkstätte und Vertretern der israelischen | |
Regierung. | |
Sie werfen Boehm vor, den Holocaust mit der Nakba zu vergleichen. Er sei | |
ein Wortführer jener, die das Gedenken an den Holocaust | |
„instrumentalisierten“. Boehm einzuladen sei nicht nur empörend, sondern | |
„eine eklatante Beleidigung des Gedenkens an die Opfer“. | |
Diese Vorwürfe sind so schwerwiegend wie unpräzise. Letzteres mag daran | |
liegen, dass man Boehm – der sich auf den Humanismus und die Vernunft der | |
Aufklärung beruft und sich mit einer Präzision, die man penibel nennen | |
könnte, auszudrücken pflegt – derart platte Behauptungen und Absichten | |
schwerlich wird nachweisen können. | |
Der Leiter der Gedenkstätte Buchenwald, Jens-Christian Wagner, sagte dem | |
RBB, er habe dem Druck nachgegeben, um zu verhindern, dass Überlebende in | |
den Streit hineingezogen werden. „Einem Enkel einer Holocaust-Überlebenden | |
das Wort zu versagen, das ist wirklich das Schlimmste, was ich in 25 Jahren | |
Gedenkstättenarbeit erlebt habe.“ Hier werde Geschichtspolitik auf dem | |
Rücken der Opfer betrieben. | |
## Der Angriff auf Boehm folgt einem Muster | |
Boehm hat sich scharf gegen linke Apologeten des antisemitischen | |
Hamas-Terrors gewandt und kritisiert die „postkolonial“ begründete | |
Argumentation, Humanismus sei eine westliche Ideologie, die sich gegen | |
Nichtweiße richte. Vor Kurzem plädierte er dafür, den Begriff des Genozids | |
korrekt anzuwenden: [2][„Benutzt Kategorien des Völkerrechts als | |
juristische Begriffe, und zwar in scharfer Abgrenzung von einer moralischen | |
und ideologischen Verwendung.“] | |
Der Angriff auf die Reputation des Philosophen dürfte vielmehr mit dem | |
Umstand zu tun haben, dass Boehm die Politik der derzeitigen israelischen | |
Regierung kritisiert und den Vorwurf für plausibel hält, dass die | |
israelischen Streitkräfte im Gazakrieg „schwere Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit“ begangen haben. Er besteht auf der Universalität der | |
Menschenrechte. | |
Die Verurteilung Boehms folgt demselben Muster wie die vor Kurzem erfolgte | |
Intervention des israelischen Bildungsministers, der die Verleihung des | |
renommierten Israel-Preises an die [3][Soziologin Eva Illouz] untersagte, | |
die seit dem 7. Oktober eine der eloquentesten Botschafterinnen der | |
israelischen Demokratie ist. Deren Interessen scheinen jedoch in | |
Regierungskreisen derzeit wenig Fürsprecher zu haben. | |
4 Apr 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Neues-Buch-Israel--eine-Utopie/!5695259 | |
[2] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/genozid-vorwuerfe-im-gaza-k… | |
[3] /Eva-Illouz-ueber-Israels-Linke/!5209847 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Gutmair | |
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