# taz.de -- Nach Anschlag auf Weihnachtsmarkt: Angespannte Lage in Magdeburg | |
> Migrantenorganisationen berichten: Nach Magdeburger Anschlag mehrten sich | |
> rassistische Übergriffe. Die vergiftete Stimmung bedrohe das | |
> Zusammenleben. | |
Bild: Seit dem Anschlag in Magdeburg gibt es vermehrt rassistische Übergriffe.… | |
leipzig taz | „Die Lage ist weiterhin sehr angespannt“, berichtet Mamad | |
Mohamad am Dienstag über den Alltag in Magdeburg. Er ist Geschäftsführer | |
des Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen in Sachsen-Anhalt (Lamsa) | |
und höre von dessen Mitgliedern in der Landeshauptstadt überall Ähnliches: | |
rassistische Ausgrenzungen, Anfeindungen, offen zur Schau gestellte rechte | |
Gesinnung. All das habe zugenommen seit dem Anschlag auf den | |
Weihnachtsmarkt am 20. Dezember. Mohamad klingt frustriert: „Es ist bitter | |
und schmerzhaft zu erleben, dass Menschen sich in ihrer eigenen Stadt nicht | |
mehr sicher fühlen.“ | |
Beim Anschlag fuhr ein 50-jähriger Mann mit einem SUV durch die Menge auf | |
dem Weihnachtsmarkt, tötete sechs Menschen und verletzte etwa 300 weitere. | |
In der Folge [1][thematisierten viele Politiker:innen vor allem die | |
Herkunft des Täters]. Der kam 1974 in Saudi-Arabien zur Welt, arbeitete ab | |
März 2006 zunächst als Gastarzt in Deutschland und wurde zehn Jahre später | |
als politischer Flüchtling anerkannt. Die CDU nannte den Fall Magdeburg | |
etwa [2][in ihrem Entschließungsantrag für erschwerte Migration], den sie | |
mit den Stimmen der AfD-Fraktion Ende Januar im Bundestag durchbrachte. | |
Parallel dazu [3][häuften sich in Magdeburg rassistische Angriffe]: In | |
Türen geritzte Hakenkreuze, Beleidigungen, Pöbeleien, Schläge. | |
Mamad Mohamad berichtet: „Bis Ende Januar gab es jeden Tag einen Fall“, | |
danach seien die körperlichen Übergriffe abgeebbt. Insgesamt wisse das | |
Lamsa von 35 Vorfällen, der letzte davon ereignete sich Ende Februar. Doch | |
Mohamad gehe von einer hohen Dunkelziffer aus. Das Innenministerium in | |
Sachsen-Anhalt hatte zwar dazu aufgerufen, alles zur Anzeige zu bringen. | |
Aber laut Mohamad scheuten sich Betroffene, „aus Angst vor weiteren | |
Repressalien oder mangelndem Vertrauen in die Behörden, Vorfälle | |
anzuzeigen“. Und verbale Anfeindungen gebe es weiterhin. | |
## „Ausufernder Rassismus“ | |
Fast drei Monate nach dem Anschlag haben am Dienstag mehrere | |
zivilgesellschaftliche Organisationen bei einer Pressekonferenz zu mehr | |
Zusammenhalt aufgerufen. Es gelte, Menschenfeindlichkeit und Gewalt | |
gemeinsam zu bekämpfen. | |
Unter ihnen war auch die Landesleiterin des DGB in Sachsen-Anhalt, Susanne | |
Wiedemeyer. Sie forderte von Politik und Gesellschaft, sich gegen „den | |
ausufernden Rassismus“ zu stellen. „Wir nehmen nicht hin, dass Menschen mit | |
Migrationserfahrung – darunter viele Kolleginnen und Kollegen – unter | |
Generalverdacht gestellt, bedroht und angegriffen werden.“ | |
Saeed Saeed, Mitglied im Syrisch-Deutschen Kulturverein und im Magdeburger | |
Beirat für Integration, wurde selbst kurz nach dem Anschlag in einer | |
Straßenbahn attackiert, wie die taz berichtete. Am Dienstag sagte er: | |
„Magdeburg und Sachsen-Anhalt sind für viele zur neuen Heimat geworden, ein | |
Ort, an dem sie Wurzeln geschlagen und Neues aufgebaut haben.“ Doch die | |
vergiftete Stimmung bedrohe das Zusammenleben. | |
Zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt selbst haben die Mitglieder des | |
Landtags Sachsen-Anhalt [4][einen Untersuchungsausschuss gebildet]. Dieser | |
soll bis Jahresende 20 Mal tagen und dabei bis zu 150 Zeugen hören. Zur | |
nächsten Sitzung am 24. März plant der Ausschuss, sich den Tatort in | |
Magdeburg anzuschauen. | |
18 Mar 2025 | |
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## AUTOREN | |
David Muschenich | |
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