| # taz.de -- Öcalan will PKK-Kapitulation: Nun ist kluges Handeln gefragt | |
| > Der kurdische Führer fordert von der PKK, den bewaffneten Kampf | |
| > einzustellen und sich aufzulösen. Jetzt kommt es auf die türkische | |
| > Regierung an. | |
| Bild: Anhänger von Oecalan tragen eine Fahne, PKK Demonstration 1998 in Bonn | |
| Istanbul taz | Wenn der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan dazu | |
| bereit ist, könnte in der Türkei und auch in Syrien eine neue Ära beginnen. | |
| Seit mehr als 40 Jahren hat die kurdische Arbeiterpartei PKK in einem | |
| blutigen, teils terroristischen Krieg zunächst für einen unabhängigen | |
| Kurdenstaat, später nur noch für eine nie richtig ausformulierte Autonomie | |
| gekämpft. Jetzt hat ihr Gründer und historischer Führer Abdullah Öcalan von | |
| der aktuellen PKK-Führung gefordert, den bewaffneten Kampf einzustellen und | |
| die PKK aufzulösen. | |
| Mit anderen Worten, er hat seine PKK dazu aufgefordert, zu kapitulieren. | |
| [1][Die Zeit sei über sie hinweggegangen, stellt Öcalan in seinem | |
| „historischen Aufruf“ dazu fest.] Es gäbe nun andere, politische | |
| Möglichkeiten in der Türkei, für die Rechte der Kurden zu kämpfen. Gemeint | |
| sind die diversen kurdischen politischen Parteien, die seit den 1990er | |
| Jahren des letzten Jahrhunderts versuchen, mit Geduld und Leidensfähigkeit | |
| auf friedlichem parlamentarischem Weg, mehr Rechte für die kurdische | |
| Bevölkerungsgruppe einzufordern. | |
| Türkische Regierungen haben immer wieder versucht, diese politische Arbeit | |
| zu unterdrücken. Parteien wurden reihenweise verboten, ParteiführerInnen | |
| verhaftet und eingesperrt, doch ein großer Teil der KurdInnen hat sich | |
| nicht beirren lassen. Sie haben neue Parteien gegründet und vor allem in | |
| den Kommunen, in denen sie die BürgermeisterInnen stellen konnten, aktiv | |
| für eine Verbesserung der kurdischen Bevölkerung gearbeitet. | |
| Wenn die PKK tatsächlich ihre Auflösung und das Ende des bewaffneten Kampfs | |
| beschließt, wäre das zunächst eine große Erleichterung für die Arbeit der | |
| legalen kurdischen politischen Partei: Sie könnte nicht mehr unter dem | |
| Vorwand der Zusammenarbeit mit der PKK schikaniert und verboten werden. | |
| Schon deshalb ist klar, dass die [2][kurdische Partei DEM] Öcalan darin | |
| bestärkt hat, das Ende des bewaffneten Kampfs zu verkünden. | |
| ## Schluss mit Repression und Schikane | |
| Abdullah Öcalan hat recht: Die PKK ist obsolet geworden. In ihren | |
| Anfangsjahren haben die PKK und Öcalan entscheidend dazu beigetragen, dass | |
| sich unter den KurdInnen in der Türkei ein eigenes Nationalgefühl | |
| entwickelt hat. Das erklärt, warum Öcalan bis heute bei der Mehrheit der | |
| KurdInnen Kultstatus genießt. | |
| Doch dafür braucht es heute keine PKK mehr und erst recht keine Anschläge, | |
| die nur die politische Arbeit der DEM in der türkischen | |
| Mehrheitsbevölkerung diskreditieren. Um aus dem Aufruf Öcalans jetzt etwas | |
| Neues zu entwickeln, braucht es jedoch nicht nur eine entsprechende | |
| Reaktion der aktuellen PKK-Führung, sondern vor allem auch eine | |
| konstruktive Reaktion der türkischen Regierung und Erdoğans. | |
| Sie müssen die politische Arbeit der Kurdenparteien als legitim anerkennen | |
| und dürfen sie nicht weiter durch Repression und Schikane behindern. | |
| Das sollte dann auch Auswirkungen auf Syrien haben. Der Chef der kurdischen | |
| YPG-Miliz Mazlum Abdi, hat zwar noch am Donnerstag auf einer | |
| Pressekonferenz gesagt, der Aufruf Öcalans richte sich nicht an die | |
| syrischen Kurden, also gäbe es für sie keinen Grund, ihre Waffen | |
| niederzulegen. Aber er fügte auch hinzu: Eine Verständigung der türkischen | |
| Regierung mit der PKK würde auch positive Auswirkungen in Syrien haben. | |
| ## Separatistische Phantasien | |
| Tatsächlich würde eine Auflösung der PKK auch in Syrien neue Spielräume | |
| eröffnen. Die kurdischen Parteien stünden auch in Syrien nicht mehr unter | |
| PKK-Verdacht; das türkische Argument, sie müssten zur Not auch militärisch | |
| die Bildung eines PKK-Staats an ihrer Grenze verhindern, würde entfallen. | |
| Anders als im Irak, wo die kurdische Autonomieregion eine Folge der Kriege | |
| zwischen den USA und Saddam Hussein ist, wird es in der Türkei und wohl | |
| auch in Syrien keine anerkannten Autonomieregionen geben. Beide Länder | |
| befürchten, das würde zu viele separatistische Fantasien freisetzen – und | |
| es wäre zu mindestens in der Türkei gegen die Mehrheitsbevölkerung auch gar | |
| nicht durchsetzbar. | |
| Wenn alle Beteiligten politisch klug handeln, können im Rahmen der | |
| Verfassung sowohl anerkannte kommunale Selbstverwaltungen entstehen wie | |
| auch relevante parlamentarische Vertretungen auf nationaler Ebene. Beides | |
| wäre die Voraussetzung dafür, dass die jeweiligen kurdischen Minderheiten | |
| sich auch mit ihrem Staat identifizieren. | |
| 28 Feb 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jürgen Gottschlich | |
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