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# taz.de -- Zweite trans* Person bei Paralympics: Rennen gegen die Kritik
> Die Sprinterin Valentina Petrillo ist eine trans* Frau und tritt seit
> 2020 bei Frauen-Wettkämpfen an. Manche finden das unfair.
Bild: Valentina Petrillo beim Training
Als Valentina Petrillo 2023 bei der Para-Leichtathletik-Weltmeisterschaft
in Paris die Bronzemedaille im 200-Meter- und 400-Meter-Lauf gewinnt,
erhält sie Morddrohungen. Die heute 51-jährige Italienerin ist eine trans*
Frau und Zielscheibe einer nicht zuletzt bei den Olympischen Spielen
aufgeheizten Debatte um Fairness und Integration im Sport. Auch bei den
[1][Paralympics in Paris] wird Petrillo die 200 und 400 Meter in der
Kategorie der Sehbeeinträchtigten laufen. In der Pubertät nahm ihr Morbus
Stargardt, eine seltene Erkrankung der Netzhaut, einen Großteil ihrer
Sehfähigkeit.
Nach der Niederländerin Ingrid van Kranen – die vor acht Jahren in Rio
antrat – ist Petrillo erst die zweite trans*-Person bei den Paralympischen
Spielen. 2019 begann sie eine geschlechtsangleichende [2][Hormontherapie]
und tritt seit 2020 bei Frauen-Wettkämpfen an und wurde im ersten Jahr
italienische Para-Meisterin. Zuvor gewann sie mehrere Para-Titel in der
Männerkategorie. Für die Italienerin war seit ihrer Kindheit klar, dass sie
sich als Frau fühlt.
Ebenfalls klar scheint für einige Kritiker zu sein, dass die Teilnahme
Petrillos für ihre Mitstreiterinnen unfair ist. Diese Kritiker werden immer
dann besonders laut, wenn Trans*-Athleten erfolgreich sind. Zu Recht?
Das Lungenvolumen und die Größe bleiben auch nach einer Geschlechtstherapie
gleich, das kann ein Vorteil sein. Die Kraftunterschiede eines männlichen
Körpers bleiben nach der Therapie bis zu drei Jahre. Alle sonstigen
leistungsrelevanten Differenzen der beiden Körper passen sich relativ
schnell an.
## Kein Vergleich zum Fall Imane Khelif
Die Datenlage ist allerdings sehr dünn und die Debatte und Forschung am
Anfang, einen Konsens gibt es nicht. Der Deutsche Behindertensportverband
wurde beispielsweise „im sportlichen Bereich noch nie damit konfrontiert“.
Ähnlich mau sieht es beim Olympischen Komitee (IOC) und Internationalen
Paralympischen Komitee (IPC) aus. Diese geben die Verantwortung an die
Fachverbände weiter. Im Fall Petrillos ist das der
Para-Leichtathletikverband (World Para Athletics). Die Zulassungskriterien
sind hier das legale Geschlecht und für Frauen ein Testosteronwert von
unter 10 Nanomol pro Liter. Diese Voraussetzungen erfüllt Petrillo.
Sie wurde in letzter Zeit auch immer wieder mit [3][Imane Khelif]
verglichen, die einst wegen zu hoher Testosteron-Werte vom Boxverband IBA
ausgeschlossen wurde und bei den Olympischen Spielen massiv angefeindet
wurde. Dieser Vergleich ist falsch. Khelif wurde, im Gegensatz zu Petrillo,
entsprechend ihrem Geschlecht sozialisiert. Damit ist die Algerierin keine
Trans*-Frau, wie häufig nahegelegt wurde. Dennoch bringen beide Fälle
ähnliche Herausforderungen mit, die über den Sport hinaus Wellen schlagen.
In Italien, der Heimat Petrillos, erklären die Rechtspopulisten um
Regierungschefin Giorgia Meloni die „Trans-Ideologie“ zu einem der Ziele
des großen Feindes „Wokeismus“. Damit werden Menschen wie Petrillo offen
delegitimiert und ihr schwerer Weg zu einer Modeerscheinung
heruntergespielt.
Trotz der offenbar schlechten Lage kann dieser Sportsommer etwas für trans*
und intersexuelle Menschen bewegen. Valentina Petrillo jetzt und ein paar
Wochen zuvor Imane Khelif sind aktuell sehr sichtbar. Das ist neu. Es
könnte dabei helfen, ein Verständnis für sonst häufig ausgeschlossene
Menschen zu entwickeln.
Sie hoffe, sagte Petrillo im Vorfeld der Spiele, dass ihr ein gutes
Ergebnis gelingt: „Denn je besser es ist, umso mehr haben wir die
Möglichkeit, über Transgender-Personen und bestimmte Thematiken zu
sprechen.“
2 Sep 2024
## LINKS
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[3] /Boxerin-Imane-Khelif/!6026589
## AUTOREN
Elias Schaal
## TAGS
Transgender
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