# taz.de -- Deutsch-russische Beziehungen: Austausch mit Russland? Ist nicht me… | |
> Spätestens mit Putins Invasion in der Ukraine liegen auch | |
> Austauschprogramme mit Russland auf Eis. | |
Bild: Sowjetisches Ehrenmal im Treptower Park, Berlin | |
Dresden taz | Drei Jahre nach dem [1][russischen Überfall auf die Ukraine] | |
gibt es praktisch keine staatlich oder durch Nichtregierungsorganisationen | |
(NGOs) veranstalteten Begegnungen zwischen deutschen und russischen Bürgern | |
mehr. Die den Austausch fördernden Einrichtungen haben sich entweder | |
aufgelöst oder ihre Schwerpunkte in andere, noch zugängliche osteuropäische | |
Regionen verlagert. | |
[2][Das Putin-Regime] erschwerte lange zuvor schon die Zusammenarbeit. | |
Unter dem Vorwand, Terrorismus und Geldwäsche einzudämmen, wurde bereits | |
2006 von der Duma das sogenannte NGO-Gesetz verabschiedet. Es lieferte mit | |
schwammigen Formulierungen zur Verteidigung der nationalen Sicherheit | |
Möglichkeiten, russische NGOs zu verbieten oder von Geldspenden aus dem | |
Ausland abzuschneiden. 2012 folgte das Gesetz über „ausländische Agenten“, | |
das mit Beginn der russischen Invasion 2022 nochmal drastisch verschärft | |
wurde. Es ermöglicht Repressionen gegen Organisationen allein wegen | |
„ausländischer Beeinflussung“. Beide Gesetze sind sowohl Ausdruck der | |
traditionell tief verwurzelten russischen Xenophobie als auch der immer | |
radikaleren Rückkehr Russlands zu einer gleichgeschalteten Diktatur. | |
[3][Bereits 2021 wurde der Deutsch-Russische Austausch e.V. (DRA) als eine | |
der ersten in Russland] zur „unerwünschten Organisation“ erklärt, also | |
faktisch verboten. Russische Partnerorganisationen machen sich somit | |
strafbar, wenn sie weiter mit der DRA kooperieren. Der Zweite | |
Geschäftsführer Jacob Riemer sah damals darin die logische Eskalation der | |
repressiven und isolationistischen russischen Gesetze. Angesichts der | |
Vorgeschichte seit 2014 und der bereits stattfindenden Truppenbewegungen | |
war man beim DRA überzeugt, dass dieser Durchgriff zum Vorspiel der | |
„Vollinvasion“ gehöre, wie mehrere NGOs es formulieren. | |
Sehr bald nach dem russischen Einmarsch änderte der DRA seinen Namen in | |
„Austausch“, ohne Zusätze. Russland habe alle „Traditionsstränge“ der… | |
in Sympathie gegründeten NGO zerschlagen, erklärt Jacob Riemer. Heute gibt | |
es keine direkten Kooperationen mehr. Projekte und Veranstaltungen | |
unterstützen die Ukraine, fördern die Zusammenarbeit mit Osteuropa, | |
Zentralasien und der Kaukasusregion. In aller Vorsicht agiert der | |
„Austausch“ als Teil des Netzwerkes von Exilrussen. Die haben Angst vor dem | |
weit über russische Grenzen hinausreichenden Durchgriff des Geheimdienstes | |
FSB. | |
## Petersburger Dialog? War da was? | |
Dazu kommt die prekäre Finanzierung. Den Rückgang der Förderung durch das | |
Auswärtige Amt sieht Riemer nicht nur als Reaktion auf AfD-Anfragen im | |
Bundestag an. Man müsse sich die schrumpfenden Fördertöpfe inzwischen mit | |
mehr profilierten Exilorganisationen teilen. | |
Mehr öffentliche Aufmerksamkeit als der DRA genoss das 1993 gegründete | |
Deutsch-Russische Forum. Aushängeschild war der 2001 begonnene und stets | |
mit Spitzenpolitikern besetzte „Petersburger Dialog“, begründet vom | |
damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (immer noch SPD) und seinem | |
Liebling Wladimir Putin. Dass der Dialog 2021 von den Russen ebenfalls auf | |
den Index gesetzt wurde, änderte zunächst nichts an seinem Ruf, Teil einer | |
vor allem wirtschaftlich orientierten „Moskau-Baku-Connection“ zu sein. | |
Im April 2023 löste er sich sang- und klanglos auf. Ein halbes Jahr später | |
wehrte sich das Forum in einer Vorstandserklärung gegen den Vorwurf, | |
weiterhin russische Interessen zu vertreten. Es lasse sich „von | |
friedensethischen Aspekten leiten“, heißt es auf der Homepage. Die | |
bestätigt auch, dass seit Kriegsbeginn „die gesellschaftliche | |
Projektarbeit, insofern sie eine Beteiligung russischer Stellen erfordert, | |
bis auf weiteres ausgesetzt ist“. | |
Eine Sonderstellung nimmt die Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch | |
in Hamburg ein. Sie beruht auf einem Regierungsabkommen von 2004. Bis zu | |
17.000 junge Menschen und pädagogische Fachkräfte reisten jährlich von der | |
Stiftung gefördert hin und her, bevor sich die vier Gesellschafter 2022 | |
entschlossen, jegliche Zusammenarbeit einzustellen. | |
## Gesellschafter springen ab | |
Man will nicht alle Türen zuschlagen, sagt Geschäftsführer Philipp | |
Stemmer-Zorn, beschränkt sich aber auf Aktivitäten mit jungen Russen aus | |
der Exil-Community, um sie als zukünftige Brückenbauer zwischen beiden | |
Ländern zu gewinnen. Gleichzeitig plant man, sich neue Zielregionen in | |
Osteuropa zu suchen. Die Stiftung braucht bald einen neuen Vertrag. Die | |
Bosch-Stiftung ist als Gesellschafter schon ausgestiegen. Das Bundesjugend- | |
und Familienministerium äußerte sich noch nicht zur Absicht, dem zu folgen. | |
Bleiben noch die Stadt Hamburg und der Ostausschuss der Deutschen | |
Wirtschaft. | |
Während bei all diesen NGOs das Attribut „russisch“ aus dem Namen | |
verschwindet, ist die deutsche Komponente beim Deutsch-Russischen | |
Kulturinstitut Dresden nahezu bedeutungslos geworden. Mehr als zuvor ist | |
hier die russische Community unter sich. Die Stadt hat die institutionelle | |
Förderung eingestellt und fördert mit 10.000 Euro nur noch einzelne | |
Projekte. | |
21 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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