| # taz.de -- Streit um Treitschkestraße: Antisemitismus über administrativen A… | |
| > Die Treitschkestraße in Steglitz ist nach einem Antisemiten benannt. Seit | |
| > Jahren wird die Umbenennung gefordert, die CDU stellt sich erneut | |
| > dagegen. | |
| Bild: Heinrich von Treitschke: bekannt für seine antisemitische Schrift „Die… | |
| Berlin taz | Erneut ist der Streit um die Umbenennung der Treitschkestraße | |
| in Steglitz entfacht. Die knapp 900 Meter lange Nebenstraße der Steglitzer | |
| Einkaufsmeile Schloßstraße [1][beschäftigt die Bezirkspolitik seit Jahren]. | |
| Während SPD, Grüne und seit neuestem auch die FDP die Umbenennung der | |
| Straße fordern, stellt sich die CDU entschieden dagegen. | |
| Benannt ist die Straße nach Heinrich von Treitschke. Der 1896 verstorbene | |
| Geschichtsprofessor gilt unter anderem wegen der von ihm verfassten Schrift | |
| „Die Juden sind unser Unglück“ als Wegbereiter des Nationalsozialismus. | |
| Seit Jahren setzen sich daher auch Anwohner*innen, die Aktion Sühnezeichen | |
| Friedensdienste und die evangelische Patmos-Kirchengemeinde für einen neuen | |
| Straßennamen ein. | |
| Bereits im Jahr 2000 hatte die angrenzende Gemeinde eine Umbenennung der | |
| Straße nach dem einstigen Präses der Bekennenden Kirche und späteren | |
| Berliner Bischof Kurt Scharf gefordert. Entsprechende Vorstöße in der | |
| Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Steglitz-Zehlendorf scheiterten jedoch | |
| am Widerstand der CDU und damals auch der FDP. | |
| Die CDU erachtet die Benennung der Straße noch immer als ein zu erhaltendes | |
| historisches Erbe. Treitschke sei ein „einflussreicher Historiker und | |
| Publizist des 19. Jahrhunderts“, heißt es in einer Postwurfsendung der CDU | |
| an Anwohner*innen vom 17. Dezember diesen Jahres. „Auch wenn seine | |
| Ansichten und seine Rolle in der Geschichte umstritten sind, stellt die | |
| Benennung dieser Straße ein historisches Dokument dar, das die Entwicklung | |
| unserer Stadt widerspiegelt.“ | |
| ## BVV beschäftigt sich im Januar mit der Umbenennung | |
| In dem Schreiben rief die CDU-Abgeordnete im Abgeordnetenhaus, Claudia | |
| Wein, die Anwohner*innen dazu auf, zahlreich zur BVV am 8. Januar 2025 | |
| zu erscheinen. Dort soll erneut über die Umbenennung der Treitschkestraße | |
| entschieden werden. Die Straße soll künftig nach Betty Katz benannt werden, | |
| der Direktorin des Jüdischen Blindenheims in Steglitz, die 1944 im | |
| Konzentrationslager Theresienstadt ermordet wurde. Den Beschluss hatte die | |
| BVV am 11. Dezember vertragt und in den Ausschuss für Bildung und Kultur | |
| zurücküberwiesen. | |
| Die CDU kritisiert, dass Bezirksverordnete der SPD, Grünen und FDP „die | |
| Umbenennung gegen den mehrheitlichen Anwohnerwillen beschließen wollen“. | |
| Eine Anwohner*innenbefragung im Dezember 2012 hatte ergeben, dass | |
| [2][74 Prozent der Teilnehmer*innen gegen eine Umbenennung waren]. Bei | |
| der jüngsten Befragung im Dezember 2022 und Januar 2023 sprachen sich sogar | |
| 84,5 Prozent der Teilnehmer*innen gegen eine Umbenennung aus. | |
| Nach dem Umfrageergebnis 2012 kritisierte der Berliner Landesverband des | |
| Vereins Mehr Demokratie e.V., dass ein [3][Bürgerentscheid im gesamten | |
| Stadtbezirk sinnvoller gewesen wäre, als die | |
| Anwohner*innenbefragung]. Denn es sei denkbar, dass die | |
| Anwohner*innen vor allem aus praktischen Gründen gegen die Umbenennung | |
| der Straße gestimmt hätten, da eine Adressänderung mit einem gewissen | |
| Aufwand verbunden ist. | |
| ## CDU warnt vor administrativem Aufwand | |
| Auch 12 Jahre später relativiert die CDU die Ehrung des glühenden | |
| Antisemiten mit dem bürokratischen Aufwand, den eine Umbenennung mit sich | |
| bringen würde: Jede*r Anwohner*in müsste seine*ihre Adresse ändern, | |
| offizielle Dokumente sowie Postzustellungen, Verträge und städtische | |
| Dienstleistungen anpassen. „Die Umstellung würde sowohl zeitliche als auch | |
| finanzielle Ressourcen beanspruchen“, heißt es im Schreiben. „Diese | |
| Erfahrung mussten bereits viele Menschen in anderen, von links-grünen | |
| Kräften in Berlin umbenannten Straßen machen.“ | |
| Viele andere Städte haben diesen Aufwand jedoch bereits in Kauf genommen, | |
| um den Antisemiten nicht weiter zu ehren. Nur in München, Karlsruhe und | |
| Berlin gibt es noch eine Treitschkestraße, anderswo wurden sie längst | |
| umbenannt, in Heidelberg etwa endete der jahrelange Kampf 2012. Wann Berlin | |
| diesen Schritt geht, steht in den Sternen. | |
| 30 Dec 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Lilly Schröder | |
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