| # taz.de -- Glassammlung im Kunstpalast Düsseldorf: An einem Ort zwischen Zwec… | |
| > Der Kunstpalast Düsseldorf besitzt eine der größten Glassammlungen | |
| > weltweit. Auch in ihrer Neupräsentation stellt sich wieder eine alte | |
| > Klassenfrage. | |
| Bild: Teil der Glassammlung im Kunstpalast Düsseldorf: Richard-Kralik-Schale u… | |
| Die Kunst? Ein Scherbenhaufen! Es muss eine massive Menge gebrochenen | |
| Glases sein, die mit Kraft von hinten an die schwarze Tür drückt und sich | |
| bedrohlich zwischen Zarge und Türblatt ins Freie zwängt. Keine Einladung | |
| zum neugestalteten Rundweg [1][im Düsseldorfer Museum Kunstpalast] ist | |
| diese „Schwarze Tür“ von Ulrike Möschel. Oder doch? Denn seit Kurzem geht | |
| es im Kunstpalast von diesem Scheitelpunkt ab zur Glaskunst. | |
| Nachdem die institutionelle Heimstatt der Düsseldorfer Malerschule zuletzt | |
| umfangreich renoviert wurde, sollten auch neue Perspektiven auf die | |
| Präsentation und Historisierung ihrer Sammlungen entstehen. Tatsächlich | |
| erscheint die Kunstgeschichte derzeit scherbengleich fragmentiert, wenn es | |
| darum geht, was bewertet und was überhaupt beachtet wird. | |
| Die Wiedereröffnung einer der weltgrößten Glassammlungen bietet Chancen. | |
| Deren 13.000 Exponate visualisieren die vielen Entwicklungen der | |
| Kulturgeschichte in Objekten von der Antike bis in die Gegenwart. Eine | |
| davon fragt bis heute nach dem Status der Glaskunst. Welchen künstlerischen | |
| Wert hat die Schönheit von Objekten, die oft für den Gebrauch gemacht sind? | |
| Ist es nur Gewerbe statt freier Kunst? | |
| Das Bedrohliche von Ulrike Möschels „Schwarzer Tür“ (2007/08) als Eröffn… | |
| der Glassammlung akzentuiert eher noch jene Trennung in „Hochkunst“ und dem | |
| vom dümmlichen Zweck Befleckten. | |
| Die scheinbar schmelzweichen, luftblasengleichen Formen von Gabriele | |
| Beveridges „High pink“ (2021) oder die sich in die Geschichte | |
| expressiv-flächiger abstrakter Malerei von Hans Hofmann bis Matt Connors | |
| einfügenden Farbglasschichtungen von Julio Rondo bezeichnen dabei nur | |
| einige der faszinierenden Möglichkeiten des Materials. Aber sie verblüffen | |
| dann doch weniger als jene winzigen, mit Blumenornamentik bemalten | |
| Mosaikglaseinlagen aus dem antiken Ägypten oder der perlmuttschimmernde | |
| Flakon in Form einer Dattel aus Syrien. | |
| ## Kulturaustausch über Kontinente hinweg | |
| Die aufgereihten Vitrinen vor weißen Wänden, in denen die Objekte dicht an | |
| dicht präsentiert werden, vermitteln eine Kühle, aus der man die Malerei | |
| eigentlich schon befreite. Vom Salbölgefäß aus vorchristlicher Zeit zur | |
| winzigen spätmittelalterlichen karminroten Salzschale mit Beinen gleich | |
| zerlaufener Schokolade sind es nur ein paar Schritte. Die historische | |
| Gliederung der Sammlungspräsentation verdeutlicht einen einstigen lebhaften | |
| Kulturaustausch über die Kontinente hinweg. | |
| Doch wenn wir auf den Vogelkäfig des böhmischen Innovators der Glasmalerei, | |
| Friedrich Egermann, um 1835 treffen, ist Europa längst wieder im Fokus und | |
| damit auch das Ringen um den Kunstbegriff. Welchen Zweck hat es, dass ein | |
| Vogel in das Innere eines bemalten und mit Wasser befüllten Gefäßes | |
| klettern kann, außer Staunen zu erwecken und vielleicht ein Sinnieren über | |
| die Lebenswelten: Luft, Wasser, Käfig? | |
| „Kunstgewerbe“ heißt es bereits 1890 zu Zeiten Émile Gallés, [2][doch | |
| manche Jugendstilgefäße] des Franzosen, wie etwa die Vase „Ariels Graburne�… | |
| mit ihren abstrakten Formen aus Glasscherben und eingeritztem Text, | |
| erscheinen heute wie zeitgenössische Galeriekunst. Bald zeugt Joel Philip | |
| Myers’ „Dr. Zarkovs Spiegel“ vom effektfreudigen Mut im Art-déco-Revival | |
| der 1970er, das High-Art-Renegaten damals nur erschauderte „Kitsch!“-Rufe | |
| entlockte. | |
| Da ist Marta Klonowskas eisig diabolische Glassplitter-Ziege (2008), | |
| Adriana Popescus surrealer „Sanitätskarren“ (1989) zwischen Birne und Auto | |
| auf drei wackeligen Rädern nebst anmontierten Reagenzgläsern. Es folgt ein | |
| ganzer Raum mit den assoziativ abstrakten Objekten Jan Fišars, frei des | |
| Zwecks und doch als Hochkunst vielleicht zu schmückend. | |
| Man merkt im Verlauf der Ausstellung, wie sehr einen der Zauber des | |
| Verbotenen all der Werke zwischen Zweck und Botschaft oder fern von beidem | |
| eingefangen hat. Sind sie Ding, Kunst, ganz was anderes? | |
| 11 Mar 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Oliver Tepel | |
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