| # taz.de -- „Nächte des Ramadan“ in Berlin: „Wir wollen Vielfalt abbilde… | |
| > Der Ramadan soll in Berlin sichtbar und erlebbar werden, sagt Anna | |
| > Mechelhoff, Mitgründerin und Leiterin des Kulturfests, das am Samstag | |
| > beginnt. | |
| Bild: Im Ramadan, dem heiligsten Monat für Muslime, wird nicht nur gebetet | |
| taz: Frau Mechelhoff, Sie organisieren seit neun Jahren das Kulturfest „Die | |
| Nächte des Ramadan“. Was ist das Anliegen des Festivals? | |
| Anna Mechelhoff: Der Ramadan ist eine besondere Zeit für Muslime hier in | |
| der Stadt, aber er ist wenig sichtbar. Wir wollen mit einem Kulturfest, das | |
| sich den Ramadan als Rahmen setzt, die Vielfalt und den Reichtum von | |
| muslimisch geprägter Kunst und Kultur auf die Bühnen der Stadt bringen. | |
| Neben dem religiösen Aspekt ist ein zentrales Element des Ramadan, dass | |
| Menschen zusammenkommen und sich austauschen. Das auf das Kulturfest zu | |
| übertragen, ist unser Anliegen – aber auch, den Ramadan in der Stadt | |
| sichtbar und erlebbar zu machen und auch für die Muslime in Berlin zu | |
| bereichern. | |
| Wie unterscheidet sich der Ramadan in Berlin vom Ramadan in einem Land mit | |
| muslimischer Mehrheitsbevölkerung? | |
| Natürlich sehr. Wir haben in diesem Jahr den Schriftzug ergänzt durch den | |
| Zusatz „Berlin“, weil uns diese Frage schon länger umtreibt: Es sind | |
| natürlich die „Nächte des Ramadan“ in Berlin, die wir feiern. Das | |
| Kulturfest findet in den Hochkulturhäusern und Clubs dieser Stadt statt, | |
| das Programm ist sehr divers. So erleben wir Berlin, und das ist auch der | |
| Anspruch an die „Nächte des Ramadan“: eine Vielfalt abzubilden. In Kairo, | |
| Ankara oder Indonesien wird der Ramadan natürlich ganz anders begangen. | |
| Das Programm des Kulturfests ist jung und popkulturell. Erreichen Sie damit | |
| auch konservative Muslime in Berlin? | |
| Die kommen eher zu den Diskussionsveranstaltungen. Es ist uns wichtig, eine | |
| künstlerische Spannbreite, etwa von traditionellen Musikstilen bis zu | |
| zeitgenössischen Genres abzubilden. Natürlich gibt es auch konservative | |
| Stimmen, die sagen: Für mich ist das nichts. Das ist ihr gutes Recht. Für | |
| uns steht nicht der religiöse Impuls im Mittelpunkt. | |
| Sondern? | |
| Wir wollen durch das Kulturfest zeigen, dass Religion auch ganz viel durch | |
| Kultur und Tradition geprägt ist und nicht immer die politische Dimension | |
| im Vordergrund steht. All das wird durch das Kulturfest vermittelt, ohne | |
| den Lehrauftrag vor sich herzutragen. Es geht aber auch um | |
| Herausforderungen und das Zusammenleben in Berlin. Kunst transportiert ja | |
| immer auch Fragen und Themen, die Menschen in einer Stadt bewegen. Das soll | |
| natürlich auch Thema sein. | |
| Wie gehen Sie mit der Problematik um, dass Sie als säkularer, westlicher | |
| Akteur ein Kulturfest zum muslimischen Ramadan organisieren? | |
| Wir haben uns natürlich gefragt, ob wir die Richtigen sind. Das war für uns | |
| der Grund zu sagen: Wir brauchen eine Gruppe, die uns da begleitet. Also | |
| haben wir von vornherein mit einer Initiativgruppe, bestehend aus einer | |
| Islamwissenschaftlerin, dem Museum für Islamische Kunst im Pergamonmuseum, | |
| dem Konservatorium für türkische Musik Berlin und anderen Akteuren, | |
| zusammengearbeitet, um Impulse zu bekommen, wie man sich so einem Thema | |
| nähert. Dieses Jahr arbeiten wir zum ersten Mal mit einer | |
| Netzwerkinitiative aus unterschiedlichen Kulturakteuren zusammen, die ihre | |
| eigenen Programminhalte generieren, die sie im Rahmen des Festivals | |
| abbilden wollen. Dadurch kommt noch einmal eine größere Vielfalt auf. | |
| Und geht das Konzept auch auf? | |
| Das würde ich schon sagen. Es hat über die Jahre einen kontinuierlichen | |
| Austausch gegeben. Es gab davor keine Veranstaltungen dieser Art in Berlin. | |
| Durch Veranstaltungen in den Moscheen öffnen wir neue Kulturräume für ein | |
| Publikum, das jung und popkulturell ausgerichtet ist. Das sind Orte, an die | |
| sie unter anderen Umständen nicht unbedingt gekommen wären. Bei den | |
| Veranstaltungen haben wir das Gefühl, das Kulturfest hat eine Lücke | |
| gefüllt, die es in Berlin gab und noch gibt. | |
| Wie hat sich das Kulturfest im Laufe der letzten Jahre verändert? | |
| Das Kulturfest und auch die Wahrnehmung des Kulturfests hat sich über die | |
| letzten zehn Jahre sehr verändert, einfach weil sich die | |
| gesellschaftspolitische Lage stark verändert hat. Begonnen hat es vor neun | |
| Jahren noch aus dem Post-9/11-Gefühl im weitesten Sinne. Diesem | |
| Generalverdacht gegen Muslime, den man überall spürte, wollten wir | |
| entgegenarbeiten und mittels Kunst und Kultur zu zeigen, was Muslime | |
| weltweit ausmacht. Die Inhalte haben sich natürlich angepasst an die | |
| Entwicklung der letzten Jahre. Die Filme werden von einer Jury ausgewählt, | |
| die sich fragt, was sich in Berlin gerade auf die Agenda drängt. Es gab | |
| Höhen und Tiefen, aber die Kontinuität ist deutschlandweit einzigartig. Ich | |
| glaube, dass allein schon die Kontinuität zeigt, dass der Bedarf da ist und | |
| dass wir den Kulturkalender in Berlin um eine Perspektive bereichert haben. | |
| 27 May 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Elisabeth Kimmerle | |
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