| # taz.de -- Seifenoper um Präsidentenwahl: Wahlchaos in der Musikhochschule Ha… | |
| > Die Musikhochschule Hannover braucht einen neuen Präsidenten. Vier | |
| > Gerichtsverfahren gab es schon. Nun strebt der Wissenschaftsminister das | |
| > fünfte an. | |
| Bild: Macht gerade mehr Theater als Musik: Die Musikhochschule in Hannover ring… | |
| Hannover taz | Er schätze das nationale und internationale Renommee der | |
| Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTMH), versichert | |
| [1][Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD)] immer wieder. | |
| Deshalb versuche er es ja zu schützen. Aktuell glänzt die Hochschule | |
| allerdings weniger mit der Ausbildung von Spitzenmusikern, Schauspielern | |
| oder Pädagogen als mit der Produktion einer epischen Seifenoper rund um | |
| ihre Präsidentenwahl. | |
| Begonnen hat die Geschichte im Sommer 2023. Die Amtszeit der bisherigen | |
| Präsidentin Susanne Rode-Breymann sollte im März 2024 enden. Daher wurde | |
| bereits 2022 eine Findungskommission für ihre Nachfolge eingesetzt. Im Juli | |
| 2023 präsentierte diese zwei Kandidaten, die sie für geeignet hielt: Einer | |
| kam von außen, nämlich der Musikpädagoge Philipp Ahner, einer hatte sich | |
| intern beworben, der Vizepräsident und Violinist Oliver Wille. | |
| Nach einer hochschulinternen Vorstellung entschied der Senat – der als | |
| höchstes Gremium der Hochschule für diese Entscheidung zuständig ist – in | |
| geheimer Abstimmung. Er sprach sich ganz knapp, mit 7 zu 6 Stimmen, für | |
| Philipp Ahner aus. Der Hochschulrat äußerte sich zustimmend. In einer | |
| Pressemitteilung wurde die Neuwahl verkündet. | |
| ## Klagen und Eilverfahren | |
| Dann begann das Chaos. Es wurde Kritik an der Entscheidung des Senates | |
| laut, einzelne Hochschulangehörige beklagten, sie fühlten sich vom Senat | |
| nicht vertreten. Im August 2023 brach die Noch-Präsidentin dann das | |
| Berufungsverfahren ab. Eine eigens beauftragte Anwaltskanzlei habe | |
| Formfehler festgestellt, hieß es, und dass man angesichts der Proteste | |
| vielleicht besser noch einmal von vorn anfangen sollte. | |
| Dies lehnte der Senat jedoch ab. Er wollte den Wahlgang wiederholen, um den | |
| Formfehler zu heilen – nicht aber das gesamte Berufungsverfahren neu | |
| aufrollen. Darauf wiederum wollte sich die Präsidentin nicht einlassen. Sie | |
| holte sich Rückendeckung aus dem Wissenschaftsministerium und brach das | |
| Berufungsverfahren ab. | |
| Damit begannen die juristischen Auseinandersetzungen. Der Senat versuchte | |
| mehrfach im Eilverfahren, die Wahlwiederholung auf die Tagesordnung zu | |
| setzen, der fast gewählte Präsident Ahner klagte gegen die Verletzung | |
| seiner Rechte als Bewerber. | |
| ## Schlacht der offenen Briefe | |
| Was aber auch begann: eine Schlacht der offenen Briefe und Rundmails über | |
| den hochschulinternen Verteiler, die natürlich auch in der Presse landeten. | |
| Die Hannoversche Allgemeine Zeitung machte daraus praktisch einen | |
| Fortsetzungsroman. Zu Recht, denn was sich hier abzeichnet, wirkt im | |
| Kleinen genauso wie Polarisierungsprozesse im Großen. | |
| Es werden Lager gebildet und die jeweils andere Gruppe dämonisiert, was das | |
| Zeug hält. Dem Ahner-Lager wird vorgeworfen, getrickst zu haben, vor allem | |
| auf Kosten der klassischen Musiker. Diese befürchten, unter einem | |
| Präsidenten Ahner, der ein ausgewiesener Musikpädagoge ist, nicht mehr | |
| ausreichend berücksichtigt zu werden. Außerdem sei Ahner im internationalen | |
| Spielbetrieb nicht gut genug vernetzt. | |
| Dem Wille-Lager hingegen wird vorgeworfen, die Musikhochschule in eine Art | |
| besseres Konservatorium umwandeln zu wollen, keinen Sinn für die | |
| Wissenschaft und auch nicht für die anderen Abteilungen wie Theater und | |
| Medien zu haben. Beide Seiten werfen sich gegenseitig vor, mit schmutzigen | |
| Tricks zu arbeiten und keine Rücksicht auf das Wohl der Hochschule zu | |
| nehmen. | |
| ## Senat fordert Minister auf, Urteile zu akzeptieren | |
| Bisher darf sich das Ahner-Lager allerdings ein wenig mehr im Recht fühlen: | |
| [2][Vier Gerichtsentscheidungen gibt es mittlerweile] – und alle halten den | |
| Abbruch des Berufungsverfahrens für unzulässig. | |
| In der ersten Runde der juristischen Auseinandersetzung hatte Ahner | |
| zunächst gegen die Entscheidung des Präsidiums geklagt. Er bekam Recht, das | |
| Verwaltungsgericht Hannover stellte fest, dass das Präsidium nicht befugt | |
| war, das Verfahren abzubrechen, dies hätte allenfalls das Ministerium tun | |
| dürfen. Das Präsidium ging in Berufung, hatte aber auch vor dem | |
| Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg. Wieder wollte der Senat die Wahl | |
| wiederholen. Doch diesmal intervenierte das Ministerium und brach das | |
| Berufungsverfahren ab. Dagegen klagten sowohl der Senat als auch Ahner. Und | |
| bekamen zunächst Recht. | |
| Das führte zu einer erneuten Schlacht auf dem Feld der offenen Briefe: Die | |
| Mehrheit des Senats forderte den Minister auf, die Gerichtsurteile zu | |
| akzeptieren und den Rechtsstreit nicht weiter zu verlängern. | |
| ## Endlose Querelen gefährden Ausbildung | |
| Studierende richteten einen Appell an Wissenschaftsminister Mohrs und die | |
| grüne Kultusministerin Julia Willie Hamburg, in dem sie auf die Gefährdung | |
| der Musiklehrerausbildung durch die endlosen Querelen hinwiesen. | |
| Die Senatsminderheit antwortete mit einem Brief, in dem sie die | |
| Qualifikation des Kandidaten Ahner infrage stellte und die Arbeit der | |
| Findungskommission kritisierte, die ihn ins Rennen geschickt hatte. | |
| Daraufhin meldete sich der ehrenamtliche Leiter der Findungskommission | |
| verärgert zu Wort und sah sich seinerseits in den Dreck gezogen, obwohl er | |
| als Externer mit diesen hochschulinternen Scharmützeln nichts zu tun hatte. | |
| Der Minister erhörte keinen von ihnen. Er will erneut vor das | |
| Oberverwaltungsgericht ziehen. Um Rechtssicherheit zu bekommen, wie er am | |
| Donnerstag im Landtag sagte. Dort hatte ihn die CDU-Opposition mit einer | |
| dringlichen Anfrage zur Rede gestellt. | |
| ## Knapp, aber demokratisch legitimiert | |
| Tatsächlich unterscheiden sich die bisher ergangenen Gerichtsentscheidungen | |
| in Nuancen. Vor allem geht es um die Frage, wie weit die Befugnisse des | |
| Senats gehen und in welchen Fällen das Ministerium ein Berufungsverfahren | |
| abbrechen darf und in welchen nicht. | |
| Das ist auch einer der Gründe, warum sich die betroffenen Senatsmitglieder | |
| so hartnäckig weigern, klein beizugeben: Sie fühlen sich als Verteidiger | |
| der Hochschulautonomie und der Wissenschaftsfreiheit, als Mitglieder des | |
| höchsten Entscheidungsgremiums der Hochschule, das zu einer zwar knappen, | |
| aber demokratisch legitimierten Entscheidung gekommen ist. | |
| Turnusgemäß muss ein neuer Senat gewählt werden, der am 9. April seine | |
| Arbeit aufnimmt. Ob sich dort eine Mehrheit für die Wiedereinsetzung des | |
| fast gewählten Beinahe-Präsidenten Ahner oder für ein völlig neues | |
| Verfahren finden wird, bleibt abzuwarten. | |
| 27 Feb 2025 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Personalquerelen-an-der-Uni-Goettingen/!6041511 | |
| [2] https://www.verwaltungsgericht-hannover.niedersachsen.de/aktuelles/pressemi… | |
| ## AUTOREN | |
| Nadine Conti | |
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