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# taz.de -- Podcast „Was will die AfD?“: Comedian Moritz Neumeier macht Sch…
> Der neue Pocast des Comedians verzichtet weitgehend auf Lacher.
> Stattdessen bietet er an, der AfD mit radikaler Höflichkeit
> entgegenzutreten.
Bild: Der Comedian Moritz Neumeier engagiert sich gegen rechts. Mit seinem neue…
Ein Comedian, der nicht lustig ist – das kommt vor. Aber einer, bei dem
genau das empfehlenswert ist? Ungewöhnlich. Und ein Zeichen dafür, wo wir
gerade in Deutschland stehen. Moritz Neumeier hat mit „Was will die AfD?“
einen Podcast veröffentlicht, der keinen Spaß macht – und genau deswegen
gehört werden sollte.
[1][Moritz Neumeier], bekannt für seinen bissigen Humor und sein Engagement
gegen rechts, wagt einen radikalen Stilbruch. Statt Sarkasmus, Polemik und
provokanter Vergleiche setzt er auf kühle Sachlichkeit. In acht kurzen
Folgen analysiert er das Wahlprogramm der AfD – in Rubriken wie Klima,
Familie und Bildung, Asyl, Kultur, Sicherheit, Soziales und Wirtschaft.
Dabei zeigt er auf, was wissenschaftlich belegbar ist – und was nicht.
Besonders spannend: Er geht auch auf Forderungen der AfD ein, die im
aktuellen öffentlichen Diskurs kaum beachtet werden. Zum Beispiel:
Unterstützungsangebote für Alleinerziehende sollen abgebaut, die
Schulpflicht abgeschafft, der EU-Austritt vollzogen und Erbschaft- sowie
Vermögensteuern, die nur überdurchschnittlich reiche Menschen betreffen,
gestrichen werden.
## Nüchterne Fakten statt Sarkasmus
Sein Ziel: keine Empörung, keine Witze – sondern nüchterne Fakten. Denn
viele AfD-Wähler:innen, so seine Beobachtung, wissen gar nicht, dass die
Partei oft genau das [2][Gegenteil von dem fordert], was sie sich erhoffen.
Die Inspirtion für den Podcast zog Neumeier aus Begegnungen mit Landwirten
in seinem Umfeld, die AfD wählen wollen – obwohl die konsequente Umsetzung
des Parteiprogramms ihnen drei Viertel ihrer Subventionen streichen würde.
Diese neue Strategie fällt Neumeier hörbar schwer. Immer wieder blitzt ein
Hauch von Sarkasmus durch, ein kurzes, verzweifeltes Lachen, wenn er Dinge
erklären muss, die eigentlich selbstverständlich sein sollten – etwa, dass
es einen wissenschaftlichen Konsens zum Klimawandel gibt, dass es in
Deutschland keine Ärzt:innen gibt, die spontan geschlechtsangleichende
Operationen an Minderjährigen durchführen, oder dass keine Partei eine
„Islamisierung der Schulen“ fordert.
Es wirkt wie der Beginn eines Sketches: Ein verzweifelter Vater versucht
seinem Kind ganz ruhig zu erklären, warum es keine gute Idee ist, sich in
die eigene Haut zu schneiden. Doch was fehlt, ist die Pointe – die
Auflösung, das gemeinsame Lachen über die offensichtliche Absurdität, die
Gewissheit, dass wir alle gerade dasselbe sehen und fühlen.
Doch genau diese Gewissheit eines gemeinsamen Nenners existiert in der
Realität unserer Gesellschaft nicht – und das weiß Neumeier. Genau darin
liegt die Stärke des Podcasts. Er unterbindet bewusst das Echo der eigenen
Bubble. Wer seiner Stimme lauscht, wartet vergeblich auf den für ihn so
typischen erleichternden Witz.
## Radikale Höflichkeit als Strategie gegen rechts
Doch diese Abwesenheit von Humor ist eine qualvolle Lektion. Sie zwingt die
Zuhörer:innen dazu, sich mit dem AfD-Programm auseinanderzusetzen, ohne
es durch Ironie erträglicher zu machen. Und sie erinnert uns daran, dass
unsere Emotionen – so wichtig sie für uns sind – nichts an der politischen
Realität ändern und uns in der politischen Diskussion nicht weiterbringen.
Diese Erkenntnis wird vor allem in der letzten und wichtigsten Folge
deutlich, in der Neumeier praktische Tipps für Gespräche mit
AfD-Sympathisant:innen gibt. Dazu zitiert er unter anderem [3][ein
AfD-Strategiepapier]: „Je nervöser und unfairer die Altparteien auf
Provokation reagieren, desto besser. Umso mehr sie versuchen, die AfD zu
stigmatisieren, umso positiver ist das für das Profil der AfD. Niemand gibt
der AfD mehr Glaubwürdigkeit als ihre politischen Gegner. Deren negative
Reaktion muss daher ganz bewusst von der AfD einkalkuliert werden.“ Die
Schlussfolgerung: Wer überzeugen will, muss ruhig bleiben.
Radikale Höflichkeit ist die beste Strategie gegen eine Partei, die von
Empörung lebt. Das macht keinen Spaß, wird aber in den kommenden Tagen,
Wochen und Jahren immer wichtiger werden. Doch das bedeutet nicht, dass wir
auf Humor verzichten sollten. Im Gegenteil: Wir brauchen Comedy, um Wut,
Angst und Verzweiflung auszuhalten. Aber nicht für die anderen – sondern
für uns.
5 Feb 2025
## LINKS
[1] https://www.moritzneumeier.de/
[2] /Studie-zu-AfD-Anhaengern/!6020136
[3] https://www.tagesspiegel.de/politik/afd-macht-geplante-provokationen-zur-me…
## AUTOREN
Anna Hollandt
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