# taz.de -- Hofnarr-Debatte: Nur eine Beleidigung | |
> Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnet den CDU-Politiker Joe Chialo als | |
> „Hofnarren“. Rassistisch habe er das nicht gemeint. Genau das werfen ihm | |
> seine Gegner vor. | |
Bild: Zeichnung für ein Theaterkostüm: Hofnarr 1930 | |
Berlin taz | Olaf Scholz hat den schwarzen CDU-Politiker Joe Chialo als | |
„Hofnarren“ bezeichnet. Darüber, dass der Kanzler bei einer privaten Party | |
am 2. Februar diese Formulierung nutzte, herrscht Einigkeit, auch Scholz | |
selbst hat das bestätigt. Diskutiert wird darüber, ob Scholz’ Äußerung | |
rassistisch war. | |
Am Mittwoch berichtete zuerst das Magazin Focus, der Kanzler habe [1][mit | |
dem Berliner Kultursenator Chialo über die Zusammenarbeit der Union mit der | |
AfD] gestritten. Scholz habe ihm vorgeworfen, er sei „nicht mehr als ein | |
Feigenblatt“ rassistischer Politik. Wörtlich heißt es im Focus: „Als | |
CDU-Politiker Joe Chialo einwandte, ob er das wirklich so meine mit dem | |
Rassismus der CDU, jener Partei also, in deren Bundesvorstand er sitzt, | |
fuhr Scholz ihn an, er, der Schwarze, sei nicht mehr als ein Feigenblatt.“ | |
Die Worte von Scholz bezeichnete der Focus als „rassistischen Aussetzer“. | |
Scholz widersprach dieser Darstellung. Er habe Chialo nicht als schwarzen | |
Politiker angesprochen, sondern die in Sachen Zusammenarbeit mit der AfD | |
schweigsamen Liberalen in der Union als Feigenblätter und Hofnarren | |
kritisiert. „Der dabei von mir verwandte Begriff ist im Sprachgebrauch | |
[2][nicht rassistisch konnotiert] und war von mir auch nie so intendiert. | |
Der erhobene Vorwurf des Rassismus ist absurd und künstlich konstruiert.“ | |
## Empörung bei CDU und FDP | |
Chialo selbst erklärte am Donnerstag, er habe die Äußerungen von Scholz | |
[3][als „herabwürdigend und verletzend“ empfunden]. Nach einem Telefonat | |
mit dem Kanzler am Mittwoch sei die Angelegenheit für ihn aber erledigt. | |
„Scholz bedauerte in unserem Gespräch, dass seine Aussagen als rassistisch | |
verstanden wurden und erklärte, dass er das nicht beabsichtigt habe. Ich | |
habe seine Sichtweise zur Kenntnis genommen. Im Übrigen halte ich Olaf | |
Scholz nicht für einen Rassisten.“ | |
Während der Betroffene selbst die Angelegenheit als erledigt betrachtet, | |
kommt aus Union und FDP Empörung. CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sagte | |
am Donnerstag, ihn machten Scholz’ Äußerungen „sprachlos“. Der ehemalige | |
FDP-Fraktionschef in NRW, Gerhard Papke, twitterte: „Wer einen anderen | |
Menschen bösartig rassistisch beleidigt, kann nicht Bundeskanzler der | |
Bundesrepublik Deutschland sein“. | |
## „Inhaltlich ist die Äußerung nicht rassistisch“ | |
Josephine Apraku, Autor*in und Trainer*in für rassismuskritische | |
Bildungsarbeit, sagte der taz: „Inhaltlich ist die Äußerung von Scholz | |
nicht rassistisch.“ Seine Kritik an Joe Chialo sei berechtigt. Das von | |
Scholz verwendete Wort „Hofnarr“ sei aber unpräzise. Denn ein Hofnarr habe | |
historisch die Funktion gehabt, Herrschaftsverhältnisse gefahrlos zu | |
kritisieren. Chialo würde aber gerade nicht seine Partei kritisieren. | |
Apraku kritisiert auch die Politik Chialos als Berliner Kultursenator, der | |
massive Kürzungen im Kulturbereich durchgesetzt habe. Solche Maßnahmen | |
würden den Rechtsruck verstärken: „Es ist erwiesen, dass sich rechte | |
Ideologien umso leichter verbreiten, je ungleicher eine Gesellschaft ist. | |
Dazu trägt der ungleiche Zugang zu Ressourcen wie Kultur oder Bildung bei.“ | |
## Union nutze gängige Abwehrstrategie | |
In der Inszenierung des Falles nutze die Union eine gängige Abwehrstrategie | |
von Menschen, denen Rassismus vorgeworfen wird: „Wir können gar nicht | |
rassistisch sein, weil wir selbst jemanden in unserer Gruppe haben, der von | |
Rassismus betroffen ist“. Es sei auffällig, dass dieser Fall so kurz nach | |
der Abstimmung der Union mit der AfD hochgekocht sei. Ironisch sei, dass | |
ausgerechnet Scholz, der selbst „im großen Stil abschieben“ wollte, Chialo | |
vorwirft, sich für rechte Politik einspannen zu lassen, so Apraku. | |
Scholz zeige in seiner Sprache und dem Umgang mit dem Vorfall, dass er sich | |
noch nicht intensiv mit Rassismus auseinandergesetzt habe. „Rassismus muss | |
strukturell betrachtet werden: Wir alle sind nicht völlig frei davon“, sagt | |
Apraku. Wir alle kämen regelmäßig mit rassistischem Gedankengut in | |
Berührung und haben einen Teil davon verinnerlicht. „Wenn Scholz sich damit | |
auseinandergesetzt hätte, wäre er differenzierter mit dem Vorfall | |
umgegangen.“ | |
13 Feb 2025 | |
## LINKS | |
[1] /Rassismus-Vorwurf-gegen-Scholz/!6069374 | |
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## AUTOREN | |
Luisa Faust | |
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