# taz.de -- Zuckerfest in Berlin: Solidarität in schwierigen, rechten Zeiten | |
> Im Islamischen Kulturzentrums der Bosniaken (IKB) wird das Zuckerfest | |
> gefeiert. Aufgrund des Erstarkens rechter Ideologien ist die Feierlaune | |
> getrübt. | |
Bild: Liebe geht durch den Magen: mit Baklava gegen den Rechtsruck und Rassismus | |
Berlin taz | Mit dampfendem Çay in der Hand stehen am Montagmorgen Menschen | |
in kleinen Gruppen vor dem Islamischen Kulturzentrums der Bosniaken (IKB) | |
in Kreuzberg. Sie begehen das [1][Zuckerfest (Eid al-Fitr), das nach vier | |
Wochen Fasten den Abschluss des Ramadans markiert]. Doch schon vor der Tür | |
wird deutlich, dass den Gästen nicht nach Feiern zumute ist. Die Gespräche | |
kreisen um Ausländerfeindlichkeit, die rassistische Rhetorik in der | |
Migrationsdebatte und den Rechtsruck in Gesellschaft, Politik und Medien. | |
„Je rauer die Zeiten werden, desto wichtiger werden solche | |
Veranstaltungen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende des IKB zu Beginn | |
seiner Rede. Rund 40 Menschen haben sich in dem Gemeinderaum versammelt – | |
Junge und Alte, Katholik*innen, Jüd*innen und Muslim*innen, auch | |
Politiker*innen sind anwesend.Der Raum ist festlich geschmückt, blaue | |
und goldene Luftballons zieren die Wände sowie Girlanden mit der Aufschrift | |
„Ramadan“, versehen mit Sternen, Moscheen und Feuerwerk. | |
„Eid Mubarek“, begrüßt auch Derviş Hızarcı die Gäste – ein gesegnet… | |
Hızarcı ist Vorstandsvorsitzender der Kreuzberger Initiative gegen | |
Antisemitismus (KIgA), die politische Bildung anbietet in den Bereichen | |
antimuslimischer Rassismus, Antisemitismus, Migrationsgesellschaft und | |
Radikalisierungsprävention. „Obwohl das ein Festtag sein sollte, sind es | |
betrübende Themen, die wir ansprechen müssen“, sagt er – und spricht über | |
den zunehmenden Antisemitismus und rechtsextreme Gewalt, das Erstarken | |
rechter Ideologie sowie anhaltende Vorurteile gegenüber Muslim*innen und | |
die Gleichsetzung des Islams mit Terrorismus. | |
Zu einem Vorfall, der diese gefährliche Gleichsetzung widerspiegelt, sei es | |
während des Fastenbrechens bei der Deutschen Islam-Akademie in Mitte | |
gekommen, berichtet eine KIgA-Mitarbeiterin der taz. Eine „besorgte“ | |
Anwohnerin habe während der Feierlichkeiten Flugblätter verteilt, in denen | |
sie vor Islamismus und der Muslimbruderschaft warnte. „Das Fest fühlt sich | |
heute politischer aufgeladen an als früher“, sagt sie. | |
## Mehr Säkuläre nehmen teil an Ramadan | |
Auch Orkan Özdemir, Sprecher für Antidiskriminierung der SPD-Fraktion, | |
beobachtet eine Veränderung im Ramadan: Früher hätten viele säkulare | |
Menschen und Organisationen das Fest nicht begangen, doch inzwischen nähmen | |
auch sie teil – nicht aus religiösen Gründen, [2][sondern aus Solidarität | |
angesichts zunehmenden Rassismus]. „Eigentlich ist es jetzt schöner | |
geworden“, sagt er. | |
Gleichzeitig frustriert ihn die politische Lage – auch in Berlin: „Wir sind | |
nur noch damit beschäftigt, schädliche Dinge abzuwehren und einen Rollback | |
zu verhindern.“ Aufgrund zahlreicher Anfeindungen steht sein Wahlkreisbüro | |
und seine geheime Wohnadresse inzwischen unter Polizeischutz. Auch das IKB | |
wird am Montag von Schutzpersonal bewacht. | |
Die Stimmung im Raum ist gedrückt – nicht zuletzt wegen der [3][fehlenden | |
Akzeptanz für das Fest in der Berliner Gesellschaft sowie bei | |
Arbeitgeber*innen und Institutionen]. Der stellvertretende Vorsitzende | |
des IKB berichtet, dass er bei seinem Arbeitgeber darum bitten musste, | |
heute später zur Arbeit kommen zu dürfen. Auch für Schulkinder müssen | |
Eltern laut Verwaltungsvorschrift ein Antrag für die Beurlaubung stellen. | |
An bestimmten christlichen, jüdischen und muslimischen Feiertagen hingegen, | |
reicht es die Schule darüber zu informieren. „Es gibt nur zwei große Feste | |
im Islam. Wir wünschen uns mehr Akzeptanz und einen flexibleren Umgang | |
damit“, sagt Derviş Hızarcı. | |
Die Atmosphäre versucht er mit Süßspeisen zu heben. „Lasst uns teilen“, | |
sagt Hızarcı und eröffnet das Buffet. Die interreligiöse Gruppe lässt sich | |
nicht entmutigen: Bei arabischer Musik schmiedet sie Pläne, um gegen den | |
Rassismus anzukämpfen. | |
31 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
Lilly Schröder | |
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