Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Tagebuch aus Kasachstan: Lachen hilft. Immer
> In Kasachstan steht ein Satiriker vor Gericht. Unser Autor fragt sich,
> wann auch das Lachen verboten wird, dieses befreiende Lachen über gute
> Witze.
Bild: Wladimir Putin und einer seiner Bewunderer: Kasachstans Präsident Kassym…
In Kasachstan wird der Journalist Temirlan Yensebek derzeit strafrechtlich
verfolgt. Sein Haus wurde durchsucht, er wurde verhaftet und wartet nun auf
seinen Prozess. Der Grund ist eine Veröffentlichung, in der der kasachische
Journalist die russische Propagandistin [1][Tina Kandelaki] verspottet.
In meiner Stadt Almaty gehen die Menschen auf die Straße, um gegen
Yensebeks Verhaftung zu protestieren, aber sie werden selbst von der
Polizei festgenommen.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Verfolgung des kasachischen
Journalisten nicht nur als Abrechnung mit Kritik und Humor, sondern auch
als Versuch der kasachischen Behörden, sich mit Russland besonders gut zu
stellen. [2][Kasachstan] hat die russische Aggression gegen die Ukraine nie
verurteilt, und Wladimir Putin ist nach wie vor gern gesehener Gast beim
kasachischen Präsidenten [3][Kassim-Schomart Tokajew]. Die russische
Propaganda ist sehr mächtig, und die kasachischen Behörden unterstützen
sie.
Temirlan Yensebek, der für das Satiremagazin [4][QazNews24] arbeitet und
nun auf seinen Prozess wartet, saß im Januar 2025 wegen Aufstachelung zum
Hass hinter Gittern. Zu diesem Zeitpunkt hatte seine Publikation bereits
seit mehreren Jahren fiktive Nachrichten auf [5][Instagram] gepostet, die
sich über kasachische Beamte, die Polizei, den Präsidenten Tokajew und
dessen enge Beziehung zu Putin lustig machten.
## Eine schlimme Bedrohung namens Humor
Als Wladimir Putin im November 2024 einmal mehr Kasachstan besuchte,
begrüßte ihn am Flughafen ein riesiges elektronisches Banner mit der
Aufschrift „Willkommen, Eure Exzellenz!“ Unmittelbar danach veröffentlichte
QazNews24 eine Meldung mit einem fiktiven Zitat Tokajews: „Wladimir Putin
ist ein ausgezeichneter Präsident. Er übertrifft mich in allem“ – und
führte damit das Lächerliche und Absurde der Situation vor.
Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie QazNews24 sich über die Maßnahmen der
kasachischen Behörden lustig macht. Zugleich haben die Autoren nie
versucht, die Menschen durch Fälschungen in die Irre zu führen. Immer
verwiesen sie darauf, dass alle ihre Veröffentlichungen Satire sind. Über
72.000 Menschen haben die Seite inzwischen auf Instagram abonniert.
[6][Satire] ist eine Form des öffentlichen Dialogs und eine Möglichkeit,
die Absurdität dessen, was geschieht, zu reflektieren. Doch wahrscheinlich
sind die kasachischen Behörden derart verunsichert, dass sie Satire als
schlimme Bedrohung empfinden.
Es ist nicht das erste Mal, dass die kasachischen Behörden Anstoß an
denjenigen nehmen, die sich über sie lustig machen. Im vergangenen Sommer
wurden die Stand-up-Comedians Nuraskhan Baskojaev und Alexander Merkul 15
Tage in Administrativhaft genommen, weil sie bei ihren Auftritten
„unflätige Sprache“ verwendet hätten. Nun ist unflätige Sprache in der
Comedy nichts Ungewöhnliches. Aber es macht halt nicht jeder Comedian Witze
über Beamte und Korruption, und genau das taten Baskozhayev und Merkul oft.
Schon jetzt ist es in Kasachstan aufgrund der Zensur und des Drucks der
Sicherheitsdienste schwierig, Kritik an der Regierung zu üben oder über die
Opposition zu schreiben. Wenn man sich all dies ansieht, fragt man sich,
wann in Kasachstan der Punkt erreicht sein wird, an dem Menschen nicht nur
dafür verurteilt werden, dass sie Witze machen, sondern auch dafür, dass
sie über Witze lachen. Wann wird unser Lachen als Akt des zivilen
Ungehorsams angesehen werden?
[7][Nikita Danilin], Jahrgang 1996, ist ein Journalist aus Almaty
(Kasachstan). Er war Teilnehmer eines Osteuropa-Workshops der [8][taz
Panter Stiftung].
Aus dem Russischen von [9][Tigran Petrosyan]. Finanziert wird das Projekt
von der [10][taz Panter Stiftung].
21 Mar 2025
## LINKS
[1] /Moskaus-bekannteste-TV-Moderatorin/!5172861
[2] /Kasachstan/!t5017657
[3] /Qassym-Schomart-Tokajew/!t5601447
[4] https://cpj.org/tags/qaznews24/
[5] https://www.instagram.com/qaznews24/reels/
[6] /Satire/!t5009869
[7] /Archiv/!s=&Autor=Nikita+Danilin/
[8] /taz-Panter-Stiftung/!v=e4eb8635-98d1-4a5d-b035-a82efb835967/
[9] /!a22524/
[10] /Panter-Stiftung/Spenden/!v=95da8ffb-144e-4a3b-9701-e9efc5512444/%20
## AUTOREN
Nikita Danilin
## TAGS
taz Panter Stiftung
Kolumne Krieg und Frieden
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kolumne Krieg und Frieden
Kolumne Krieg und Frieden
Kolumne Krieg und Frieden
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Holocaustüberlebende
Kolumne Krieg und Frieden
Kolumne Krieg und Frieden
## ARTIKEL ZUM THEMA
Tagebuch aus Lettland: Kein Heim in der neuen Heimat
Unser Autor musste von Belarus nach Lettland fliehen. Ein neues Gesetz
seines Gastgeberlandes erinnert ihn an seine alte Wohnung in Minsk.
Tagebuch aus Armenien: Wie der High-Heel-Dance nach Jerewan kam
Armenien ändert sich. Nicht zuletzt durch Russ:innen, die einwandern.
Plötzlich gibt es Hundesalons, Skilifts und einen sehr merkwürdigen Tanz.
Tagebuch aus Georgien: Wenn der Staat zuschlagen lässt
Unser Autor lebt in Tblissi, sein Cousin auch. Der stellt sich vor
Wahllokale, um die Opposition einzuschüchtern. Georgiens Regierung findet
das gut.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Gegenseitige Drohnenangriffe
Nachdem Trump mit Selenskyj telefonierte, halten nachts die Drohnenangriffe
auf die Ukraine wie auf Russland an. Am Donnerstag beraten sich die
EU-Staaten.
Als Kind im Konzentrationslager: „Ich überlebte Hitler und werde auch Putin …
Anna Stryschkowa erfährt nach Jahren ihren richtigen Namen – und dass sie
Blutsverwandte hat. Dank des Künstlers Luigi Toscano kennt sie nun die
Wahrheit.
Tagebuch aus der Ukraine: Die Gegend der Affen
Unsere Autorin besucht gerne einen Hof mit exotischen Tieren. Ein Ehepaar
kümmert sich hier um Vier- und Zweibeiner, die zurückgelassen wurden.
Tagebuch aus der Ukraine: Schlimmer, als würde die Welt uns nur alleine lassen
Viele Verwandte und Freunde unseres Autors verstehen nicht mehr, was
geschieht. Ihr Land soll plötzlich der Aggressor sein? Wie verrückt ist die
Welt?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.