# taz.de -- Deutschlands Wirtschaft: „Nichts zu tun, führt uns nicht aus der… | |
> Der deutschen Wirtschaft geht es schlecht, ein Zollstreit mit Donald | |
> Trump wird sie weiter belasten. Doch es gibt auch Menschen, die Hoffnung | |
> geben. | |
Bild: Die Regulierung und der Umbau von fossilen Märkten ist längst überfäl… | |
Die Talfahrt der krisengeplagten deutschen Wirtschaft fängt möglicherweise | |
gerade erst an. Wie das Kaninchen auf die Schlange, blicken | |
Manager:innen und Politiker:innen nach Washington, [1][weil sie | |
hohe Zölle auf die Einfuhr deutscher Waren in die USA fürchten.] Noch ist | |
unklar, welche Gangart US-Präsident Donald Trump gegenüber der Europäischen | |
Union einschlägt. Wird er Zölle in Höhe von 10, 20 oder gar 25 Prozent des | |
Warenwerts verhängen? Und worauf genau werden sie fällig? | |
„Es ist schwer abzusehen, ob und welche Zölle kommen“, sagt Ruben Staffa, | |
USA-Experte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). | |
Klar ist für ihn aber, dass Zölle „ein weiterer Schlag für die ohnehin | |
geschwächte deutsche Industrie“ wären. Viele deutsche Unternehmen | |
produzieren für den Export, fast jeder vierte Arbeitsplatz hängt daran. | |
Rund zehn Prozent der Warenausfuhren gehen in die USA, die damit der größte | |
Handelspartner Deutschlands sind. Kommt dieser Warenfluss ins Stocken, | |
belastet das besonders die traditionell starken Wirtschaftszweige wie den | |
Auto- und Maschinenbau oder die Pharmaindustrie. Denn ihre Erzeugnisse | |
würden in den USA teurer und damit schlechter verkäuflich. | |
Auch wenn Trump Zölle auf Waren aus anderen Staaten wie China, Mexiko oder | |
Kanada dauerhaft durchsetzt, kann das deutsche Unternehmen belasten. Zum | |
einen produzieren sie selbst in diesen Ländern und führen Produkte aus, die | |
durch Zölle weniger wettbewerbsfähig würden. Zum anderen verändern sich | |
Warenströme. [2][Länder wie China exportieren mehr Produkte nach Europa], | |
wenn der US-Markt nicht mehr attraktiv ist. Dadurch wird der | |
Konkurrenzdruck für deutsche Produkte stärker. | |
Anders als bei Trumps erster Präsidentschaft kommt die Zolldrohung und | |
deren Umsetzung dieses Mal sehr schnell. Neu ist, dass Trump Zölle jetzt | |
auch als Einnahmequelle sieht und sie offenbar als Universaldruckmittel in | |
Verhandlungen einsetzen will, sagt US-Experte Staffa. Die Höhe der | |
verhängten und dann aufgeschobenen Zölle von 25 Prozent gegenüber den | |
wichtigen Handelspartnerländern Mexiko und Kanada überrascht Fachleute wie | |
ihn. | |
Der Ökonom geht davon aus, dass die USA auch die EU mit hohen Zolldrohungen | |
konfrontieren. Für die Verhandlungen darüber sind, wie bei allen | |
Handelsangelegenheiten, nicht die nationalen Regierungen zuständig, sondern | |
die Verantwortlichen in der EU-Kommission. Kanada und Mexiko haben Trump im | |
aktuellen Zollstreit vorerst zum Einlenken bewegt, indem sie die Entsendung | |
von mehr Sicherheitskräften an die Grenze zugesagt haben. Auch die EU wird | |
Trump etwas anbieten, um Zölle abzuwenden oder wenigstens eine Senkung zu | |
erreichen. Das könnte etwa der Kauf von mehr LNG oder Öl sein. Ob solche | |
Angebote ausreichen, dürfte davon abhängen, welche Ziele der US-Präsident | |
mit den Zöllen letztlich verfolgt. Zölle, die als Verhandlungsmasse dienen, | |
können nicht gleichzeitig eine stabile Einnahmequelle für den Staat sein. | |
## Deutschland braucht Konjunkturimpulse | |
Was sich seit der ersten Amtszeit Trumps außerdem verändert hat: [3][Die | |
deutsche Wirtschaft ist in einer viel schlechteren Verfassung], sie ist in | |
den vergangenen Jahren regelrecht geschrumpft. Auch ohne neue Belastungen | |
sind die Aussichten schlecht. Der Bundesverband der Deutschen Industrie | |
(BDI) geht davon aus, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 0,1 | |
Prozent sinkt. Wirtschaftsinstitute sprechen von einer Stagnation oder | |
einem Mini-Wachstum – neue Zölle sind da noch nicht eingepreist. | |
Hohe Energiekosten, eine sinkende Nachfrage, fehlende Investitionen und | |
Strukturprobleme belasten die Industrie bereits jetzt stark. „Die deutsche | |
Wirtschaft braucht Konjunkturimpulse mit einer sozial-ökologischen | |
Wirkung“, sagt der Ökonom Thomas Dürmeier von der NGO Goliathwatch, die | |
sich für eine demokratische und soziale Wirtschaft einsetzt. Für die | |
nötigen Investitionen ist viel Kapital nötig, das angesichts der | |
angespannten Lage des Bundeshaushalts schwer zu mobilisieren sein dürfte. | |
Ohne eine Reform der Schuldenbremse wird für die nötigen Impulse kaum genug | |
Geld zur Verfügung stehen, sagt er. „Die Schuldebremse ist eine Bremse der | |
Demokratie, weil wir als Gesellschaft nicht handeln können, wie es nötig | |
wäre.“ Ohne eine Reform sei man handlungsunfähig. „Und nichts zu tun, fü… | |
uns nicht aus der Krise“, ist er überzeugt. Das gilt erst recht, wenn sich | |
das jetzige Konjunkturtief durch Trumps Handelspolitik verschärft. | |
Wie es mit der Schuldenbremse nach der Bundestagswahl weitergeht, ist | |
ungewiss. Die CDU hat vorsichtig Reformbereitschaft signalisiert, klare | |
Zusagen macht sie bisher aber nicht. Dürmeier hält es für wahrscheinlich, | |
dass sich die Union in der Frage bewegt. „Sie will ja auch Politik machen“, | |
sagt er. [4][SPD, Grüne und Linke sind ohnehin für eine Reform der | |
Schuldenbremse.] | |
Die Stärkung der Binnennachfrage, also das Schaffen von Kaufkraft in | |
Deutschland selbst, sei eine wichtige Maßnahme gegen die Krise, sagt | |
Dürmeier. Konjunkturimpulse könnten nach seiner Auffassung etwa die | |
Auszahlung eines Klimageldes sein, wodurch höhere Belastungen durch den | |
steigenden CO2-Preis gedämpft würden. Auch gezielte Entlastungen für | |
Haushalte mit niedrigem Einkommen seien sinnvoll. Geld, das der Staat | |
Ärmeren gibt, fließe direkt in den Wirtschaftskreislauf und schiebe die | |
Konjunktur an, sagt der Ökonom. Denn Menschen mit wenig Einkommen können es | |
sich nicht leisten, zu sparen. Außerdem, so ist Dürmeier überzeugt, würde | |
ein großes Programm zu energetischen Gebäudesanierung die Baukonjunktur | |
anschieben. „Die Krise könnte auch eine Chance sein, wenn ein | |
Konjunkturprogramm den sozial-ökologischen Umbau voranbringt“, sagt er. | |
Sollte die kommende Bundesregierung von der CDU geführt werden, stehen die | |
Chancen dafür allerdings schlecht. Dürmeier sagt sogar, dass „mit der CDU | |
eine Rückkehr der Wirtschaftspolitik in die 1990er Jahre“ drohe. „Sie will | |
die Märkte sich selbst überlassen.“ Und von selbst, ohne Regulierung, | |
werden sich die fossilen Märkte nicht umbauen. | |
Pessimistisch ist Dürmeier trotzdem nicht. „Es gibt Gegenbewegungen zu | |
dieser Politik“, sagt er. Immer mehr Menschen setzten sich für das Ende des | |
fossilen Wirtschaftens ein und forderten entsprechende Regeln von der | |
Politik. „Es gibt eine breite Debatte darüber, wie die Wirtschaft anders | |
organisiert werden kann.“ An der komme auch die Union nicht vorbei. | |
8 Feb 2025 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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