# taz.de -- Neue Demokratiemodelle: Trump beikommen | |
> Das US-Regime ist Folge der Versäumnisse der 90er Jahre. Die | |
> demokratischen Parteien müssen jetzt Handlungswillen und -fähigkeit | |
> zeigen. | |
Bild: Es ist ein langer Weg zu gehen, um dem Faschismus auf die Spur zu kommen,… | |
Man kann das Regime von US-Präsident Donald Trump auf verschiedene Weise | |
analysieren: als faschistischen Coup, wobei sich die Deutschen immer noch | |
im diskursiven Besitzerstolz üben und den Amerikanern erklären wollen, dass | |
Faschismus eigentlich nur echt „made in Germany“ ist. | |
So wie neulich erst bei „[1][Maischberger]“ mit Befremden auf eine lebhafte | |
US-amerikanische Diskussion zu dem Thema geschaut wurde, die einen | |
intellektuellen Reichtum offenbart zwischen so auseinanderdriftenden | |
Positionen wie etwa [2][Timothy Snyder] und John Ganz. | |
Man kann das Regime Trump als autoritäre Machtübernahme beschreiben und auf | |
den [3][Druck auf die Universitäten] verweisen, auf die menschenverachtende | |
Grenzpolitik, auf die Einschränkung der Meinungsfreiheit, auf den Angriff | |
auf die Medien und die Justiz und letztlich das System der Demokratie | |
selbst. | |
Man kann das Regime speziell von [4][Elon Musk] als Staatszerstörung | |
verstehen, verbunden mit einer techno-feudalistischen Arrondierung, was | |
einen Abschied vom System der freien Märkte bedeutet, wie es [5][Peter | |
Thiel] fordert, der ein Übermenschentum feiert, das wahlweise mehr | |
Nietzsche oder mehr Nazi ist. | |
Man kann es auch weiter gefasst als techno-futuristische Vorbereitung auf | |
eine Welt ohne Menschen oder jedenfalls Menschlichkeit sehen, weil diese | |
Kreaturen auf dem immer klimadurchschüttelteren Planeten eh nur ein | |
Hindernis sind auf dem Weg ins All – der Mars als Grönland in den Sternen | |
also: Was sich auf der Erde als neoimperiale Machtpolitik zeigt, Landnahme | |
nach Lustgewinn und Profitorientierung, wird damit zum Muster einer | |
mafiösen Umverteilungsmaschinerie, angetrieben von Leuten, die auf die | |
Fragen von globaler Gerechtigkeit mit dem Gelächter der Schlechtmenschen | |
antworten. | |
Und je nachdem, wie man das Regime beschreibt, ergeben sich bestimmte | |
Konsequenzen, wie man das Regime bekämpfen kann. Sind es Rassisten, die vor | |
allem die Herrschaft der Weißen sichern wollen? Sind es Frauenfeinde, die | |
ihre eigene toxische Männlichkeit in ein effektives Machtmittel verwandelt | |
haben? Sind es überrationale Paranoiker, schwer gestörte Vateropfer, in | |
Südafrika erzogene Suprematisten? | |
Es ist schwer, in dem postideologischen Wirrwarr den Ansatz für Widerstand | |
zu finden, und auch deshalb ist die Demokratische Partei in den USA | |
augenblicklich so erschreckend ratlos. Wenn man sich aber die jüngere | |
Geschichte anschaut und vor allem die Verbindung zwischen Trump und etwa | |
der AfD sucht, dann kommt noch eine andere Erklärung in den Blick, die | |
ihren Ursprung in den 90er Jahren hat und möglicherweise einen | |
wirkungsvolleren Ansatz bietet, wie sich eine politische Antwort auf die | |
auch politische Herausforderung von Trump finden lässt. | |
Dieses Regime, erkennt man dann, wirkt auch deshalb auf viele Menschen so | |
anziehend, weil Trump ihnen zeigt, dass Politik nicht machtlos ist, dass | |
Versprechen gehalten werden und Wahlen wirken können. Das ist eine sehr | |
unangenehme Antwort, weil sie das eigene Milieu und die eigenen blinden | |
Flecken betrifft: Was ist das für ein System, das nach dem Ende des Kalten | |
Krieges 1989 entstanden ist und dessen Ära nun zu Ende geht – der | |
Neoliberalismus, der auch deshalb so erfolgreich werden konnte, weil sich | |
die konservativen, besonders aber die sozialdemokratischen Parteien der | |
Dominanz des Marktes hingegeben haben? | |
Wie konnten wir glauben, dass die dauernde Schwächung demokratischer | |
Handlungsfähigkeit zugunsten ökonomischer Akteure, Institutionen, | |
Rationalität langfristig ohne Folgen für die Demokratie bleiben würde? Wo | |
die Ordnung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 durch die Vereinten | |
Nationen gestaltet wurde, was immerhin eine Art von geopolitisch | |
realistischer Utopie nationalstaatlich vermittelter Gerechtigkeit in sich | |
trug, war es nach dem Ende des Kalten Krieges 1989 die | |
Welthandelsorganisation WTO, die mit immer destruktiveren Mitteln in die | |
demokratischen Prozesse zahlreicher Länder hineinwirkte. | |
Von Russland bis Indonesien reichte der Einfluss von Austerität, Freihandel | |
und einem finanzpolitisch mehr als demokratisch legitimierten Regime, das | |
viele Menschen wütend, verletzt, verarmt zurückließ. | |
## Trump ist jemand, der handelt | |
Viele demokratische Parteien hatten es sich in der eigenen Macht- und | |
Visionslosigkeit technokratisch bequem gemacht – sie verwalteten den | |
langsamen Abstiegsprozess einer Mittelschicht, die immer mehr unter Druck | |
geriet, während man die Allerärmsten gegeneinander oder gegen Migranten | |
ausspielte. | |
Trump ist demnach eine Antwort auf die Versäumnisse der 90er Jahre: Hier | |
ist jemand, der handelt – in einer Welt, in der Handlungen zu einem sehr | |
undurchsichtigen Vorgang geworden sind, schwer zu lokalisieren, so wie es | |
überhaupt im komplizierten System unserer überkomplexen Gegenwart schwer | |
ist zu verstehen, wo genau die Macht liegt und wie man Widerstand leisten | |
kann. | |
Die Herausforderung der demokratischen Parteien wird demnach sein, dass sie | |
beweisen müssen, dass sie auch handeln, dass sie Probleme wie die | |
grassierende Milliardärsvermehrung oder hohe Butter-, Wohnungs- und | |
Restaurantpreise ernst nehmen – und etwas dagegen tun. | |
Trump ist dennoch alles, was ihm vorgeworfen wird, Faschist, Rassist, | |
Mafioso, imperialer Deal-Maker, König von eigenen Gnaden. Aber man wird ihm | |
auf dieser Ebene nicht beikommen. Es ist nicht mal eine Ebene, es ist ein | |
Sumpf. Hier kann man sich diskursiv verlieren – es ist in vielem bequemer, | |
weil man sich nicht seinen eigenen Widersprüchen stellen und den langen Weg | |
zu einer anderen Form von Demokratie beginnen muss. Aber anders wird es | |
nicht gelingen: Geschichte wird rückwärts verstanden, vorwärts gemacht. | |
26 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ardmediathek.de/video/maischberger/aktuelle-folge/das-erste/Y3J… | |
[2] https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/ukraine-frieden-oder-aufteilung | |
[3] /Trumps-Kampf-gegen-die-Universitaeten/!6074637 | |
[4] /Elon-Musks-politischer-Feldzug/!6058331 | |
[5] https://netzpolitik.org/2025/palantir-wer-jetzt-bei-peter-thiel-software-ka… | |
## AUTOREN | |
Georg Diez | |
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