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# taz.de -- Rüstungsausgaben: 2,5 Milliarden für eine Whatever-it-takes-Frega…
> Sind vier U-Boote und sechs Fregatten so viel wert wie Heimpflege und
> Wohngeld? Unsere Kolumnistin hätte die Verteidigungspläne gern
> aufgedröselt.
Bild: Mehr Fregatten will die nächste Bundesregierung: Bundeswehrsoldaten im A…
Die Wonne schwappte morgens geradezu aus dem Radio. Armin Papperger,
Vorstandschef des Rüstungskonzerns Rheinmetall, schilderte im
Deutschlandfunk seine Sicht darauf, dass die Sicherheit nun einen „viel,
viel größeren Stellenwert bekommen muss“. Papperger hatte zwar kurz aus dem
Blick verloren, wie stark der Rheinmetall-Aktienwert über Nacht schon
wieder gestiegen war. Doch viel wichtiger, ja entscheidend sei doch,
„[1][dass wir für die Sicherheit unseres Landes kämpfen wollen und
müssen]“.
Bei einem Anstieg der europäischen Rüstungsausgaben auf 2,5 bis 3 Prozent
vom BIP rechne Rheinmetall bis 2030 mit einem Potenzial von 300 bis 400
Milliarden Euro an Auftragseingängen. Um diesem Potenzial „gerecht zu
werden“, sagte Papperger, müsse Rheinmetall seine Kapazitäten noch einmal
verdoppeln. „Und das tun wir.“ Es klang, als solle man ihm schon auch
dankbar sein.
Meine, deine, unser aller Sicherheit als Produkt aus Auftragseingängen in
mehrstelliger Milliardenhöhe, die zu schultern ein tapferes Unternehmen
sich zutraut: Ist das schon der Sound eines neuen militärisch-industriellen
Komplexes in Europa? Der US-amerikanische Präsident Dwight D. Eisenhower
prägte 1961 für die geflissentliche Verschmelzung von Sicherheits- und
Rüstungs(industrie)interessen den Begriff „[2][military-industrial
complex]“. Darunter wurde in den USA dann auch eine besondere Nähe unter
politischem, wirtschaftlichem und militärischem Spitzenpersonal verstanden.
Insgesamt leistete der Begriff womöglich einer ganzen Tradition
verschwörungstheoretischen Denkens Vorschub.
Doch werden wir vielleicht noch nach Worten dafür suchen müssen, was
eigentlich passiert, wenn Geld in unbegrenzter Höhe in Aufrüstung fließen
darf – in den Worten des Kanzlerkandidaten [3][Friedrich Merz: „whatever
it takes“]. Die Militärkosten ab 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von
der Schuldenbremse auszunehmen, wie jetzt Schwarz-Rot mit den Stimmen der
Grünen vereinbart hat, ist ja wahrscheinlich einerseits richtig. Soll
heißen: Die Bedrohung durch Wladimir Putins Russland braucht niemand
kleinzureden. Andererseits sehe ich bisher nicht ausreichend Anlass, darauf
zu vertrauen, dass unsere demokratischen Instanzen angemessen kontrollieren
werden, was da nun mit whatever it takes wofür abfließt und inwiefern das
genau unserer Sicherheit dient.
## Die „größten Brocken“ sind für die Marine
Gern hätte ich zum Beispiel mehr darüber erfahren, was in der letzten
Sitzung des Jahres 2024 im Haushaltsausschuss des Bundestags besprochen
wurde, als dort 38 Rüstungsprojekte im Wert von rund 17 Milliarden Euro
trotz Wahlkampf einträchtig durchgewunken wurden. Nur zur Einordnung: 17
Milliarden Euro, das waren zum Beispiel die [4][Ausgaben der
Pflegeversicherung] für die Heimpflege im Jahr 2023. Immerhin hat der
Militärexperte Thomas Wiegold dankenswerterweise in seinem Blog [5][über
die teure Sitzung geschrieben].
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bezeichnete im Anschluss zwei
Großgerätschaften für die Marine als „größten Brocken“: vier U-Boote U…
CD und die „enorm wichtige Fregatte F127“ beziehungsweise der „Startschus…
für dieselbe. Die U-Boote sind zunächst mit knapp 5 Milliarden Euro
veranschlagt, bauen soll sie Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) in Kiel und
Wismar. Sechs Fregatten werden [6][derzeit auf 15 Milliarden Euro
geschätzt]. Demnach kostet jede einzelne etwas mehr als zum Beispiel das
komplette [7][Wohngeld des Jahrs 2024].
Sind vier U-Boote und sechs Fregatten so viel wert wie die Heimpflege und
das Wohngeld? Wer auch immer bei Schwarz-Rot demnächst für Verteidigung
zuständig ist – ich bekäme das dann doch gern aufgedröselt.
23 Mar 2025
## LINKS
[1] https://www.deutschlandfunk.de/new-german-kraftprotz-interview-armin-papper…
[2] https://www.archives.gov/milestone-documents/president-dwight-d-eisenhowers…
[3] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/merz-schulden-kehrtwende…
[4] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/S…
[5] https://augengeradeaus.net/2024/12/vollzug-bundestagsausschuss-billigt-reko…
[6] https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Flugabwehr-fuer-Ostse…
[7] https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-963254
## AUTOREN
Ulrike Winkelmann
## TAGS
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Rüstung
Bundeswehr
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Friedrich Merz
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