# taz.de -- Mitfahrgelegenheit per Bank: Hier hinsetzen? Abgefahrene Idee! | |
> Vor der Gaststätte unseres Autors steht eine Mitfahrbank. Sie soll | |
> Trampen vereinfachen. Das Problem ist nur: Das will ohnehin kaum jemand. | |
Bild: So schön hier, da will man gar nicht weg. Ein Grund, warum wenige sie nu… | |
Schräg gegenüber von unserem Gasthaus steht eine Bank. Sie sieht ganz | |
stabil aus, das weißlackierte Metall ist ohne Patina, und dennoch: Lässt | |
sich jemand darauf nieder, ist das eine solche Sensation, dass ich immer | |
versucht bin, ein Foto zu machen. Denn das passiert so ungefähr einmal im | |
Jahr. | |
Warum sich hier niemand hinsetzt? Weil die Bank gar nicht zum Sitzen da ist | |
– jedenfalls, wenn man es wörtlich nimmt, in der Logik Karl Valentins. | |
Sonst würde auf dem dazugehörigen Schild schließlich „Sitzbank“ stehen u… | |
nicht „Mitfahrbank“. Denkt man in der Logik weiter, müsste man nun darüber | |
sinnieren, welche Gefährte sich dafür eigneten, dass auf ihnen Bänke | |
mitfahren. Gleich zwei Gründe, warum die „Mitfahrbank“ so leer herumsteht. | |
Leere Bänke sieht man im Übrigen [1][nicht nur in Unterfranken]. In der | |
Schweiz heißen sie Mitfahrbänkli, Baden-Württemberg hat sogar | |
„Nimm-mich-mit-Häusle“. Der Wikipedia entnehme ich, dass die ersten dieser | |
Nicht-Sitzgelegenheiten 2014 in Rheinland-Pfalz aufgestellt worden sind. | |
Nimmt doch mal jemand Platz, „signalisieren die Wartenden, dass sie auf | |
eine spontane, kostenlose Mitfahrgelegenheit im Pkw zu einem bestimmten | |
Ziel hoffen“. | |
In der Bank steckt also ein ganz menschenfreundliches Motiv. Sie soll die | |
Funktion des ausgestreckten Daumens übernehmen und dem Anhalter noch eine | |
weitere Annehmlichkeit bieten. Er darf sich setzen. Nur: Warum geregeltes | |
Trampen, wenn schon [2][das Trampen selbst aus der Mode gekommen ist]? | |
## Mitfahrbank spärlich akzeptiert | |
Es ist nicht so, dass es gar keinen Bedarf für Alternativen zum eigenen Pkw | |
gäbe. Viele unserer Übernachtungsgäste würden gern mit dem Zug kommen. Aber | |
das scheitert angesichts der Schwierigkeiten, sich mit dem ÖPNV in der | |
Region zu bewegen. Die Mitfahrbank ist für sie dennoch keine Option. Die | |
Verkehrsforschung hat für diese spärliche Akzeptanz der Bank inzwischen ein | |
Problem identifiziert. Wer wegfährt, will in der Regel wissen, ob es eine | |
Möglichkeit gibt, zurückzukommen. Das lösen gemeinhin Fahrpläne von Bus und | |
Bahn. | |
Neuerdings gibt es [3][einen Rufbus], mit App namens Callheinz, der sich | |
großer Beliebtheit erfreut. Was die Mitfahrbänke angeht: Ich habe in der | |
weiteren Umgebung keine einzige entdeckt, bei der das Schild zu uns nach | |
Castell weisen würde. | |
Einmal ist mir bei der Recherche eine Bank begegnet, die nicht verlassen | |
war. Ich machte fast eine Vollbremsung und stieß die Beifahrertür auf. Der | |
alte Mann auf der Bank sah mich verständnislos an. „Sie sitzen auf der | |
Mitfahrbank“, rief ich. „Ich nehme Sie mit, egal wohin.“ Der alte Mann | |
winkte mit beiden Händen ab. „Ich sitz nur kurz“, sagte er. „Ich geh gle… | |
weiter.“ | |
13 Jan 2025 | |
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## AUTOREN | |
Jörn Kabisch | |
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