# taz.de -- Habecks Rückzug: Quittung für den angepassten Wahlkampf | |
> Robert Habeck kündigt seinen Rückzug aus der Spitzenpolitik an. Sein | |
> vermittelnder Politikstil war eine Bereicherung, wurde ihm aber letztlich | |
> zum Verhängnis. | |
Bild: Da war noch Zuversicht: Wahlplakat von Robert Habeck | |
Der Abschied von Robert Habeck aus der ersten Reihe der Grünen ist bitter. | |
Die Partei hat lange kein solches Redetalent gehabt. Es geht dabei nicht um | |
bloße Artikulationsbegabung: Habeck hat ein Talent, auszudrücken, dass in | |
Gegnerschaft auch Vermittelndes stecken kann, dass es selbst in der Politik | |
möglich ist, Fehler einzugestehen, dass man außerdem nicht zwingend klingen | |
muss, als läse man die Pressemitteilung von letzter Woche vor. Es ist der | |
souveräne Ton eines liberalen Grundkonsenses, den Habeck trifft und der in | |
der öffentlichen Debatte zu oft fehlt. | |
Doch haben die WählerInnen eben kein Kommunikationsvermögen belohnt, | |
sondern die Ampel insgesamt für eine weithin als ungenügend wahrgenommene | |
Politik bestraft. Alle drei Parteien hatten entschieden, die wichtigsten | |
Ampel-Gesichter zu Spitzenkandidaten zu machen – und hatten damit keinen | |
Erfolg. Ein Rückzug aller drei Ampel-Männer Scholz, Lindner und Habeck ist | |
da nur naheliegend. | |
Zwar haben die Grünen im Vergleich zu SPD und FDP noch relativ viel | |
rausgeholt: 11,6 Prozent sind das zweitbeste Ergebnis seit ihrer Gründung. | |
Darin steckt auch Anerkennung, dass nicht die Grünen das Projekt Ampel | |
maßgeblich verbockt haben. Möglicherweise ist auch manchem erregten | |
Hausbesitzer längst aufgefallen, dass Wärmepumpen kein Folterinstrument von | |
Habeck persönlich sind, sondern eine großenteils steuerbezahlte | |
Heizungsalternative, wenn Gaspreise rasant steigen. | |
Aber nach einem ganz auf Habeck zugeschnittenen Wahlkampf, der darauf | |
abzielte, den Volksparteianspruch von 2021 wiederzubeleben, sind 11,6 | |
Prozent eben zu schlecht. Habecks Programm war, die Merz-scheuen | |
Merkel-WählerInnen zu gewinnen – in einem schwarz-grünen Geist, wie er ja | |
in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen auch weht. Das hat | |
ausweislich der Wählerwanderungsdaten null geklappt. Stattdessen haben die | |
Grünen Hunderttausende Stimmen an die Union abgegeben. | |
## Widerstand war für diese Grünen keine Option | |
Am meisten aber hat den Grünen die Linkspartei abgenommen. Als Merz im | |
Bundestag ein Loch in die Brandmauer gegen die AfD riss, profilierte sich | |
die Linke als einzige Widerstandskraft gegen jede [1][künftige | |
Merz-Regierung]. | |
Habeck hat recht, wenn er sagt, diese Option hätten die Grünen nicht gehabt | |
und deshalb viele „[2][junge progressive Leute]“ verloren. Doch wirkten die | |
Grünen schon vorher streckenweise, als sei die Anschlussfähigkeit an die | |
Union ihr wichtigstes Merkmal. Grüne Themen und Haltungen verschwanden | |
praktisch in der fortlaufenden Anpassungs- und Vernunftbeteuerung. Dass sie | |
sich so klein machten, dankten Merz und Söder den Grünen vor allem damit, | |
dass sie nur immer hämischer auf sie eindroschen. | |
Insofern war es nicht nur der schwarz-grüne Kurs, der den Grünen geschadet | |
hat, sondern eben auch der Sound von Robert Habeck. Wer vermitteln will, | |
braucht ein Gegenüber. | |
24 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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