| # taz.de -- Resitution aus Wolfenbüttel: Überleben in Büchern | |
| > Die Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel überprüfte ihre Bestände auf | |
| > NS-Raubgut und gab nun einige Bände jüdischer Sammler zurück. | |
| Bild: Wurde an die ErbInnen restituiert, darf aber in der HAB bleiben: „Studi… | |
| Hamburg taz | Wer gezielt sucht, findet mitunter Dinge, die ihm nicht | |
| gehören. Privat ist das oft Geliehenes, das man zurückzugeben vergaß. Bei | |
| öffentlichen Institutionen können das aber auch in der NS-Zeit [1][geraubte | |
| Objekte] sein, die man emigrierten oder deportierten Verfolgten stahl. | |
| Daher war es dringend geboten, im Zuge des von [2][Deutschen Zentrum | |
| Kulturgutverluste] geförderten Projekts „NS-Raubgut unter den Zugängen der | |
| Herzog August Bibliothek 1933–1969“ in den letzten Jahren auch die dortigen | |
| [3][Bestände zu überprüfen]. | |
| Und man wurde fündig. So trat ein Band aus der einst 20.000 Bücher | |
| fassenden Privatbibliothek des in Bukarest geborenen, seit 1920 in Berlin | |
| lebenden jüdischen Schriftstellers und Historikers Valeriu Marcu | |
| (1899–1942) zutage. Marcu war 1933 erst nach Frankreich und 1941 weiter in | |
| die USA geflohen. Seine zunächst vom NS-Regime beschlagnahmten Bücher | |
| wurden zwar bald freigegeben, aber laut Marcu unvollständig. | |
| Und auch diese Restbibliothek musste er bei der Flucht aus Frankreich | |
| zurücklassen. Das nun in der HAB aufgefundene Buch hatte man 1987 im | |
| britischen Antiquariatshandel erworben. Im Herbst 2024 wurde es an Marcus | |
| Tochter restituiert. | |
| ## Verfolgt trotz Konversion | |
| Ein intensiver Büchersammler war auch der jüdische Wiener Bibliothekar und | |
| Kunstsammler Moritz Grünebaum (1873–1941). Obwohl er zum Katholizismus | |
| übertrat, wurde er nach dem „Anschluss“ Österreichs ans Deutsche Reich von | |
| NS-Regime verfolgt und 1940 zur Zwangsumsiedlung in eine „Sammelwohnung“ | |
| gezwungen. | |
| Seine Bestände an Exlibris, Grafiken und Büchern musste er bei der | |
| Spedition J. Z. Dworak junior einlagern, gegen den nach dem Krieg wegen | |
| Veruntreuung eingelagerter Gegenstände ermittelt wurde. | |
| Auch persönlich ging Moritz Grünebaums Geschichte nicht gut aus: Seine | |
| Schwester und Nichte wurden 1942 im belarussischen Vernichtungslager Maly | |
| Trostinez ermordet, er selbst starb im Ghetto Theresienstadt. Von | |
| Grünebaums Sammlung weiß man nur, dass zwischen 1948 und 1957 einzelne | |
| Stücke im Wiener Kunsthandel kursierten. | |
| Das jetzt in der [4][HAB Wolfenbüttel] gefundene und gleichfalls an die | |
| Erben restituierte Buch – die dreibändige Ausgabe von Friedrich Nicolais | |
| „Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker“ | |
| (1773–1776) stammte aus dem Nachlass des Komponisten und Hochschullehrers | |
| Ernst Pepping (1901–1981). | |
| ## Schlüsselwerk der Aufklärung | |
| Ihm wird ein ambivalentes Verhältnis zum NS-Regime zugeschrieben. Das Buch | |
| selbst ist Friedrich Nicolais (1733–1811) einziger Roman. In satirischem | |
| Duktus verwebt der Autor Fiktion und Philosophie; das Buch gilt als | |
| Schlüsselwerk der deutschen Aufklärung. | |
| Und eine weitere Restitution ist zu vermelden: Im Dezember 2024 wurde den | |
| ErbInnen das Buch „Studien über Goethe“ zurückgegeben. Es gehörte zur | |
| Privatbibliothek Benny Mielziners (1853–1926), bis 1925 Vorsteher der | |
| [5][Braunschweiger Jüdischen Gemeinde]. Mielziners Frau Marie Therese | |
| Widmann (1853–1940), und die fünf Kinder waren während der NS-Zeit | |
| antisemitischen Repressionen ausgesetzt. | |
| Die ErbInnen beließen das Buch nun als Schenkung in der HAB. Es war Teil | |
| der 1987 erworbenen, in Bezug auf NS-Raubgut als kritisch geltenden | |
| Sammlung des Literaturwissenschaftlers Hans Pyritz (1905–1958). | |
| 12 Apr 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Petra Schellen | |
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