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# taz.de -- Nicht-binäre Kategorie beim Marathon: In Japan läuft’s ab jetzt…
> Beim Marathon in Tokio können die Teilnehmenden erstmals in der Kategorie
> „nicht-binär“ starten. Die Veranstalter wollen Inklusions-Vorreiter
> werden.
Bild: Großer Andrang beim Marathon in Tokio im vergangenen Jahr
Wer sich weder dem männlichen noch mit dem weiblichen Geschlecht zugehörig
fühlt, hat es gerade im Sport nicht leicht. Praktisch jede athletische
Wettbewerbsdisziplin teilt sich in weiblich und männlich auf. Diese
Zweiteilung basiert auf dem traditionellen Verständnis, dass männliche
Körper hormonell im Vorteil sind und es zweitens nur zwei Geschlechter
gibt. Dass die Forschung hier längst Schattierungen erkennt, fand im Sport
bisher kaum Widerhall.
Aber das ändert sich zunehmend. Wenn [1][am Wochenende (2. 3.) der
Tokio-Marathon] läuft, werden die Teilnehmenden erstmals nicht mehr nur in
Mann und Frau eingeteilt. Es gibt bei der Anmeldung ein drittes Feld zum
Anklicken: „Nicht-binär“ nennen es die Offiziellen.
„Der Tokio-Marathon ist der Förderung von Diversität, Gleichheit und
Inklusion verpflichtet und beabsichtigt, das inklusivste Rennen der Welt zu
werden“, erklärte eine Pressemitteilung der Veranstaltung schon im
vergangenen Sommer. Eine dritte Geschlechtskategorie gibt es jetzt in allen
Bereichen: ob unter Teilnehmenden mit einer Sehbehinderung, einer geistigen
Beeinträchtigung, jenen mit Rollstuhl oder solchen, die ohne Behinderung
laufen können. Das gab es in Japan noch nie.
Dabei ist so ein Schritt im ostasiatischen Land quasi folgerichtig. Über
die vergangenen Jahrzehnte hat in Japan zwar das Ideal der „homogenen
Gesellschaft“ gegolten, nach dem sich die Mitglieder der Gesellschaft
ähnlich seien, dieselben Werte verfolgten, was für soziale Harmonie sorge.
Nur hatte dieses „japanische Modell“ über die Jahrzehnte auch eine
abschottende Wirkung. Eine Folge: [2][Japans Bevölkerung schrumpft,] die
Wirtschaft wächst seit Jahrzehnten nicht.
## Bunter werden im Sport
So gilt der alte Ansatz mittlerweile als überholt. Japan will bunter werden
– was sich auch besonders im Sport zeigt. Als Tokio – mit einer
pandemiebedingten Verspätung um ein Jahr – 2021 die Olympischen
Sommerspiele austrug, prangte überall der Spruch „Unity in Diversity“, also
„Einheit in Vielfalt“. In mehreren Sportarten wurden seitdem auch
Regelungen für Athletinnen aus dem Ausland gelockert. Japan
internationalisiert sich seit Jahren in hohem Tempo.
Und das Land diversifiziert sich eben auch genderpolitisch. Inmitten eines
klaffenden Arbeitskräftemangels werben Betriebe vermehrt mit
Regenbogenflaggen, um sich als offen für alle zu positionieren. Offen
nicht-heterosexuelle oder nicht-binäre Personen im aktiven Profisport sind
zwar noch längst nicht üblich, aber die Richtung, die Japan eingeschlagen
hat, ist klar.
Der Anspruch ist eben gar eine Vorreiterrolle in Sachen Inklusion.
Allerdings ist Tokio im Rahmen der World Marathon Majors nicht das erste
Rennen, das es nicht-binären Teilnehmenden erlaubt, sich auch als solche
anzumelden. Berlin, Boston, Chicago, London und New York führten diese
Kategorie bereits ab 2021 ein. Japans Hauptstadt ist insofern eher
Nachzügler.
Die Debatte über die Geschlechterfrage im Sport gleicht immer mehr einem
Kulturkampf. Mit der Unterzeichnung eines Dekrets hat [3][US-Präsident
Donald Trump trans* Menschen die Teilnahme an Mädchen- und Frauensport
jüngst verboten.] Trans- oder Intersexpersonen wurden im Sport wiederholt
von Wettkämpfen ausgeschlossen.
In dieser Frage positioniert sich auch der Leichtathletik-Weltverband World
Athletics, zu dem der Marathonsport zählt, klar. Der Vorsitzende Sebastian
Coe, der im März IOC-Präsident werden möchte, sagt zur Zulassung von
Athlet*en, die nicht in eine der zwei traditionellen Geschlechterkategorien
passen, bestehe der Konflikt „Fairness oder Inklusion.“ Wenn trans* Frauen
in der Kategorie der Frauen teilnehmen könnten, wären andere
Athlet*innen mit weniger männliche Hormonen im Nachteil. World Athletics
stellt deshalb Fairness über Inklusion.
Die Einführung einer dritten Geschlechterkategorie könnte ein Ausweg sein.
Allerdings ist „nicht-binär“ keine Bezeichnung, die alle Personen
anspricht, die sich weder als Mann noch als Frau verstehen. Trans* Personen
wiederum akzeptieren für sich meist die Binarität zwischen Mann und Frau
und wollen nicht einer dritten Kategorie zugeordnet werden.
24 Feb 2025
## LINKS
[1] https://www.marathon.tokyo/en/
[2] /Regierungserklaerung-in-Japan/!5910314
[3] /Trumps-trans-Verbote-im-Frauensport/!6065244
## AUTOREN
Felix Lill
## TAGS
Marathon
Tokio
Non-Binary
Schwerpunkt LGBTQIA
Emanzipation
Transgender
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