| # taz.de -- Treitschkestraße in Berlin: Anwohner für Antisemiten | |
| > Die Bewohner der Treitschkestraße in Berlin-Steglitz stimmen gegen eine | |
| > Umbenennung. „Erschreckend finde ich das schon“, meint ein lokaler | |
| > Grüner. | |
| Bild: Das Straßenschild in Steglitz mit dem Namen des Antisemiten kann bleiben. | |
| BERLIN taz | Die Treitschkestraße in Steglitz wird weiter den Namen eines | |
| Antisemiten tragen. Bei einer am Mittwoch ausgezählten Anwohnerbefragung | |
| per Briefwahl, an der sich seit Anfang November 305 von 428 | |
| Stimmberechtigten beteiligten, sprachen sich 74 Prozent gegen eine | |
| Umbenennung aus. | |
| Die knapp 900 Meter lange Nebenstraße der Steglitzer Einkaufsmeile | |
| Schloßstraße beschäftigt die Bezirkspolitik seit Jahren. Namensgeber | |
| Heinrich von Treitschke, gestorben 1896, war Geschichtsprofessor. Wegen der | |
| von ihm verfassten Schrift „Die Juden sind unser Unglück“ gilt er als | |
| Wegbereiter des Nationalsozialismus. | |
| SPD und Grüne mühten sich um eine Umbenennung. Die CDU war dagegen – sie | |
| sah die 1906 erfolgte Straßenbenennung als eine Art historisches Dokument. | |
| CDU und Grüne, die im Bezirksparlament von Steglitz-Zehlendorf koalieren, | |
| einigten sich schließlich auf die Anwohnerbefragung. | |
| Die zuständige Stadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) wertete die hohe | |
| Beteiligung als Ausdruck von starkem Bürgerinteresse. Die klare Mehrheit | |
| gegen eine Umbenennung zeigt für sie aber auch, dass man lange eine | |
| Diskussion an den Betroffenen vorbei geführt habe, sagte sie der taz. Sie | |
| kann sich weitere Befragungen in ähnlichen Situationen vorstellen, warnte | |
| aber vor inflationärem Einsatz. | |
| Dem Grünen-Fraktionschef Uwe Köhne war Stunden nach der Auszählung die | |
| Bestürzung noch anzumerken: Er sei davon ausgegangen, dass die Anwohner | |
| froh wären, den Namen loszuwerden. „Aber das scheint ja die meisten nicht | |
| zu stören“, sagte Köhne. „Etwas erschreckend finde ich das schon.“ | |
| Das Ergebnis ist rein juristisch nicht bindend. Grüne und CDU hatten sich | |
| aber gegenseitig zugesichert, das Resultat zu akzeptieren. Dabei soll es | |
| laut Köhne auch bleiben. | |
| 19 Dec 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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