# taz.de -- Wieder im Kino: Rennen, schnaufen, schwitzen | |
> Physische Präsenz: Im Babylon ermittelt Gene Hackman noch einmal in „The | |
> French Connection“. Das Zeughauskino würdigt seine Zeitgenossin Kim | |
> Novak. | |
Bild: Gene Hackman in „The French Connection“, USA, 1971, R: William Friedk… | |
Als Gene Hackman [1][im Februar unter zunächst ungeklärten Umständen | |
95-jährig verstarb], wurde mir bewusst, dass ich nie darüber nachgedacht | |
hatte, dass der Schauspieler überhaupt noch lebte. Bereits 2004 hatte er | |
sich aus dem Rampenlicht zurückgezogen und lebte mit seiner Frau Betsy in | |
Santa Fé, New Mexico. Bis zu seinem tragischen Tod produzierte er keine | |
Schlagzeilen mehr. | |
Dabei war Hackman definitiv einer der ganz Großen des Filmgeschäfts | |
gewesen, vor allem in den 1970er und -80er Jahren, nachdem er als | |
Rauschgiftfahnder „Popeye“ Doyle in William Friedkins Thriller „The French | |
Connection“ (1971) oscarprämiert zum Star geworden war. Mit über 40 Jahren, | |
eher bulligem Aussehen und schwindendem Haaransatz nicht zum Liebhaber | |
prädestiniert, reüssierte Hackman stattdessen mit Rollen, in denen seine | |
ganz spezielle Mischung aus hemdsärmeliger Jovialität und brachialer Härte | |
gefragt war. | |
Der dickköpfige Cop in „The French Connection“ setzte dafür den Maßstab: | |
über schmuddelige Hinterhöfe, durch schummerige Bars und quer durch das | |
unvermeidliche New Yorker Verkehrschaos geht hier die Jagd zweier | |
Polizisten auf einen smarten Rauschgiftdealer – und vor dem übermotivierten | |
„Popeye“ Doyle müssen sich selbst die Kollegen in Acht nehmen. | |
Der Film setzt dabei ganz auf Hackmans physische Präsenz: Man sieht ihn mit | |
bewundernswerter Beharrlichkeit rennen, schnaufen und schwitzen – selten | |
zuvor hatte jemand einen derartig hartnäckigen und verbissenen Polizisten | |
auf die Leinwand gebracht (16.3., 20.45 Uhr, 18.3., 20 Uhr, [2][Babylon | |
Mitte]). | |
Nur drei Jahre jünger als Hackman, gehört Kim Novak lediglich vom Alter her | |
zur gleichen Generation: Novak war in den 1950er-Jahren einer der letzten | |
weiblichen Stars des alten Studiosystems gewesen, aufgebaut mit strikter | |
Disziplin, viel Geld und Publicity sowie dem festen Glauben, dass Schönheit | |
im Kino allemal deutlich wichtiger ist als Schauspieltalent. Kurioserweise | |
spiegeln viele von Novaks Filmen genau diese Diskrepanz zwischen dem Blick | |
der Anderen und der Eigenwahrnehmung der Schauspielerin wider. | |
In der Verfilmung von William Inges Broadway-Hit „Picnic“ (R: Joshua Logan, | |
1955) verkörpert Novak das hübscheste Mädchen einer Kleinstadt in Kansas: | |
Alle dort halten sie für dumm, aber schön – die Schönheitskönigin auf dem | |
Ortsfest, ein Vorzeigeobjekt für ihren reichen Verlobten. | |
„Picnic“ wird die Geschichte ihrer Emanzipation erzählen, wenn sie am Ende | |
zum ersten Mal ihren eigenen Kopf durchsetzt und mit einem abgebrannten | |
Herumtreiber in die große Stadt durchbrennt (15.3., 20 Uhr, | |
[3][Zeughauskino]). | |
Dogma 95, das war ein seinerzeit viel diskutiertes Manifest dänischer | |
Filmregisseure mit strikten Regeln für die Produktion eigener Filme. Dabei | |
ging es unter anderem um den Dreh an Originalschauplätzen und den Einsatz | |
von Handkameras – im Endeffekt hielten sich die dänischen Regiegrößen dann | |
allerdings eher selten an ihre eigenen Regeln. | |
Das dreißigste Jubiläum des Manifests nimmt das Bali Kino nun zum Anlass, | |
in der kommenden Woche „Dogma“-Filme im weitesten Sinne zu zeigen: | |
Klassiker wie Thomas Vinterbergs „Das Fest“ ebenso wie Lars von Triers | |
komplexes Meta-Musical „Dancer in the Dark“, in dem Musik und Tanz einer | |
erblindenden jungen Frau (gespielt von der isländischen Sängerin Björk) als | |
ideelle Fluchten aus ihren mehr als bedrückenden Lebensumständen dienen | |
(„Das Fest“: 13.13.-14.3., 18 Uhr, 20.30 Uhr, „Dancer in the Dark“: 16.… | |
18 Uhr, 20.30 Uhr, [4][Bali Kino]). | |
13 Mar 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Tod-von-Gene-Hackman-und-Betsy-Arakawa/!6074208 | |
[2] https://babylonberlin.eu/film/8358-the-french-connection | |
[3] https://www.dhm.de/zeughauskino/vorfuehrung/picnic-12715/ | |
[4] https://www.balikino-berlin.de/programm/ | |
## AUTOREN | |
Lars Penning | |
## TAGS | |
taz Plan | |
Kolumne Frisch gesichtet | |
Filmgeschichte | |
taz Plan | |
taz Plan | |
taz Plan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kinotipp der Woche: Besitz ergreifend | |
Zur Filmreihe „Bessessen“ ziehen düstere Mächte ihre Kreise um die | |
Menschen. Wer dabei an Politik denken muss, kriegt unheimliche Parallelen | |
zu spüren. | |
Wieder im Kino: Urlaub mit Che Guevara | |
Das Babylon Mitte schickt uns auf eine Reise voller Hoffnung. Das | |
Zeughauskino erinnert an den nach der Flucht vor den Nazis vergessenen Hugo | |
Haas. | |
Kinotipp der Woche: Ungefüg unterwegs | |
Klassisches Hollywood mit innovativen Twists: Die Reihe „The Lady with the | |
Torch“ zeigt Filme der Columbia Studios, u. a. Dorothy Arzners „Craig's | |
Wife“. |