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# taz.de -- Skifahren in Berlin: Mal anders auf die Piste gehen in der Stadt
> Skilanglauf ist als winterliche Fortbewegung wie geschaffen für
> städtische Parks. Wenn denn mal Schnee in der Hauptstadt liegt.
Bild: Ski- und Rodelwetter gibt es manchmal auch in Berlin
Mal eben diese beiden Latten nehmen, die Stöcke dazu, die paar hundert
Meter zum nächsten Park laufen – und losskaten. Der Wintereinbruch,
[1][der Berlin für eine Woche gepackt hat] und schnell wieder vorbei ist,
sorgt in dieser Stadt der Szeneclubs und Ausgehviertel für eine ganz andere
Bedeutung des Ausdrucks „auf die Piste gehen“. Mit Alpinski ist es zwar
nicht so toll in der Hauptstadt, doch die Strecken fürs Skilanglaufen in
der Skatingversion firmieren eben auch unter „Piste“.
Skating, das verhält sich zum klassischen Langlauf im sogenannten
Diagonalschritt wie Kraulen zum Brustschwimmen: einfach schneller, viel
schneller. Alles andere ist eine Geschmacksfrage – die eine so, der andere
so – aber Tempo und Rasanz sind klar beim Skaten zu Hause.
Das schier Widersprüchliche: Fürs Skaten jenseits eines echten Skigebiets
braucht es gerade die große Stadt mit vielen Menschen. Denn ohne die gibt
es niemand, der den frisch gefallenen Schnee im Park platt trampelt und so
erst für die harte Piste sorgt, über die es sich gleiten lässt wie im
Eislaufstadion. Freunde des Diagonalschritts, daheim in einer Parallelspur,
der Loipe, müssen sich hingegen oft ärgern über jene, die ihnen diese Spur
kaputt treten, die ihnen erst den richtigen Halt gibt. Querfeldein geht
natürlich auch, bloß kommt es da selten zum zügigen Gleiten.
Das Schöne: Die Sache kostet nicht viel. Für vergleichsweise kleines Geld
lassen sich Ski und Schuh aus zweiter oder dritter Hand besorgen. Keine
Liftkarte, keine Loipengebühr und mangels Skihütten keine Versuchung, beim
teuren Après-Ski hängen zu bleiben.
## Eine Hütte und Rodelbahn
Wobei: Berlin hat mehr Wintersporteinrichtungen, als man gemeinhin denkt.
So gibt es [2][eine echte Rodelhütte], die auch genauso heißt und
naheliegenderweise an einer mehrere hundert Meter langen Rodelbahn liegt,
die sogar einen richtigen Starthügel hat und am Rande Zuschauerränge, auch
wenn die teils überwuchert sind. Dort, aber auch an jeder noch so gering
geneigten Böschung in jedem Park, sind in diesen schneeigen Tagen Hunderte
so lange mit Schlitten, Porutschern oder auch einfach Plastiktüten
unterwegs, bis aller Schnee weggerodelt und nur noch feste Erde übrig ist.
Sogar eine Alpin-Ski-Destination hat Berlin: Am Teufelsberg, jenem immerhin
122 Meter hohen, aus Kriegstrümmern entstandenen Berg im Grunewald im
Westen der Stadt, mit der markanten früheren Radarstation oben drauf, lässt
sich abfahren – wenn man bereit ist, seine Ski den Hang hoch zu schleppen.
Das war mal anders, als es dort von 1964 bis 1972 [3][einen Skilift samt
Flutlichtmasten] gab.
Seinen Alpin-Ski-Höhepunkt hatte Berlin erst ein paar Jahre später: Am 28.
Dezember 1986 waren einige der weltbesten Skifahrer am Teufelsberg zu Gast,
um einen Parallelslalom zu fahren. Ingemar Stenmark aus Schweden etwa, eine
Legende des Skisports, genauso wie der Bayer Markus Wasmeier, im Jahr zuvor
Weltmeister im Riesenslalom.
Rund 400 Meter lang war die Piste, mit gut 80 Meter Gefälle, zwei
Schneekanonen sorgten für 20 Zentimeter Kunstschnee. Doch die drohte
angesichts deutlicher Plusgrade und Regens zu zerfließen – bis jemand auf
die Idee kam, Brezelsalz zu streuen, womit sich die Unterlage stabilisieren
ließ. Am Ende lag der Abfahrts-Olympiasieger Leonhard Stock aus Österreich
vorn. Fast 15.000 Leute sollen zugeschaut haben.
All das ist Schnee von gestern, als die Ski in dieser Woche, in der es
nachts zweistellige Minusgrade hat, durch die Parks gleiten oder übers
Tempelhofer Feld. Massen sind es nicht gerade – im Laehr-Park im Südwesten
der Stadt ist noch nicht mal ein anderer Skiabdruck zu erkennen. Auf dessen
Spur ließe sich sonst zu einem anderen Langlauffan aufschließen – quasi als
skatender Robinson auf Freitags Spuren.
Fußgänger sind in der aufkommenden Dunkelheit immer weniger unterwegs, so
wird das Ganze zum Privatskigebiet – für ausreichend Sicht sorgt die
Stirnlampe. Das ist ja das Schöne am Langlauf: Man braucht keinen
(Teufels-)Berg, es gibt viele Pisten.
21 Feb 2025
## LINKS
[1] /Die-Wochenvorschau-fuer-Berlin/!6066796
[2] https://www.berlin.de/restaurants/biergarten/9241047-3621819-rodelhuette.ht…
[3] https://www.ardmediathek.de/video/rbb-retro-berliner-abendschau/skibetrieb-…
## AUTOREN
Stefan Alberti
## TAGS
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