# taz.de -- Kinotipp der Woche: Surreale Mitschnitte | |
> Das Wolf Kino lädt zur David Lynch-Werkstatt. Neben mitgebrachten | |
> Snippets und gemeinsamer Diskussion läuft der Twin Peaks-Prequel „Fire | |
> Walk With Me“. | |
Bild: Prequel zur Kultserie „Twin Peaks“: David Lynchs „Fire Walk With Me… | |
Mitte Januar ist David Lynch, der große Meister des Rätselhaften und | |
Versponnenen, gestorben. In zig Nachrufen wurde noch einmal seine Arbeit | |
gewürdigt und mit spürbarem Erstaunen auf ein Werk geblickt, das so | |
grenzenlos sperrig ist und für nicht wenige noch einmal ganz neu definiert | |
hat, was in einem Kinofilm alles möglich ist. Lynch tat ja eigentlich alles | |
dafür, dem Status eines Kultregisseurs nicht zu entwachsen, und blieb trotz | |
zunehmender Erfolge immer der Typ, der mit diesem wahnwitzig surrealen | |
[1][Mitternachtsfilm „Eraserhead“] bekannt wurde. | |
Trotz und vielleicht auch wegen all den Schrulligkeiten, die er in Szene zu | |
setzen wusste, fand er eine Zeit lang ein so großes Publikum, dass er sich | |
in Hollywood eigentlich alles erlauben konnte. Er bewies, dass man auch | |
ordentlich auf allerlei tradierte Konventionen des Filmemachens pfeifen und | |
damit trotzdem die Leute abholen kann. | |
Und weil das Schaffen Lynchs bleiben wird und [2][Filmgeschichte | |
geschrieben hat], würdigt das Wolf Kino nun fast eineinhalb Monate nach | |
seinem Tod den Meister noch einmal mit einen ganz persönlichen Hommage. Am | |
26. Februar wird dort sein Spielfilm „Fire walk with me“ gezeigt, | |
vielleicht nicht unbedingt sein größter Film. Vorab wird es aber noch etwas | |
ganz Spezielles geben. Das Wolf hatte auf seiner Homepage Fans und | |
Liebhaber dazu aufgerufen, besondere Lynch-Momente einzusenden – von | |
Filmschnipseln über Interviews bis zu seinem [3][„Daily Weather Report“] �… | |
und eine Auswahl davon wird nun auf der großen Leinwand vor dem | |
eigentlichen Spielfilm gezeigt. | |
Es gibt da ja ein paar sehr berühmte Szenen aus Lynchs Ouvre, die es | |
vielleicht auch in diese Auswahl geschafft haben. Etwa den irren Moment in | |
„Blue Velvet“, in dem Dennis Hopper mit zittrigen Lippen die Schnulze „In | |
Dreams“ von Roy Orbison mitmurmelt und ihm der Wahnsinn ins Gesicht | |
geschrieben steht. Oder den Vorspann seiner Serie „Twin Peaks“, der mit dem | |
Jazz-Noir seines Hauskomponisten Angelo Badalamenti die romantischen Bilder | |
aus der amerikanischen Provinz mit transzendenter Unheimlichkeit auflädt | |
und damit das Wesen der ganzen Serie perfekt zusammenfasst. | |
Wer die Serie kennt und vielleicht auch liebt, hat diesen Vorspann bereits | |
zig Mal gesehen [4][bzw. gehört], aber man kann eigentlich nie genug von | |
ihm bekommen. Das wohlige Gefühl, gleich danach wieder allerlei falsche | |
Fährten bei der Suche nach dem Mörder von Laura Palmer gelegt zu bekommen, | |
stellt sich immer noch ein, wenn man ihn sieht. Und da „Fire walk with me“ | |
der Film zur Serie ist, die Anfang der Neunziger alle in ihren Bann zog, | |
gibt es genau diesen Vorspann hier auch wieder zu sehen, allerdings nicht | |
gleich zu Beginn, sondern erst nach einer guten halben Stunde, wenn die | |
Handlung dann endlich in das Kaff Twin Peaks verlegt wird. | |
„Fire walk with me“ ist ein Prequel zur Serie und zeigt, wie sich Laura | |
Palmer sukzessive in einem Strudel aus Drogen, Sex und diffusen Ängsten | |
verliert. Als eigenständiger Film für jemanden, der die Serie nicht kennt, | |
ist „Fire walk with me“ wahrscheinlich nur bedingt sehenswert. Aber „Twin | |
Peaks“-Conaisseure bekommen von David Lynch hier ein paar Hinweise an die | |
Hand, die beim Deuten von ein paar Rätseln aus der Serie vielleicht | |
hilfreich sein können. | |
Aber dass Lynch einer war, der alles andere als Filme von der Stange | |
gedreht hat, das wird allen klar, die „Fire walk with me“ sehen. Da taucht | |
gleich zu Beginn der damalige Popstar und Crooner Chris Isaak in seiner | |
Rolle als Agent Chester Desmond auf und man glaubt schon, es mit der | |
Hauptfigur des Films zu tun zu haben, bis diese dann auf Nimmerwiedersehen | |
einfach verschwindet. Oder die Szene, in der David Bowie persönlich durch | |
die Räume schwebt wie eine Fata Morgana und man sich fragt: was war das | |
denn jetzt? Das war dann wohl ein Lynch-Moment. | |
25 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /DVDESK/!574877&s=Eraserhead&SuchRahmen=Print/ | |
[2] /Dokumentarfilm-im-Kino/!5440602 | |
[3] https://www.youtube.com/c/davidlynchtheater | |
[4] /Nachruf-auf-Saengerin-Julee-Cruise/!5860383 | |
## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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