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# taz.de -- Gentech-Mäuse mit Mammutfell: Jurassic Park in süß
> Eine Firma hat Mäuse mit Urzeitfell gezüchtet. Sie will das Mammut
> zurückbringen – gäbe es da nicht andere Mittel, die Artenvielfalt zu
> bewahren?
Bild: Genetisch veränderte Maus mit wolligem Haar
Die Eiszeit kommt wieder. Genauer gesagt, die Mammuts, die flauschigen
Großcousins der Elefanten. Doch um das Mammut wieder zum Leben zu erwecken,
hat sich die US-Biotech Firma Colossal Biosciences erst einmal kleineren
Lebewesen gewidmet: der Maus.
Sie ist blond, flauschig und super süß. Das Ergebnis des neuesten
„Meilensteins“ in der Genwissenschaft sind gentechnisch [1][veränderte
Mäuse,] deren Fellstruktur mammutähnliche Eigenschaften besitzen soll. Die
Forscher*innen wollen so herausfinden, wie die Anpassung eines Tieres an
Kälte stattfindet.
Die Forscher:innen von Colossal Biosciences veränderten zehn Gene, die
die Haarstruktur und das Körperfett beeinflussen. Das führte dazu, dass die
„Mammutmäuse“ welliges blondes Fell und gelockte Schnurrhaare bekamen. Um
jedoch in kalten Gebieten überleben zu können, braucht die Maus nicht nur
dickes Fell, sondern auch eine isolierende Haut und Fettreserven, die
Energie spenden. Leider war das wollige Ergebnis genauso mager wie ihre
normalen Artgenossen und könnte so nicht in der Kälte überleben.
Ein wirklicher Schritt zum gigantischen Mammut ist die flauschige Maus also
nicht. Doch das hält [2][Colossal Biosciences] nicht davon ab, in riesige
Fantasievorstellungen abzudriften – als Fernziel wollen sie die Embryonen
Asiatischer Elefanten gentechnisch so verändern, dass sie einen
Elefant-Mammut-Hybriden erschaffen können.
## Mammuts gegen den Klimawandel
Diese sollen in Ostsibirien [3][das Auftauen von Permafrostböden
aufhalten], indem sie den Frost fest stampfen und so der
Kohlenstofffreisetzung entgegenwirken. Mit dieser recht absurden Idee will
Colossal Biosciences versuchen, den Klimawandel auszubremsen. Die Firma
behauptet, dadurch ein „funktionierendes Modell für die Wiederherstellung
geschädigter oder verloren gegangener Ökosysteme“ ermöglichen zu können.
Mammuts starben vor etwa 4.000 Jahren aus – dafür war der Mensch
verantwortlich. Auch der Asiatische Elefant, der für die Wiederbelebung des
Mammuts herhalten soll, ist heute vom Aussterben bedroht.
Und Colossal Biosciences gab an, dass sich im Mausexperiment nur 10 Prozent
der Embryos zu ausgewachsenen Mäusen entwickelten, die anderen 90 Prozent
starben. Anstatt nun die Asiatische Elefanten für einen
Elefant-Mammut-Hybriden zu benutzen, wäre es eher eine Innovation, mithilfe
von Gentechnologie der stark bedrohten Art zu helfen.
Neben dem Asiatischen Elefanten sind [4][mehr als 166.000 weitere Tierarten
vom Aussterben bedroht]. Diese Zahl auf der roten Liste steigt immer
weiter. Mitten im Artensterben wollen wir jetzt noch das Mammut
zurückholen.
Zusätzlich zur Klimakrise ist das Artensterben eine der größten Bedrohungen
für unsere Erde. Lebensraumverlust, Wilderei, Erderhitzung,
Umweltverschmutzung und invasive Arten – der Artenverlust ist vorwiegend
menschengemacht. Wir sollten mehr für den Erhalt der Tiervielfalt tun,
ihren Lebensraum beschützen, anstatt uns ausgestorbenen Tierarten zu
widmen, die vielleicht gar nicht überleben könnten.
Die Wiederbelebung ausgestorbener Tierarten im Kampf gegen den [5][Anstieg
von Treibhausgasen] und somit der Klimakrise kann uns auch nicht helfen,
wenn sich die Ökosysteme drastisch verändern. Absurd wäre da der Gedanke,
dass eine Herde Mammuts ansatzweise die Klimakrise verlangsamen könnte, wie
Colossal Sciences auf ihrer [6][Webseite] behauptet. Zudem könnte man nicht
abschätzen, wie ein mammutähnlicher Gigant Fauna und Flora verändern würde.
## Wieso beim Mammut aufhören?
Anstatt Gott zu spielen, sollten wir uns andere Möglichkeiten überlegen,
die Artenvielfalt zu bewahren.
Colossal sollte ihren gigantischen Traum – [7][Jurassic Park in süß] – al…
nochmal überdenken. Dabei ließe sich der Gedanke ja noch endlos
weiterführen: Wieso beim Mammut aufhören? Wieso nicht noch mehr Geld und
Ressourcen investieren, um alle möglichen anderen ausgestorbenen Tiere zum
Leben zu erwecken?
So will Colossal Biosciences nicht nur das Mammut wiederbeleben – auch den
tasmanischen Tiger, den Dodo-Vogel und den nördlichen Breitmaulnashorn will
die Biotech-Firma aus dem Totenreich zurückholen.
Wir sollten uns nicht in die Ära der Wiederbelebung stürzen, wenn wir die
Ära des Artensterbens nicht unter Kontrolle bringen können. Die Mammuts
werden uns nicht helfen, die Artenvielfalt zu bewahren oder den Klimawandel
zu verlangsamen. Also lasst die flauschigen Mammuts in der Vergangenheit.
Denn die Tiere, die jetzt noch leben, brauchen unseren Schutz.
6 Mar 2025
## LINKS
[1] https://www.tagesschau.de/wissen/forschung/maeuse-mit-mammutfell-gezuechtet…
[2] https://colossal.com/mammoth/
[3] https://t3n.de/news/wiederbeleben-wollmammut-mammut-sibirien-methan-klima-1…
[4] https://www.wwf.de/themen-projekte/artenschutz/rote-liste-gefaehrdeter-arten
[5] https://colossal.com/can-bringing-back-mammoths-help-stop-climate-change/
[6] https://colossal.com/bringing-back-woolly-mammoth-to-fight-climate-change/
[7] https://edition.cnn.com/2025/01/16/science/colossal-de-extinction-funding-r…
## AUTOREN
Julia Schöpfer
## TAGS
Schwerpunkt Gentechnik
Tierversuche
Mäuse
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