| # taz.de -- Wieder im Kino: Urlaub mit Che Guevara | |
| > Das Babylon Mitte schickt uns auf eine Reise voller Hoffnung. Das | |
| > Zeughauskino erinnert an den nach der Flucht vor den Nazis vergessenen | |
| > Hugo Haas. | |
| Bild: „Diaros de Motocicleta – Motorcycle Diaries“ (2004), Regie: Walter … | |
| Urlaubmachen mit Che Guevara: In rund sieben Monaten durchquert er | |
| gemeinsam mit seinem Kumpel Alberto den südamerikanischen Kontinent vom | |
| Süden bis zum Norden. Die Reise, die der Film „Diaros de Motocicleta“ | |
| („Motorcycle Diaries“, 2004) des brasilianischen Regisseurs Walter Salles | |
| beschreibt, fand im Jahr 1952 tatsächlich statt und schärfte das politische | |
| Bewusstsein des damals 23-jährigen Medizinstudenten Guevara: Denn der | |
| Kontakt mit der Bevölkerung bedeutete auch, direkt mit den Auswirkungen von | |
| Armut, Ausbeutung und Unterdrückung in Lateinamerika konfrontiert zu | |
| werden. | |
| Salles' Film stützt sich auf Aufzeichnungen der beiden Abenteurer: Im | |
| ersten Teil der anfangs mit einem klapperigen Motorrad zurückgelegten Reise | |
| dominiert eine lebendige und humorvolle Schilderung des Abenteuerlichen, im | |
| zweiten Teil wiegen dagegen die persönlichen Begegnungen mit Verfolgten und | |
| Ausgebeuteten schwerer, und der Tonfall wird ernster. | |
| Im Wesentlichen ist „Diaros de Motocicleta“ aber eine überzeugende | |
| Darstellung dessen, was es bedeutet, jung zu sein und mit offenen Augen | |
| durch die Welt zu gehen. Seine Reisenotizen, so schrieb Guevara, seien | |
| nichts anderes als „eine Momentaufnahme von einer bestimmten gemeinsamen | |
| Wegstrecke gleicher Hoffnungen und verwandter Träume“ (10.3., 17 Uhr, | |
| [1][Babylon Mitte]). | |
| Den Begriff POV (Point of View) kennen die meisten Leute heute wohl vor | |
| allem aus Billigpornos mit Wackelkamera. Was insofern interessant ist, als | |
| er in diesem sehr speziellen Genre offenbar eine zweifelhafte | |
| Identifikationsstrategie verspricht, die bei den wenigen Versuchen, sie im | |
| klassischen Hollywoodkino anzuwenden, noch ziemlich versagte. Im Jahr 1947 | |
| kam sie dort zweimal zum Einsatz: So ist die Chandler-Verfilmung „Lady in | |
| the Lake“ komplett aus der Perspektive des Detektivs Philip Marlowe | |
| aufgenommen – man sieht ihn tatsächlich nur, als er einmal in einen Spiegel | |
| schaut. | |
| Der jetzt im Babylon Mitte zu sehende Film „Dark Passage“ von Delmer Daves | |
| bedient sich dieser Strategie nur im ersten Teil der Geschichte, in dem | |
| sich ein Sträfling nach seiner Flucht aus dem Gefängnis zum Zweck der | |
| Identitätsverschleierung einer Gesichtsoperation unterzieht. | |
| Sobald die Bandagen schließlich entfernt werden, erkennt man in dem nunmehr | |
| auf Rache sinnenden Gangster Humphrey Bogart, und der Film wechselt zu | |
| einer herkömmlichen Perspektive. Erfolgreich war das seinerzeit nicht, doch | |
| es ist ein schönes Beispiel für den Experimentierwillen im alten | |
| Studiosystem (6.3., 18 Uhr, 10.3., 22.15 Uhr, [2][Babylon Mitte]). | |
| Ein bekannter Name ist Hugo Haas heute nicht mehr. In der Tschechoslowakei | |
| vor dem Zweiten Weltkrieg ein gefeierter Schauspieler und Regisseur, war er | |
| nach der Flucht vor den Nazis in den USA für viele Jahre nur einer von | |
| unzähligen Emigranten, die sich bei Film und Theater irgendwie | |
| durchschlugen. | |
| 1951 steckte er schließlich seine gesamten Ersparnisse in die Produktion | |
| des Filmes „Pickup“ und etablierte mit diesem kleinen B-Picture ein Muster | |
| für eine ganze Reihe von Filmen, die er in den kommenden zehn Jahren in | |
| Amerika drehte: abgründige Dreiecksgeschichten um ältere Männer, die es zu | |
| bescheidenem Wohlstand gebracht haben und alsbald von einer sehr jungen und | |
| blonden Frau ruiniert werden. | |
| In „Pickup“ spielt Haas selbst die Rolle des verwitweten | |
| Bahnstreckenwärters, der sich in der Stadt einen neuen Hund besorgen will | |
| und stattdessen auf einem Jahrmarkt eine Blondine (Beverly Michaels) | |
| kennenlernt, die kaugummikauend auf einem Karussellpferd sitzt und deren in | |
| Untersicht aufgenommen Beine ihr bis zum Hals zu reichen scheinen. Das geht | |
| keinesfalls gut aus! (9.3., 18 Uhr, [3][Zeughauskino]). | |
| Heute ist Nick Cave ja eher der Elder Statesman des Rock, doch das war | |
| nicht immer so: Anfang der 1980er Jahre galt seine Band The Birthday Party | |
| als der wildeste und eigensinnigste Haufen Musiker ihrer Zeit. Kann ich aus | |
| eigener Anschauung bestätigen – und auch die Doku „Mutiny in Heaven“ mac… | |
| dies mit Konzertausschnitten und den O-Tönen der Musiker noch einmal sehr | |
| deutlich (9.3., 20.15 Uhr, [4][Kino im Kulturhaus Spandau]). | |
| 6 Mar 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://babylonberlin.eu/film/8341-walter-salles-motorcycle-diaries | |
| [2] https://babylonberlin.eu/programm/festivals/film-noir/8332-film-noir-dark-p… | |
| [3] https://www.dhm.de/zeughauskino/vorfuehrung/pickup-12699/ | |
| [4] https://www.kinoimkulturhaus.de/Spielplan | |
| ## AUTOREN | |
| Lars Penning | |
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